Die Staatsanwältin - Thriller
würde jetzt gerne meinen Mandanten sehen«, sagte er.
Ein paar Minuten später betrat Mace einen kleinen Raum, wo Antoine mit Fesseln an Handgelenken und Knöcheln an einem am Boden verschraubten Tisch saÃ. Ein Wärter stand direkt vor der Tür und starrte durch ein vergittertes Fenster herein.
Als die Tür sich hinter Mace schloss, schaute Antoine mit groÃen Augen zu ihm auf. Vorher waren die beiden immer durch kugelsicheres Glas getrennt gewesen. Aber heute, an Antoines planmäÃig letztem Tag auf Erden, durften sie sich ohne Barrieren treffen.
Antoine stand auf, und Mace ging zu ihm hinüber und umarmte ihn fest. Mace spürte die knochigen Schulterblätter seines Mandanten und war ein wenig überrascht, wie viel kleiner Antoine aussah, wenn er in derKabine saÃ. Der Häftling roch, als habe er schon ein paar Wochen nicht geduscht, und seine Haare waren verfilzt und verwahrlost, sein Atem warf Mace fast um.
»Danke fürs Kommen«, sagte Antoine, als sei Mace ein Besucher im Krankenhaus nach einer Operation.
»Ja, ich hatte daran gedacht, stattdessen Golf spielen zu gehen, habe es mir aber dann doch anders überlegt«, erwiderte Mace.
Antoine lächelte nicht, und die beiden setzten sich am Tisch einander gegenüber. Sie beugten sich beide auf den Ellbogen vor, damit sie leise sprechen konnten. Antoine hatte einen gesunden Verfolgungswahn, genährt von elf Jahren im Justizvollzugssystem und Erinnerungen an Freddie Cooper, die immer wieder auf ihn einstürmten. Mace versuchte, den fauligen Atem seines Mandanten zu ignorieren.
»Ich habe keine guten Nachrichten«, sagte Mace und kam direkt zum Punkt. »Der Begnadigungsausschuss hat das Gesuch abgelehnt. Der Oberste Gerichtshof hat unseren Revisionsantrag abgelehnt. Die einzige Chance, die uns bleibt, ist die Petition auf Grundlage von Coopers eidesstattlicher Erklärung.«
Antoines Gesichtsausdruck änderte sich nicht. »So etwas hatte ich erwartet.«
»Im Grunde haben wie drei Versuche mit dieser Petition. Beim Berufungsgericht von Georgia, beim Bundesberufungsgericht und beim Obersten Gerichtshof.«
»Ich halte nicht den Atem an.«
Mace wünschte, er würde.
»Ich auch nicht«, sagte er. Er hatte nie versucht, Antoines Stimmung mit falschen Erwartungen zu heben. Es gab keinen Grund, jetzt damit anzufangen.
»Ich bin bereit«, erklärte Antoine. »Und ich möchte gerne, dass Sie sich etwas ansehen.«
Er griff in die Tasche seines orangefarbenen Overalls und reichte Mace ein gefaltetes Stück Papier.
»Was ist das?«, fragte Mace.
»Meine letzten Worte. Ich werde sie bis sieben Uhr auswendig lernen.«
Unter Antoines forschendem Blick las Mace den Text:
Ich möchte der Familie Brock mein Bedauern aussprechen. Ich habe jeden Tag für Sie gebetet, und ich hoffe, Sie können dieses Kapitel Ihres Lebens durch meine Hinrichtung abschlieÃen. An Jamie und Chris Brock: Es tut mir leid, dass Sie Ihre Mutter verloren haben. An Robert Brock: Es tut mir leid, dass Sie Ihre Frau verloren haben.
Ich bin bereit zu sterben. Diejenigen von Ihnen, die Macht über mich haben, hätten sie nicht, wenn sie Ihnen nicht von oben verliehen worden wäre.
Vergib ihnen, Vater, denn sie wissen nicht, was sie tun.
In deine Hände, Jesus, lege ich meinen Geist.
Mace las den Text zweimal, um sich Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. Er gefiel ihm nicht. Die Erklärung war verwirrend, und es gab keine eindeutige Unschuldsbekundung. Schlimmer noch: Antoine zitierte die Worte Jesu, was die Opfer wütend machen würde.
»Was meinen Sie dazu?«, fragte Antoine, und seine Augen leuchteten zum ersten Mal, seit Mace den Raum betreten hatte.
Mace verzog leicht das Gesicht. »Es ist okay. Sehr biblisch. Aber ich finde, Sie könnten stärker Ihre Unschuld beteuern.«
Antoine hatte offensichtlich darüber nachgedacht. »Jesus hätte auch auf seiner Unschuld beharren können. Aber die Bibel sagt, er schwieg wie ein Lamm auf der Schlachtbank.«
»Aber das ist etwas anderes. Jesus musste sterben, um die Welt zu retten. In Ihrem Fall ist es schlicht und einfach Unrecht.«
Antoine nahm ihm das Papier wieder ab, faltete es und steckte es zurück in die Tasche. »Ich weià Ihre Meinung zu schätzen. Aber dem Seelsorger gefiel es. Und ich glaube nicht, dass ich etwas falsch machen kann, wenn ich die Worte Jesu
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