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Die Staatsanwältin - Thriller

Die Staatsanwältin - Thriller

Titel: Die Staatsanwältin - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hänssler-Verlag
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zurückfahren?«, fragte ich. Meine Stimme trug, obwohl ich spürte, wie mir die Kehle eng wurde und die Tränen in die Augen stiegen. »Das Berufungsgericht Georgia hat eben einen Aufschub bewilligt.«
    Ich lehnte mich an meinen großen Bruder, und dann begannen die Tränen über mein Gesicht zu laufen. Bevor ich mich bremsen konnte, schluchzte ich, obwohl ich versuchte, ruhig und gefasst zu sein.
    Â»Es tut mir leid«, sagte Officer Hartley vom Fahrersitz aus.
    In diesem Moment konnte ich nicht einmal antworten. Ich legte nur den Kopf an Chris' Schulter und erlaubte mir zu weinen.

    Einer der Gefängniswärter fand Mace telefonierend in einem Konferenzraum und reichte ihm ein einzelnes Blatt Papier. Mace beendete sein Gespräch und überflog die Seite rasch.
    Â»Er ist ein guter Häftling«, sagte der Wärter mit leiser Stimme. »Er hat es wahrscheinlich verdient.«
    Â»Darf ich es Antoine sagen?«, fragte Mace.
    Â»Natürlich.«
    Sie trafen sich im selben Raum, in dem Antoine Mace nur ungefähr eine Stunde zuvor seine letzten Worte zu lesen gegeben hatte.
    Â»Troy Davis hält den Rekord immer noch«, sagte Mace. »Sein Aufschub kam zwei Stunden vor seiner geplanten Hinrichtung.« Mace schaute auf die Uhr, dann wieder zu Antoine. »Ihrer kam großzügige drei Stunden und drei Minuten vorher.«
    Antoine starrte ihn an, als habe er eben einen Geist gesehen. Vielleicht seinen eigenen? »Was sagen Sie da?«
    Â»Das Berufungsgericht Georgia hat einen Aufschub gewährt. Sie nehmen sich vier Monate Zeit, um den Fall neu zu prüfen.«
    Eine sehr lange Sekunde lang starrte ein fassungsloser Antoine Marshall seinen Anwalt an und versuchte, diese Nachricht zu verarbeiten.Seine Lippen begannen zu zittern, und in seinen Augen schwammen Tränen. »Gelobt sei Gott«, sagte er. Dann verbarg er das Gesicht in den Händen und begann zu weinen.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
12
    Es war mein Vater gewesen, der mich gelehrt hatte, stark zu sein. Als ich in der Grundschule war, hatten ein paar Jungen meinem Vater Schimpfnamen gegeben, weil er einen Mann verteidigte, der angeklagt war, seine Frau und Kinder umgebracht zu haben. Mein Vater plädierte auf Unzurechnungsfähigkeit – sein Mandant glaubte, die Götter hätten ein Blutopfer gefordert –, und meine Mutter lieferte das psychiatrische Gutachten dazu. Ich geriet in der Schule in eine Prügelei, und meine Eltern fanden es heraus.
    An diesem Abend hielt mir meine Mutter einen Vortrag darüber, warum Gewalt niemals eine Lösung war. Sie gab mir Hausarrest und schickte mich in mein Zimmer, während mein Vater schweigend danebenstand. Später, während ich vor Wut kochte, weil ich dafür bestraft wurde, meine Eltern verteidigt zu haben, kam mein Vater herein und setzte sich auf mein Bett.
    Â»Hast du gewonnen?«, fragte er konspirativ flüsternd.
    Â»Ja.«
    Â»Gut. Erzähl mir davon.«
    Als ich damit fertig war, die Prügelei zu beschreiben, und von ihm ein paar Tipps für die nächste bekommen hatte, küsste er mich auf die Stirn und stand auf. »Nur fürs Protokoll«, sagte er, »ich bin auch gegen Prügeleien. Aber eines weiß ich – wenn du kämpfen musst, solltest du besser den ersten Schlag austeilen, und zwar einen guten. Und, Jamie …«
    Er wartete, bis er meine volle Aufmerksamkeit hatte.
    Â»Wenn du den anderen Kerl am Boden hast, lass ihn nicht wieder aufstehen.«
    Vielleicht war es deshalb so schwer, meinen Vater von den lebenserhaltenden Maschinen zu trennen. Er war ein Kämpfer. Ich wusste einfach,irgendwann, wenn ich ins Krankenhaus kommen würde, würden seine Arme zucken, die Augen blinzeln, und mein Vater würde langsam, aber sicher ein letztes Mal von der Matte aufstehen. Man konnte ihn nicht auszählen.
    Doch nachdem Antoine Marshall seinen Aufschub bekommen hatte, wurde mir klar, es war Zeit, Chris den Stecker ziehen zu lassen. Schon vor der Enttäuschung am Freitag hatte ich mich durch die Trauerphase gearbeitet, in der man sich der Realität verweigert. Ich war noch nicht bereit dafür, dass mein Vater starb, aber ich wusste, das würde ich niemals sein. Am Ende hatte ich doch die Tatsache akzeptiert, dass er nicht zurückkommen würde.
    Bis ich im Krankenhaus ankam, hatte ich so viel geweint, dass ich das Gefühl hatte, keine Tränen übrig zu haben. Ich war so schwach

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