Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
»Bist du wahnsinnig geworden?«
Singhs Antwort ging im Krachen einer ungeheuren
Explosion
unter. Ein grellweißer Blitz löschte für einen Moment das Bild
auf dem Monitor aus, und noch bevor die tanzenden Funken vor
Mikes Augen verschwanden, schien die NAUTILUS vom Fußtritt
eines Riesen getroffen und wie ein Spielzeug davongewirbelt zu
werden. Diesmal blieb niemand im Salon auf den Füßen.
Mike blieb einige Sekunden benommen liegen und wartete,
dass das Schiff und der Rest der Welt aufhörten, sich um ihn zu
drehen. Die NAUTILUS schaukelte noch immer wild hin und
her. Der Boden kippte von links nach rechts und wieder zurück
und aus dem bisher gleichmäßigen Brummen der Motoren war
ein unregelmäßiges, mühsames Stampfen und Schnauben
geworden.
Langsam richtete sich Mike auf. Sein Kopf dröhnte und er
hatte sich eine Rippe angeschlagen, die
entsetzlich wehtat.
Trotzdem galt sein erster Blick Serena.
Die Atlanterin richtete sich neben ihm auf; benommen, aber
offensichtlich unverletzt. Neben ihr versuchte ein zerrupftes
schwarzes Fellbündel auf die Pfoten zu kommen und in Mikes
Gedanken erklang ein wahrer Schwall der unflätigsten Flüche,
die Mike je gehört hatte. Er ignorierte sie und stand auf.
Auf der anderen Seite des Kontrollpultes zogen sich Singh und
Trautman in die Höhe. Trautmans Gesicht war blutig, aber er
sah viel mehr wütend als verletzt aus.
Mike blickte auf den Bildschirm. In den riesigen Torflügeln
gähnte jetzt ein gewaltiges, gezacktes Loch. Von den beiden
Jagd-U-Booten war keine Spur mehr zu sehen. Die Explosion
der beiden Torpedos hatte sie entweder zerstört oder so weit
davongewirbelt, dass sie im Moment keine Gefahr mehr
darstellten.
Mike begriff erst nach und nach, was das, was Singh
getan
hatte, wirklich bedeutete. Ungläubig starrte er den Inder an.
»Warum ... warum hast du das ... getan?«, stammelte er.
»Weil wir sonst gefangen gewesen wären«, antwortete Singh.
»Würdest du gerne den Rest deines Lebens hier
unten
verbringen?«
»Das ist Wahnsinn!«, keuchte Mike. »Die ganze Kuppel hätte
zusammenstürzen können! Hier unten leben
fast
zwanzigtausend Menschen, Singh!«
»Und?«, fragte der Inder kalt. »Sie sterben doch sowieso in ein
paar Tagen.«
Ein Schlag ins Gesicht hätte Mike nicht härter treffen können.
Er wollte irgendetwas sagen, aber er konnte es nicht. Der
Mann, der vor ihm stand, schien nichts, aber auch rein gar nichts
mehr mit dem Singh gemein zu haben, den er bisher gekannt
hatte.
Jetzt spinnt er total, maulte Astaroths Stimme in seinen
Gedanken. Ich glaube, um ihn muss ich mich wohl zuerst
kümmern. Argos hat sein Gehirn noch mehr verdreht als das der
anderen.
Nicht jetzt, antwortete Mike auf dieselbe, lautlose Art. Bitte
geh nach unten und kümmere dich um Ben und die anderen. Sie
sind in dem kleinen Raum neben dem Lager.
Astaroth fügte noch ein paar wenig schmeichelhafte
Bemerkungen über Singhs Geisteszustand hinzu, stand dann
aber gelassen auf und trollte sich. Mike hatte ihn nicht nur
fortgeschickt, weil er sich um Ben und die anderen sorgte, die in
der winzigen Kammer eingesperrt waren. Er hatte plötzlich das
sichere Gefühl, dass er Ben und die beiden anderen vielleicht brauchte. Niemand konnte sagen, für welche unangenehme
Überraschung Singh noch gut war. Was um alles in der Welt
hatte Argos Singh nur angetan?
Während Mike mit Astaroth geredet hatte, war es
Trautman
gelungen, die Kontrolle über die NAUTILUS zurückzuerlangen
und das Schiff zu stabilisieren. Das Motorengeräusch klang nun
wieder gleichmäßig. Langsam, aber allmählich wieder schneller
werdend, bewegte sich die NAUTILUS auf die gewaltsam geschaffene Öffnung zu und glitt hindurch.
Mike hielt den Atem an, als sie die gewaltige Unterseekuppel
verließen. Mit einem Mal umgab sie vollkommene Schwärze. Die
NAUTILUS befand sich jetzt im offenen Meer und auf ihrem
Rumpf lastete der Druck von mehr als fünftausend Metern
Wasser; eine Belastung, die das Schiff normalerweise kaum
lange ausgehalten hätte. Doch nichts von alledem, was Mike
erwartete, geschah. Das gequälte Stöhnen des Rumpfes blieb
ebenso aus wie das Krachen überlasteter Nieten und das Knistern
von Metall, das die Grenzen seiner Tragfähigkeit erreicht hatte.
Wie Trautman es gesagt hatte, konnte die NAUTILUS jetzt viel
tiefer tauchen als zuvor. Argos’ Ingenieure hatten ein wahres
Wunder vollbracht.
Mike sah in Trautmans und Singhs Gesicht und ein einziger
Blick reichte aus, um ihm

Weitere Kostenlose Bücher