Die Steinernen Drachen (German Edition)
blankpoliertem Messing. Die Empfangstheke ging über die gesamte Breite der Eingangshalle, die von wuchtigen Säulen markiert war. Er schob die Sonnenbrille ins kurz geschnittene Haar und steuerte eine der Empfangsdamen an, die ihn mit einem eingeübten Lächeln begrüßte.
„Schönen guten Tag und willkommen im Hotel Intercontinental.
Was kann ich für Sie tun?“
„Ich möchte zu Herrn Kham.“
„Einen Moment bitte.“ Die uniformierte blonde Dame mit dem Dauergrinsen griff zum Hörer und wählte eine Nummer. „Wen darf ich melden?“, fragte sie.
„Grabenstein. Frank Grabenstein.“
Jemand schien den Anruf entgegen genommen zu haben. Die Blondine drehte sich von ihm weg und nuschelte etwas in den Hörer. Danach nickte sie heftig und legte auf. „Sie werden erwartet. Fahren Sie in den fünften Stock. Aus dem Aufzug raus und links. Herr Kham bewohnt die Präsidenten-Suite.“
Was sonst , dachte Frank, bedankte sich freundlich, durchquerte die Lobby und begab sich zu den Aufzügen. Im fünften Stock angekommen, orientierte er sich, wie angewiesen, und stand nach wenigen Schritten vor einer pompösen Flügeltür. Ehe er klopfen konnte, wurde ihm geöffnet. Ein bekanntes Gesicht schob sich durch den Türspalt. Der Sumomann trug dieselbe Garnitur wie am Vortag und stellte den gleichen emotionslosen Gesichtsausdruck
zur Schau. Er nickte leicht mit dem Kopf und ließ ihn herein.
„Ich freu’ mich auch, Sie zu sehen“, spöttelte er, dann verschlug ihm der Anblick der Präsidenten-Suite die Sprache. Was er beim Durchschreiten der Gemächer zu sehen bekam, reichte aus, um in böswillige Missgunst zu verfallen. Die luxuriös eingerichteten 250 m 2 teilten sich in eine große Eingangshalle, ein Esszimmer mit abgetrennter Küche, ein Konferenzzimmer und einen Salon mit offenem Kamin auf. Was sich hinter den geschlossen Türen noch verbarg, wollte er erst gar nicht wissen.
„Mister Kham empfängt Sie im Wintergarten“, meinte der Riese blasiert, während er vor ihm durch die Suite schritt.
„Wintergarten – natürlich“, konterte er ebenso herablassend.
Die Sonne fiel durch die hohen Glasfronten des Wintergartens
und blendete ihn beim Eintreten. Staubteilchen schwebten in den diffusen Lichtsäulen. Die Klimaanlage hielt den tropisch anmutenden Raum konstant auf einundzwanzig Grad. Um die Stahlträger der Dachkonstruktion schlängelten sich Efeugewächse bis zum verglasten Dach hinauf. Ausschweifende und verschwenderisch wirkende, exotische Pflanzen in überdimensionalen Terracottakübeln waren entlang der Glasfronten platziert. Der herrliche Ausblick über den Schlossgarten blieb hiervon unbeeinträchtigt. Zwei großzügige Ledersessel waren um den kleinen Beistelltisch drapiert, auf dem duftender Tee in chinesischem Porzellan angerichtet war.
Der Sumomann hielt in der Tür inne und verfiel in eine versteinerte Haltung. Gegen das Sonnenlicht nahm Frank eine hagere Gestalt in einem der Stühle wahr. Eine knochige Hand wies auf den freien Sessel. Er ließ sich im Schatten eines großblättrigen Gewächses nieder und konnte so seinem Gesprächspartner in die schmalen Augen sehen. Der Mann war kahlköpfig, alt und schrumpelig. Seine kleine, asketische Statur wirkte verloren in dem großen Sessel und sein Mund war zu einem gequälten Lächeln verzogen. Unter einem dünnen Bärtchen, das die schmale Oberlippe bedeckte, schimmerten gelbe Zähne, die an ein Nagetier erinnerten. Er trug einen schlichten, kimonoartigen Anzug aus schwerem dunkelblauem Stoff. Seiner Haltung erinnerte Frank an Steve Hawkins, zusammengekauert und eingefallen in seinem hoch technisierten Rollstuhl. Doch Kham wirkte wesentlich vitaler und in seinen Augen lauerte etwas Raubtierhaftes.
Seine zweite Assoziation war die eines Sensei, eines buddhistischen Mönchs und Karate-Großmeisters. In Gegenwart des alten Mannes fühlte er sich ausgesprochen unwohl.
„Tee?“, fragte Kham mit singender Stimme. Er nickte und der alte Mann goss die dampfende Flüssigkeit in die Tassen. Seine Hand war dabei absolut ruhig.
„Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten
Schritt“, zitierte er, nachdem er die Kanne absetzte. Frank verkniff sich eine Bemerkung.
„Es freut mich, dass Sie sich herbemüht haben, Herr Grabenstein.“
Deine Aussprache ist gut, aber nicht so perfekt wie bei deinem Bodyguard! , dachte er und wartete auf die Fortsetzung. Alte Männer sollte man nicht unterbrechen - schon gar nicht, wenn sie aus Asien
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