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Die Staatsanwältin - Thriller

Die Staatsanwältin - Thriller

Titel: Die Staatsanwältin - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hänssler-Verlag
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jeden Tag für Sie gebetet, und wenn Sie mir irgendwie vergeben können, beten Sie bitte, dass Gott Erbarmen mit mir hat. Meine einzige Hoffnung liegt jetzt in Jesus.«
    Er schloss die Augen, und ich hätte am liebsten den Blick abgewandt. Der Sanitäter tupfte seinen Arm mit Alkohol ab, fand eine Vene und stach die Nadel ein. Dann schloss er einen Infusionsschlauch an, der durch ein Loch in der Wand in den angrenzenden Raum führte. Dasselbe machte er mit Antoines anderem Arm – eine Ersatzinfusion zur Sicherheit, falls die erste versagte.
    Der Direktor holte sein Handy heraus, um ein letztes Mal nachzusehen, nur um sicherzugehen, dass in keinem der Berufungsgerichte oder beim Begnadigungsausschuss ein Wunder geschehen war. Er verkündete, es sei kein Aufschub gewährt worden, und gab das Zeichen, dass die Hinrichtung fortgesetzt werden solle.
    Ich hatte meine Hausaufgaben gemacht und wusste, dass in dem Raum hinter dem Gefangenen zwei Angestellte drei Spritzen nehmen und der Reihe nach in den Infusionsschlauch entleeren würden. Die erste würde Thiopental enthalten, ein schnell wirkendes Barbiturat, das innerhalb von dreißig Sekunden nach der Injektion ein Koma auslöste. Das zweite Medikament, Pancuronium, war ein Muskelrelaxans, das die Atemmuskeln lähmte. Das Dritte, Kaliumchlorid, würde das Herz anhalten.
    Antoine war an einen Herzmonitor angeschlossen, und ich sah zu, wie sich seine Brust hob und senkte. Ich wusste, der Tod würde irgendwann zwischen fünf und zwanzig Minuten nach Injektion der Medikamente eintreten.
    Er schloss die Augen, und seine Lippen bewegten sich, als bete er.
    Der Mörder meiner Mutter öffnete die Augen nie wieder. Seine Brust hob und senkte sich, hob und senkte sich, hob und senkte sich. Chris drückte meine Hand fester.
    Antoines Lippen standen still, seine Herzfrequenz wurde langsamer, und innerhalb von ein paar Minuten, fast unmerklich, hörte die Brust auf, sich zu heben. Der Herzmonitor zeigte eine Nulllinie. Und einfach so war es vorbei.
    Ich schloss die Augen und betete in Gedanken.
    Gott, hab Erbarmen mit diesem Mann. Und Herr, vergib mir, dass ich das zugelassen habe .
    Als ich die Augen öffnete, sah ich zwei Ärzte in weißen Kitteln in den Raum treten. Nacheinander fühlten sie den Puls des Verurteilten und hielten ihre Stethoskope auf seine Brust. Dann sahen sie sich an und nickten.
    Der Gefängnisdirektor verkündete Antoine Marshalls Tod um 19.07 Uhr. Mir wurde schwummrig, meine Knie wurden weich, aber irgendwie hielt ich lange genug durch, um aus eigener Kraft den Raum zu verlassen.
    Ich verließ das Gefängnis wie betäubt. Bill Masterson sprach mit der Presse, während ich gedrückt zum Auto ging. Chris fuhr uns nach Hause; ich starrte aus dem Seitenfenster und versuchte, damit klarzukommen, was ich eben erlebt hatte.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
64
    Chris fragte mich, ob er über Nacht bleiben solle, aber ich log und behauptete, ich käme schon klar. Ich hatte immer gedacht, dass ich mit diesem Teil meines Lebens abschließen könnte und bereit für den nächsten Abschnitt wäre, wenn Antoine Marshall erst hingerichtet war. Aber auf dem Weg von Jackson zurück nach Hause merkte ich, wie sehr mich der jahrelange Kampf geprägt hatte. Jetzt, da er tot war, da der Kampf vorüber war, hatte ich das Gefühl, als sei auch ein großer Teil von mir gestorben. Noch schlimmer war die Verwirrung, in der alles geendet hatte. Antoine Marshall hatte das Richtige getan, hatte Verantwortung für seine Taten übernommen. Aber ich hatte mich vor meiner Verantwortung dem Justizsystem gegenüber gedrückt und Wege gefunden, um nachteilige Informationen geheim zu halten – und damit Antoine Marshalls Schicksal besiegelt.
    Es war so plötzlich zu Ende. Und das Bild von Antoine Marshall, auf diese Liege geschnallt, mit geschlossenen Augen und den Infusionsschläuchen in beiden Armen, hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt. In dieser Nacht nahm ich das neue Schlafmittel, das Gillespie mir verschrieben hatte, erlebte aber nicht das Hochgefühl, das ich beim letzten Mal erlebt hatte. Das Mittel half mir einzuschlafen, aber am nächsten Tag kam ich nicht vor elf aus dem Bett. Ich wäre am liebsten zusammengerollt unter der Decke liegen geblieben, bis der Kummer verging, bis meine Mutter und mein Vater zurückkamen und der Schmerz in meinem Herzen

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