Die Staatsanwältin - Thriller
zurückklappte. Ich wurde ohnmächtig, bevor sie dazu kam, das Gehirn zu entnehmen.
Als ich an diesem Tag in mein Büro zurückkehrte, fand ich heraus, dass bisher nur drei Staatsanwälte eine komplette Autopsie durchgestanden hatten. Aber es war mir ein bisschen peinlich zu erfahren, dass neun von zehn es weiter als ich geschafft hatten. Von da an beschloss ich, O'Leary habe die Prozessvorbereitung nicht nötig, die die meisten Zeugen brauchten.
»Jamie, wie schön, Sie wiederzusehen!«, sagte O'Leary, als ich ankam, um über Rikki Tates Autopsie zu sprechen. Dankenswerterweise unterhielten wir uns in ihrem Büro. Auf dem Weg dorthin hatte mir vor dem Gedanken gegraut, sie könne mich ins Labor einladen, damit wir reden konnten, während sie einen neuen toten Menschen zerstückelte.
»Wollen Sie sich setzen, bevor ich Ihnen die Fotos zeige?«, fragte sie.
»Danke«, sagte ich und setzte mich. Es war sinnlos, den Macho vor jemandem spielen zu wollen, der mich schon einmal dazu gebracht hatte, ohnmächtig zu werden.
In den nächsten Minuten ging Dr. O'Leary die Autopsie mit mir durch, illustrierte jeden Schritt mit eindeutigen Fotos und warf immer wieder Geschichten von anderen Autopsieopfern ein. O'Leary hatte keine Anzeichen von Traumata, Würgemale oder sonstige Hinweise auf eine Todesursache abseits einer Ãberdosis Drogen gefunden. Chronische Herzinsuffizienz und akutes Herzversagen hatte sie ausgeschlossen.
»Rikkis Lungen wiesen Ãdeme auf, was ein gängiger Befund ist bei Leuten, die an Ãberdosen sterben. Es bedeutet, ihre Lungen waren mitFlüssigkeit gefüllt und sie ist im Grunde erstickt. Es ist kein gängiger Befund bei Leuten, die an einer Herzrhythmusstörung sterben.«
Sie erklärte, sie habe Blut aus einer Oberschenkelarterie entnommen und dieses Blut und Rikkis Mageninhalt an das Toxikologielabor des Bundesstaates geschickt. Sie prüfte die genauen Zahlen auf dem Toxikologiebericht.
»Wir haben 134 Gramm Mageninhalt verschickt. Das Labor fand 16 Milligramm Oxycodon und 9 Milligramm Codein. Im Blut fanden sie 0,74 Milligramm pro Liter an Oxycodon und 0,27 Milligramm pro Liter an Codein.«
»Wie lassen sich diese Werte mit anderen Fällen aus ihrer Erfahrung vergleichen?«
»Sie sind toxisch«, sagte O'Leary bestimmt. »Das Codein allein hätte sie getötet. Das Oxycodon allein hätte sie getötet. Zusammen haben sie einen additiven Effekt und sind eindeutig die Todesursache. Bei Hospizpatienten kann man vielleicht manchmal höhere Werte finden, aber selbst für Süchtige sind diese Werte hoch.«
Ich hatte schon über den Flurfunk gehört, dass das Labor erhöhte Medikamentenwerte gefunden hatte. Aber das beantwortete nicht die wichtigste Frage: »Können Sie mir sagen, ob das eine versehentliche Ãberdosis war oder ob sie vergiftet wurde?«
O'Leary ordnete ihre Papiere und stapelte sie hübsch ordentlich. Wir waren fertig mit den harten Fakten. Jetzt kam die Analyse. »Das ist die Frage, nicht wahr?« Ohne auf meine Antwort zu warten, stürzte sie sich in ihre Theorie.
»Der beste Weg, das herauszufinden, wäre eine Laboruntersuchung der Haare. Medikamente und Drogen im Blut gehen über in die Haarwurzeln. Wenn die Haare wachsen, werden die Substanzen ein fester Bestandteil des Haares. Haare wachsen ungefähr einen Zentimeter pro Monat, man kann also bestimmen, wie lange sie den Substanzen ausgesetzt waren â je nachdem, wie lang die Haare sind. Rikki hatte kurzes Haar, aber man könnte trotzdem Daten für ungefähr sechs Monate bekommen.«
Bevor ich Fragen zu den Haartests stellen konnte, kam sie schon zu ihrem zweiten Punkt.
»Ebenfalls kurios ist, dass ich Promethazin in Rikki Tates Mageninhalt und Blut gefunden habe. Das ist ein Mittel gegen Ãbelkeit, das hilft, Betäubungsmittel im Organismus aufzunehmen. Das findet man normalerweise nicht, es sei denn bei einem recht erfahrenen Süchtigen, oder ein Arzt verschreibt Promethazin zusammen mit Oxycodon. Als ich Rikkis ärztliche Unterlagen geprüft habe, habe ich keine Verschreibungen solcher Medikamente gefunden.«
O'Leary schwieg und sah mich prüfend an. Sie wollte anscheinend, dass ich ihre Aussagen aufnahm und über die Schlussfolgerungen nachdachte, die für unseren Fall nichts Gutes bedeuteten.
»Wenn Sie glauben, Caleb Tate habe seine Frau vergiftet,
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