Die Stadt unter dem Eis
ich habe mir so etwas schon fast gedacht. Euer Schiff ist
in der Nähe, nicht wahr? Die NAUTILUS.«
»Gut kombiniert«, bestätigte Mike.
»Das war nicht schwer zu erraten«, sagte Trautman. »Und du
glaubst, deine Freunde werden herkommen, um uns zu
befreien?«
»Darauf verwette ich mein Leben«, sagte Mike überzeugt.
»Ihr Vater hat Singh zwar befohlen, nicht länger als zwei Tage
auf uns zu warten, aber ich kenne Singh. Und auch die anderen.
Sie werden wahrscheinlich die zwei Tage abwarten und dann
herkommen, um nach uns zu suchen.«
»Dann sind sie jetzt noch draußen vor der Küste?«, fragte
Trautman.
Mike nickte. »Sie spielen Fangen mit Kapitän Hansen und
seinem Zerstörer. Singh beherrscht die NAUTILUS perfekt. Er
wird diesen Hansen schön weit weglocken, da bin ich sicher.
Die NAUTILUS schafft die Entfernung, für die die PRINZ
FERDINAND einen Tag braucht, in weniger als einer Stunde.«
»Dann muss sie ein gutes Stück schneller sein als die
WOTAN«, sagte Trautman.
»Woher wissen Sie das?«
Trautman winkte ab. »Ich war der Leiter dieser Expedition,
mein Junge. Vom Dorff hat mir dasselbe Angebot gemacht wie
dir. Und ich bin natürlich zum Schein darauf eingegangen und
habe mich hier umgesehen. So lange, bis ich dachte, ich hätte
einen sicheren Fluchtweg entdeckt. Leider habe ich mich
getäuscht.«
»Und seitdem sitzen Sie im Kerker.«
»Ja«, sagte Trautman. »Genau wie du und mein Vater – wenn
es deinen Freunden nicht gelingt, uns hier herauszuholen. Ich
hoffe, sie kommen auch wirklich.«
»Hundertprozentig«, versicherte Mike.
Draußen auf dem Gang wurden Schritte laut und sie
verstummten abrupt. Nach einigen Augenblicken traten Vom
Dorff, Berghoff und zwei Soldaten ein.
Mike fiel auf, dass die Soldaten nicht bewaffnet waren.
»Nun?«, fragte Berghoff, an Trautman gewandt. »Sind Sie
so weit?«
»Ja.« Trautman stand auf. »Sie können die WOTAN zum
Auslaufen bereitmachen, Herr Kapitän.«
Mike blinzelte. Was? Was?!
»Sie wollen nicht vorher zu Ihrem Vater?«, fragte Vom Dorff.
»Das muss warten«, antwortete Trautman kopfschüttelnd.
»Ich fürchte, wir haben nicht allzu viel Zeit. Die NAUTILUS
kreuzt draußen vor der Küste und versucht im Moment Hansen
wegzulocken. Funken Sie ihn an, dass er nicht darauf
hereinfallen soll. Wir sind in spätestens drei Stunden bei ihm.«
Mikes Atem stockte schier und sein Herz begann zu rasen. Er
hörte, was Trautman sagte, aber er weigerte sich einfach, es zu
glauben.
»Was ... was bedeutet ... das?«, krächzte er. »Ich würde sagen,
dass du zu vertrauensselig bist, mein Junge«, sagte Trautman
lächelnd.
»Sie haben ... gelogen«, stammelte Mike. »Es war alles
gelogen! Von Anfang an!«
»Nicht alles«, sagte Trautman. »Eigentlich nur das
Allerwenigste, um genau zu sein. Ich habe dir doch gesagt, dass
sich ein paar von uns mit Vom Dorff und den anderen
zusammengetan haben. Um genau zu sein, sogar die meisten.
Auch wenn anscheinend einer unserer Kameraden falsch
spielt.« Er wandte sich an Vom Dorff. »Lassen Sie Sörensen
verhaften. Offenbar funkt er seit einiger Zeit heimlich nach
Hilfe.«
»Wir sollten ihm dankbar sein«, sagte Vom Dorff. »Ohne ihn
wäre die NAUTILUS wahrscheinlich niemals hier aufgetaucht.«
Er gab einem Soldaten einen Wink. »Erledigen Sie das.«
Der Mann ging und Mike starrte wieder Trautman an. Er
spürte, wie sich seine Augen mit brennenden Tränen füllten.
»Sie ... Sie haben mich die ganze Zeit über belogen«, sagte er.
»Wahrscheinlich sind Sie nicht einmal Trautmans Sohn,
sondern sehen ihm nur ähnlich.«
»O nein, er ist schon mein Vater«, sagte Trautman. »Wir
haben sogar eine Menge mehr gemein, als du vielleicht ahnst.«
Er lachte. »Wir haben sogar denselben Beruf. Wir
kommandieren beide ein atlantisches Unterseeboot. Nur unsere
Ziele sind ein bisschen unterschiedlich.«
»Haben Sie den Mut, das Ihrem Vater ins Gesicht zu sagen?«,
fragte Mike.
»Selbstverständlich«, antwortete Trautman. »Sobald ich
zurück bin.«
»Sie sind verrückt, wenn Sie glauben, dass Sie die
NAUTILUS so leicht aufbringen können«, sagte Mike. »Ich
habe nicht gesagt, dass es leicht wird«, antwortete Trautman.
»Aber wir haben den Vorteil der Überraschung auf unserer
Seite. Dein Freund Singh erwartet vielleicht die >U37<, aber
bestimmt nicht so etwas wie die WOTAN.«
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Mike. »Wollen Sie Singh
und die anderen umbringen?«
»Gott bewahre!«, sagte Trautman. »Wir brauchen die
NAUTILUS. Einen solchen
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