Die Spur des Drachen
keiner ihrer Lieben an jenem Ort wartete, an den sie und die Moorfrau gehörten. Der Schmerz, den sie im Leben gekannt hatte, wartete nun für alle Ewigkeit auf sie.
Die Moorfrau schwamm weiter auf sie zu und streckte eine Hand aus.
Latisse Matabu ergriff die Hand, bevor ihre Augen sich für immer schlossen.
Danielle, die immer noch darum kämpfte, Ben über der Wasseroberfläche zu halten, drehte sich nach dem Geräusch eines aufheulenden Motors um. Ein Patrouillenboot der Flusspolizei kam auf sie zu und wirbelte einen breiten, schäumenden Streifen Kielwasser auf. Eine Sirene heulte. Das Boot wurde erst im letzten Moment langsamer, als ein Zusammenstoß schon unvermeidbar schien; der Motor wurde in den Leerlauf geschaltet. Unmittelbar neben ihnen kam es zum Stehen.
Jim Black schaute auf Danielle hinunter und schüttelte den Kopf. »Du weißt wirklich, wie man 'ne Party schmeißt.«
99.
Black streckte eine Hand nach Danielle aus, wobei die zwei Sig Sauer zum Vorschein kamen, die er in Schulterhalftern trug.
»Ich dachte, Sie wären tot«, rief Danielle zu ihm hinauf.
Black lächelte. »Wie schön für dich und deinen Freund, dass du mit dieser Annahme falsch liegst.«
Danielle streckte den Arm aus und spürte Blacks kraftvollen Händedruck. Er zog sie hinauf aufs Deck; dann steckte er ein zweites Mal den Arm hinunter und hievte auch Ben aus dem Wasser.
»Dein Freund ist ziemlich übel zugerichtet, aber er wird es überleben«, sagte der Cowboy und drehte sich zu Danielle um. »Hast du was auf dem Herzen?«
Danielle hob die Sig Sauer, die sie Black aus einem der beiden Halfter gezogen hatte, als er sie an Bord zog.
Black lächelte. »Gibst du mir die Chance, meine eigene Waffe zu ziehen?«
»Nur zu.«
»Nein.« Der Cowboy grinste. »Ich schau einfach mal, wohin uns das hier führt.«
Danielle drehte die Waffe in der Hand und reichte sie Black mit dem Griff zuerst. »Ein andermal.«
»Wann immer du willst, Dannygirl.«
»Was tun Sie hier?«, fragte Danielle und kauerte sich neben den völlig erschöpfen Ben.
Black zeigte sein gewohntes Grinsen. »Ich bin ausgeschickt worden, um euer beider Leben zu schützen. Gut, dass ihr mir diese Fahrgelegenheit dagelassen habt. Wenn wir später Zeit haben, werde ich euch das ein oder andere über Motoren beibringen«, sagte er und trat ans Steuer.
»Wer hat Sie geschickt, Mister Black?«, fragte Danielle, als das Boot sich in Bewegung setzte.
»Der Freund deines Freundes in Araberland. Al irgendwas.«
»Colonel al-Asi?«
»Ja. Hat mich hierher geschickt, um euch sicher und gesund zurückzubringen. Ich würde sagen, das Geld habe ich mir verdient.«
»Ich hoffe, Sie haben im Voraus kassiert«, meinte Ben. Sein Gesicht war geschwollen. Mit dem Unterarm wischte er Blut und Schmutz ab. »Weil wir nicht zurückgehen.«
Danielle nahm seine Hand fest in die ihre und lächelte ihn an.
Jim Black blickte die beiden erstaunt an. »Aber Colonel Al hat dafür gesorgt, dass ihr in Israel und Palästina nichts zu befürchten habt. Eure Namen seien reingewaschen, hat er mir heute Morgen mitgeteilt. Es würden keine Fragen gestellt. Wenn man überlegt, über was für Peinlichkeiten ihr auspacken könntet. Und Colonel Al scheint mir ein Mann zu sein, der seinen Job versteht. Er rechnet mit euer Heimkehr.«
Ben und Danielle wechselten einen Blick. Sie zeigten wenig Begeisterung für diesen Vorschlag. Beide schüttelten den Kopf.
»Danken Sie dem Colonel für seine Bemühungen«, sagte Ben und lächelte leicht, als er an al-Asi dachte. »Aber wir sind nicht interessiert.«
Black schlug nach einem Moskito auf seiner Wange und schnippte ihn in den Fluss. »Wollt ihr damit sagen, ihr wollt hier bleiben? Ihr lasst die Chance sausen, nach Hause zu gehen und die Helden zu spielen?«
»Das haben wir schon einmal versucht«, erwiderte Ben. »Es hat nicht funktioniert.«
Der Cowboy nickte. »So langsam beeindruckt ihr mich, ihr zwei.«
»Lassen Sie uns am nächsten Pier raus«, sagte Danielle.
»Das war's?«
»Ja. Oder wollen Sie, dass ich es mir doch noch überlege und Sie auf der Stelle töte?«
Black zwinkerte ihr zu. »Es gibt immer ein Morgen.« Danielle blickte Ben an. »Jetzt ja.«
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