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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Rudis
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diesmal nicht gelingen. Bislang hat sie darin eher geblättert als gelesen. Letztlich bleibt vom Heute, was vom Gestern blieb und vom Morgen bleiben wird: das unstillbare, grenzenlose Verlangen, allzeit derselbe und zugleich ein anderer zu sein.
    Hana klappt das Buch zu. In ihrem Körper hat sich Müdigkeit ausgebreitet. Vielleicht sollte sie kurz schlafen. Ein Nickerchen machen. Ganz kurz.
    Sie wirft noch einen Blick aus dem Fenster. Jetzt müssten sie bereits über Spanien sein. Das Reisen ist für sie mit Büchern und mit Musik verbunden, wobei Letztere sogar eine größere Rolle spielt. Schon damals, als sie als Gymnasiastin zum ersten Mal in den Westen aufbrach und den Norden Europas bereiste, durfte ihr alter Walkman im Rucksack nicht fehlen. Damals stand sie auf The Cure . Zu der Zeit waren alle unglaublich romantisch drauf. Und dachten, das Leben würde ewig so vergnügt weitergehen. In jenen Tagen trug Hana hochtoupiertes Haar und roten Lippenstift und wünschte sich, mit zwei Männern gleichzeitig zu schlafen. Dieser Wunsch ist aber nie in Erfüllung gegangen. Vielleicht hätte sie es machen sollen. Vielleicht ist es jetzt so weit.
    »Ham or cheese?«
    Die Stewardess reicht Hana ein Baguette.
    »Sparkling wine and cheese.«
    Sie hat etwas zu feiern. Sie hat etwas, wovon sie Abschied nehmen möchte. See you, la petite mort. See you, Lisboa. See you somewhere, somehow.

KILL THE BARBIE
    D raußen steckt er sich eine neue Zigarette an. Er hört Musik. New Order, Technique . Pseudodisco. Musik für alte Männer. Das hat Vanda heute Nacht gesagt. Vielleicht hat sie recht. Vielleicht sollte er all die alten CD s und Bücher und Erinnerungen in die Mülltonne werfen. Aber das kann er nicht. Die CD s, die Bücher, eigentlich auch die Erinnerungen gehören nicht nur ihm. Genauso wie auch Malmö nicht nur ihm gehört.
    An der Ecke löst sich sein linker Schnürsenkel. Es ist immer derselbe Schnürsenkel, seit etwa zwanzig Jahren. Egal welche Schuhe er anhat. Etwas ist nicht in Ordnung mit ihm.
    Beim Zubinden denkt er daran, dass er endlich die Rechnung fürs Telefon bezahlen sollte, damit er sich wieder Frauen im Netz reinziehen kann. Sie ist gar nicht so hoch, etwa dreitausend, nur ist er zu faul, um zur Bank zu gehen.
    An einer Straßenlaterne sieht er ein Plakat hängen. Eine tätowierte Mädchenschulter. Vandas Tattoo. Und der merkwürdige Bandname: Kill the Barbie.
    Malmö schnuppert an der Laterne. Das Plakat löst sich an einer Ecke ab. Man müsste nur kurz daran ziehen, um es ganz herunterzureißen, denkt er.
    Sie steigen die Treppe zu Parukářka hoch, dort gibt es einen netten Biergarten, den Petr manchmal gerne besucht. Am frühen Morgen hat man von dort einen schönen Blick über ganz Prag. Petr steckt sich dann jedes Mal eine Zigarette an und blickt eine Weile auf die langsam erwachende Stadt herunter.
    Langsam laufen er und Malmö weiter zum Žižkover Straßenbahndepot. Zu Petrs Tram, in der nach dem nächtlichen Putzen kleine Wölkchen von Desinfektionsmittel in der Luft hängen. Petr ist bei der Arbeit angekommen.

DER AMERIKANISCHE KITSCH
    A m Zebrastreifen hält er an und lässt eine junge Frau im Minirock die Straße überqueren. Obwohl Waynes Gesicht hinter den dunklen Fensterscheiben kaum zu erkennen sein dürfte, lächelt sie ihn an. Sie gefällt ihm. Vielleicht denkt er morgen unter der Dusche an sie.
    Er findet die Tschechinnen immer noch attraktiv. Sie sind zwar nicht so elegant wie Französinnen oder Polinnen, aber sie sind sexy. Richtig sexy. Dekadent. Frivol. Nicht wie die Amerikanerinnen. Zumindest nicht wie die Frauen in jenem Teil von Amerika, den er hinter sich gelassen hat.
    Frauen aus der Stadt Delaware.
    Aus der Stadt Delaware im Staat Delaware.
    Seit mehr als zehn Jahren ist er schon weg. Das wird sich vermutlich auch in den nächsten zehn Jahren kaum ändern. Vielleicht sollte er aber häufiger mit seinen Eltern telefonieren. Nicht gleich heute, aber zumindest ein Anruf an Weihnachten wäre gut. Sie sprechen sich sonst nie. Riefe er gleich jetzt an, würden sie denken, es sei etwas passiert. Mit ihm. Oder mit der Kleinen, die sie immer noch nicht kennen, weil seine Mutter Angst vorm Fliegen hat.
    Endlich erreicht Wayne das Moldauufer. Sein Wagen rollt auf die Brücke und reiht sich brav in die lange Autokolonne ein. Eine halbe Stunde lang wird er im Schritttempo vor sich hin tuckern. Mit der Straßenbahn wäre er schneller, aber das will Wayne nicht. Er braucht die langsame

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