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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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sie noch einmal und tippt mit ihrem in einem teuren Schuh steckenden Fuß auf den Boden.
    Wir schlendern durch die Gänge im ersten Stock und sehen in jedes Zimmer. April holt sich etwas zu trinken, dann gehen wir auf demselben Weg wieder zurück. Wir suchen alles ab, jede Ecke, selbst das Treppenhaus. Ich halte Ausschau nach einem Blondschopf. April hat blondes Haar, das sie im Sommer regelmäßig mit Zitronensaft aufhellt. Deshalb vermute ich, dass ihr Bruder ebenfalls blond ist.
    »Das ist typisch für Elliott. Wahrscheinlich hat er etwas gefunden, wo es wichtiger ist, gesehen zu werden, als hier.« Sie hat ihren ersten Drink hinuntergekippt und ist bereits beim zweiten. Ihre Wangen sind leuchtend rosa.
    »Sollen wir in den restlichen Stockwerken nachsehen? Wo könnte er noch stecken?«
    »Vielleicht ganz oben. Er hat mehr für Bücher übrig als für Frauen. Er ist eine Schande für die ganze Familie.« Sie nuschelt missbilligend. »Er weigert sich, bei uns zu wohnen. Wegen seiner Berufung. Er ist Dichter und lebt mit Künstlern und Schriftstellern in einer Mansarde. Sie weigern sich, ihre Masken zu tragen. Es sei völlig okay, jung zu sterben, solange sie nur für die Nachwelt festhalten könnten, was mit uns passiert ist, sagen sie. Er schreibt Tag und Nacht und nimmt Drogen, um sein Bewusstsein zu erweitern.«
    Sie verdreht die Augen.
    Ist das der Grund, weshalb April Gedichte hasst? Plötzlich macht mich die Aussicht, ihren Bruder kennenzulernen, etwas nervös, denn was sie mir gerade erzählt hat, klingt unglaublich faszinierend.
    »Hat er denn gesagt, dass er hingehen will?«
    »Du würdest ihn bestimmt mögen.« Sie sieht mich an. »Und ich gehe davon aus, dass er dich mögen würde. Aber du brauchst dringend anständige Wimpern.« Sie drückt mich auf ein Zweiersofa und zieht etwas aus der Tasche. »Hier.« Sie verteilt irgendwelches Glitzerzeug auf meinen Wangen. Eigentlich hätte ich gedacht, dass es sich grobkörnig anfühlt, stattdessen ist es eher wie ein leichter Schaum. Solche Dinge erfinden unsere Wissenschaftler, während Mutter Natur alles daransetzt, uns zu töten. Dann öffnet sie meine Handtasche und macht sich daran, die falschen Wimpern anzubringen. Erstaunt stelle ich fest, dass ihre Hände ruhig genug dafür sind.
    »So, jetzt bist du hübsch genug. Selbst Elliott wird merken …« Sie bricht ab und lässt meine Tasche fallen. Lippenstift und ein Parfumflakon fallen heraus.
    Zwei Männer stehen im Türrahmen. Ich erstarre. Sie sind Mitglieder des Clubs aus der Zeit vor der Seuche. Eigentlich hat man uns eingebläut, wir sollen sie meiden.
    Aber sie sind nicht der Grund, weshalb April innegehalten hat. Sie sieht zu einem jungen Mann hinüber, der an der Bar steht. Mir ist auf Anhieb klar, dass es sich nicht um ihren Bruder handeln kann – der Blick, den sie ihm zuwirft, ist ziemlich aufreizend. Er kommt auf uns zu, und April steht auf.
    Sie macht keine Anstalten, mir zu helfen, meine Sachen vom Boden einzusammeln. April käme nie auf die Idee, so etwas zu tun.
    Sie sieht ihn unter ihren dichten Wimpern hindurch an und lächelt. Die beiden älteren Clubmitglieder sind mittlerweile gegangen.
    Schließlich steht der junge Mann vor uns, und sie reicht ihm die Hand. »Wir sind hier. Elliott kann sich nicht beschweren«, sagt sie über die Schulter zu mir. »Er wird uns schon finden, wenn er will. Also können wir ebenso gut unseren Spaß haben.«
    Vielleicht hat sie recht. Schließlich sind wir deshalb hergekommen. Um zu vergessen. Und um unseren Spaß zu haben.
    Ich betrachte ihr lächelndes Gesicht, als sie sich das Haar zurückstreicht. Wäre unsere Welt nicht implodiert, wäre sie längst verheiratet, wahrscheinlich sogar schon Mutter. Stattdessen ist sie jeden Abend auf Achse. Ohne Anstandsdame. Meine Mutter missbilligt das natürlich, aber sie kann nichts gegen Aprils ungezügeltes Temperament tun.
    Und Mutter lässt mich mit ihr um die Häuser ziehen, weil ihre Familie ausgezeichnete Verbindungen hat. Ihr Onkel, der Prinz, sei verrückt, sagt April immer. Er lebt in einem mittelalterlichen Schloss außerhalb der Stadt, das er vor dem Ausbruch der Seuche Stein für Stein aus Schottland hat herbringen lassen. Er kontrolliert alles, auch das Militär. Und wir tun, was er sagt. Keine Ahnung, wie es so weit kommen konnte.
    Aprils Vater war früher Bürgermeister der Stadt, aber inzwischen ist er tot, und sie und ihre Mutter leben allein in Penthouse A in den Akkadian Towers. Ihre Mutter

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