Die Spur des Drachen
Wut über den Verrat gegen sie und ihren Vater mit derselben Kraft, die beinahe eine Regierung zu Fall gebracht hatte.
Furcht erschien in den Augen ihrer Soldaten. Zu spät stachen sie mit den Messern nach Matabu und verfehlten sie weit. Bevor sie ein zweites Mal zustechen konnten, hielt Latisse Matabu die Handgelenke beider Männer in eisernem Griff.
Beide versuchten, sich loszureißen, doch es war zu spät. Matabu hatte die Klingen bereits gegen die, die sie führten, gewandt. Sie blickte ihnen in die Augen; dann stieß sie beide Hände mit aller Macht vor.
Die Schreie der Männer kratzten wie Schleifpapier in Matabus Ohren. Sie spürte, wie sie mit ihrem Blut getränkt wurde, spürte, wie die Männer starben.
Verräter!
Ihr Vater war von den Leuten ermordet worden, denen er zu dienen glaubte!
Wenn sie ihr Werk jetzt nicht beendete, hätten ihre Eltern sich umsonst geopfert. Ihr Sohn wäre umsonst gestorben. Treest hatte sie mit der Krankheit angesteckt, die sie bald töten würde, doch Gott hatte ihr noch genug Zeit gegeben, diese letzte Aufgabe zu beenden. Der riesige Schleppzug war vorbeigefahren, und der Drache spürte, wie ihr Kühlschiff aus dem seichten Gewässer glitt.
»Es bewegt sich wieder!«, rief Danielle. Die Spirit of St. Louis hatte sich dem Lastkahn bereits bis auf einhundert Meter genähert. »Sie drehen zurück in die Flussmitte!«
Ben riss ihr das Fernglas aus der Hand und suchte das Deck nach Latisse Matabu ab. »Zwei Leichen im Heck. Ihre Soldaten, nehme ich an.«
»Wie bitte?«
»Der Ruderstand! Ich sehe Matabu im Ruderstand!«
Der Raddampfer schaukelte heftig auf dem unruhigen Wasser.
»Wir sollten lieber ein Auge auf diesen Schleppzug haben, der genau auf uns zukommt«, riet Lockridge grimmig.
»Steuern Sie herum!«, befahl Danielle. Die Autorität in ihrer Stimme war unüberhörbar.
»Das bedeutet, eine Fahrt durch die Untiefen zu riskieren.«
»Tun Sie, was sie sagt«, entgegnete Ben. »Es ist besser so, glauben Sie mir.«
»Nehmen Sie die Waffe runter«, sagte einer der Steuermänner des Lastkahns zum Drachen. »Egal, wohin Sie wollen, wir bringen Sie hin.«
»Fahrt weiter!«, befahl Matabu, die bereits einen neuen Plan ausheckte. »Haltet erst an, wenn ich es sage!«
Sie hob die Pistole, die sie aus Timos Gürtel gezogen hatte, und feuerte zwei Schüsse auf das Funkgerät ab.
»Wenn ihr versucht, den Ruderstand zu verlassen, oder wenn ihr langsamer fahrt, erschieße ich euch! Habt ihr verstanden?«
Beide Männer nickten furchtsam.
Bis der Bug der Spirit of St. Louis sich dem Heck des Kühlschiffs genähert hatte, hatten Ben und Danielle sich mit den Waffen versorgt, die Verteidigungsminister Sukahamin ihnen in den Seesack gepackt hatte.
»Los geht's«, sagte Danielle und übernahm das Kommando. »Du nimmst das untere Deck, ich das obere. Damit sie uns nicht beide erschießen kann, bevor einer von uns sie erwischt.«
Sie sind hier!
Der Lastkahn näherte sich der Brücke an den Jefferson-Kasernen, als Latisse Matabu die Stimme in ihrem Kopf hörte. Wieder einmal warnte sie vor dem Falken und dem Adler, der israelischen Frau und dem palästinensischen Mann, die in Sierra Leone wider Erwarten dem Tod entronnen waren. Gerade fuhr der Lastkahn an einem weitläufigen Militärfriedhof vorbei, der am Missouri-Ufer hinter den Klippen lag.
Noch ein Omen, dachte der Drache.
Jetzt, da die Soldaten tot waren, die sie verraten hatten, sah Matabu ihre einzige Hoffnung darin, den Schwarzen Tod hier und jetzt eigenhändig in den Fluss zu entlassen. Sie konnte die Kraft aufbringen, und wenn es das Letzte war, was sie tat. Sie musste so viele Kisten wie möglich aus den Kühlräumen holen und die Eier an der Sonne auftauen lassen. Die Käfer würden in kürzester Zeit schlüpfen. Der Schwarze Tod wäre frei, kaum dass sie die Kisten an Bord ausgeleert hätte.
Sie musste allerdings berücksichtigen, dass der Falke und der Adler hier waren …
Latisse Matabu hatte hämmernde Kopfschmerzen. Übelkeit drohte sie zu überwältigen. Ihre Illusion von Stärke war verschwunden. Sie brauchte Zeit, um ihren neuen Plan in die Tat umzusetzen.
Sie stolperte nach vorn zu dem Kasten, den Dikembe neben der ersten Reihe der aufgestapelten Kisten verstaut hatte. Bei der Einfuhr in die USA war der Inhalt als ›religiöser Natur‹ deklariert worden. Matabu ließ den Kasten aufschnappen und wühlte durch Bücher und Papiere, bis ihre Finger das Geheimfach darunter ertasteten, in dem die
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