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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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lebhaft gemusterten Stoffen den Vorzug.
    Die Mehrheit der Einheimischen, Männer wie Frauen, taten nichts anderes, als sich von hier nach da zu bewegen, von der Spätschicht heimwärts, von Häusern zu anderen Häusern oder zu Geschäften. Trotzdem, für unsere geschulten Blicke ergab sich daraus eine bedrohliche Geografie, und mit der Normalität verwoben gab es so viele verstohlene Aktionen, dass wir nicht befürchten mussten, an grundlosem Verfolgungswahn zu leiden.
    »Heute Vormittag habe ich ein paar Leute von hier getroffen, mit denen ich früher zu tun hatte«, berichtete Corwi. »Habe mich erkundigt, ob ihnen etwas zu Ohren gekommen ist.« Wir passierten eine dunkle Zone, wo die Anteile der Deckungsgleiche sich verschoben, und wir schwiegen, bis die Straßenlaternen links und rechts wieder das gewohnte Aussehen hatten: übermannshoch und im Besź-deco-Stil verschnörkelt. Unter diesen Laternen, an der Mauer, standen Frauen und boten ihren Körper feil. Sie verfolgten unser Näherkommen mit Misstrauen. »Allerdings ohne nennenswerten Erfolg«, schloss Corwi.
    Bei ihrem ersten Vorstoß, noch ohne Fotografie des Opfers, waren es seriöse Kontakte gewesen, die sie anzapfte: Verkäufer in Spirituosenläden, die Seelsorger klobiger hiesiger Kirchen, darunter die letzten Überlebenden der Arbeiterpriester, tapfere alte Männer mit der Tätowierung von Sichel und Kreuz auf Bizeps und Unterarm und auf den Regalen hinter ihnen die ins Besź übersetzten Bücher von Gutiérrez, Rauschenbusch, Canaan Banana. Nicht zu vergessen die Stufenhocker. Corwi hatte sich notgedrungen darauf beschränkt, sie zu fragen, was sie über die Vorgänge in Pocost Village erzählen konnten. Sie hatten von dem Mord gehört, aber wussten nichts.
    Diesmal konnten wir mit einem Foto aufwarten. Shukman hatte es mir gegeben. Ich zückte es beim Aussteigen, präsentierte es unübersehbar, damit die Frauen wussten, dass ich ihnen etwas zeigen wollte, dass wir etwas von ihnen wissen wollten und nicht vorhatten, ihnen Schwierigkeiten zu machen.
    Corwi kannte einige von ihnen. Sie rauchten und beobachteten uns. Es war kalt, und wie jeder, der sie sah, staunte ich über ihre nylonbestrumpften Beine. Unsere Anwesenheit beeinträchtigte verständlicherweise ihr Geschäft - zahlreiche Passanten musterten uns, wandten den Blick ab und gingen weiter. Ich sah, wie sich hinter einem Brikett der Verkehr staute, als es langsam vorbeirollte. Wahrscheinlich freute man sich auf zwei leichte Verhaftungen, dann aber erspähten der Fahrer und sein Partner Corwis Uniform, sie grüßten und gaben wieder Gas. Ich konnte nur noch ihren Rücklichtern winken.
    Eine der Frauen sprach uns an. »Was wollt ihr?« Sie trug billige Stiefel mit hohen Absätzen. Ich zeigte ihr das Foto.
    Gesäubert, ohne das verschmierte Make-up, wirkte Fulanas Gesicht nackt, Kratzer und Schürfwunden traten deutlich hervor. Man hätte sie wegretuschieren können, aber der Schock, den diese Spuren von Gewalt bei dem Betrachter auslösten, erwies sich häufig als nützlich bei Befragungen. Das Foto war gemacht worden, bevor man ihr den Kopf rasierte. Sie sah nicht friedlich aus. Sie wirkte ungeduldig.
    »Keine Ahnung, wer das ist.« »Nie gesehen.« Kein Gesicht verriet rasch unterdrücktes Wiedererkennen. Sie versammelten sich - zur Konsternation der am Rand der hiesigen Dunkelheit lungernden Freier - im grauen Schein der Laterne, ließen das Foto von Hand zu Hand gehen und, ob mit Lauten der Bestürzung oder ohne, kannten Fulana Ix nicht.
    »Was ist ihr zugestoßen?« Ich gab der Frau, die fragte, meine Karte. Sie war dunkelhäutig, semitische oder türkische Vorfahren irgendwo in ihrer Ahnenreihe. Ihr Besź war akzentfrei. »Das versuchen wir herauszufinden.«
    »Müssen wir Angst haben?«
    »Ich ...«
    Als ich stockte, sprang Corwi ein: »Wir geben euch Bescheid, wenn wir glauben, es besteht Grund zur Sorge, Sayra.«
    Unser nächster Halt war bei einer Gruppe junger Männer, die vor einer Billardhalle Wein tranken und die Zeit totschlugen. Corwi duldete eine Weile ihre Anzüglichkeiten, dann ließ sie das Foto herumgehen.
    »Weshalb sind wir hier?«, fragte ich sie halblaut.
    »Das sind die harten Jungs von Morgen«, erklärte sie. »Achten Sie auf ihre Reaktionen.« Aber die glatten, kalten Gesichter blieben ausdruckslos. Die Nachwuchsgangster schauten das Foto an, nahmen meine Karte und verzogen keine Miene.
    Wir wiederholten das Prozedere bei noch einigen Gruppen. Jedes Mal warteten wir

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