Die Stimmeninsel
Gedanke, der Oberhäuptling hätte seine Einwilligung gegeben, und die Männer des Stammes hätten begonnen, diese Bäume zu fällen. Das hätte auf der ganzen Insel ein Zauberer dem anderen zugerufen, und nun versammelten diese Zauberer sich alle, um ihre Bäume zu verteidigen. Eine Begier, Seltsames zu erleben, kam über ihn. Er lief mit den Stimmen weiter, überquerte den Strand, kam an den Waldrand – und dort stand er erstaunt still. Ein Baum war bereits gefällt, andere waren zum Teil umgehackt. Dort drängte sich der ganze Stamm der Wilden zusammen. Sie standen Rücken gegen Rücken, und Leichen lagen am Boden, und Blut floß zwischen ihren Füßen.
Die Farbe der Angst war auf all ihren Gesichtern; ihre Stimmen erhoben sich gegen den Himmel, schrien wie Wieselgeschrei.
Hast du ein Kind gesehen, wenn es ganz allein ist, ein hölzernes Schwert hat und damit ficht, herurnspringt und in die leere Luft schlägt? Ebenso standen dort die Menschenfresser, Rücken an Rücken gedrängt, schwangen ihre Äxte und schlugen zu und schrien, während sie schlugen – und ach, da war kein Mensch, der mit ihnen kämpfte! Nur ab und zu sah Keola, wie eine Axt ohne Hände über ihnen geschwungen wurde; und von Zeit zu Zeit fiel ein Mann des Stammes unter einer Axt, mit gespaltenem Schädel oder zerhauenem Leib, und seine Seele entfloh mit Geheul.
Eine Weile blickte Keola auf dieses Wunder, wie ein Mensch, der träumt, und dann packte ihn Angst am Herzen so scharf wie Tod – Angst darüber, daß er solches geschehen sah. Gerade in demselben Augenblick sah der Oberhäuptling des Stammes ihn da stehen, zeigte mit dem Finger auf ihn und rief laut seinen Namen. Da sah der ganze Stamm ihn ebenfalls, und die Augen der Wilden funkelten und ihre Zähne knirschten.
»Ich bin zu lange hier«, dachte Keola; und er rannte aus dem Walde heraus und den Strand hinunter, ohne sich darum zu kümmern, wohin er lief.
»Keola!« sagte da eine Stimme dicht bei ihm auf dem leeren Sand.
»Lehua! Bist du das?« rief er keuchend und sah sich vergeblich nach ihr um. Allem Anschein nach war er ganz allein.
»Ich sah dich vorbeilaufen«, antwortete die Stimme; »ich rief dich, aber du hörtest nicht auf mich. Schnell! Hole die Blätter und die Kräuter, damit wir frei werden!«
»Bist du hier mit der Matte?« fragte er.
»Hier neben dir«, sagte sie. Und er fühlte ihre Arme, die ihn umschlangen. »Schnell! Die Blätter und die Krauter, bevor mein Vater zurückkommen kann!«
So rannte denn Keola, wie wenn es sein Leben gelte, und holte die Zauberfeuerung; und Lehua führte ihn zurück und stellte seine Füße auf die Matte und zündete das Feuer an. Während der ganzen Zeit, da es brannte, tobte der Lärm der Schlacht vom Walde her; die Hexenmeister und die Menschenfresser fochten gewaltig; die Hexenmeister, die unsichtbaren, brüllten dabei wie Stiere auf einem Berg, und die Männer des Stammes antworteten schrill und wild in dem Entsetzen ihrer Seelen. Und die ganze Zeit, da das Feuer brannte, stand Keola da, horchte und zitterte und sah zu, wie Lehuas unsichtbare Hände die Blätter ins Feuer streuten. Sie streute schnell, und die Flamme loderte hoch und verbrannte Keolas Hände; und sie beschleunigte das Brennen und blies mit ihrem Atem in die Flamme. Das letzte Blatt war verzehrt, die Flamme sank zusammen, es folgte der Ruck, und da standen Keola und Lehua im Wohnzimmer zu Hause.
Als nun Keola seine Frau sehen konnte, da freute er sich mächtig, und mächtig freute er sich darüber, daß er wieder in Molokai war und sich zu einer Schüssel Poi niedersetzen konnte – denn auf Schiffen machen sie keinen Poi, und auf der Srimmeninsel gab es keinen –, und er war ganz außer sich vor Freude darüber, daß er den Händen der Menschenfresser glatt entronnen war. Aber etwas anderes war nicht so klar, und Lehua und Keola sprachen die ganze Nacht darüber und waren in Sorgen darum; Kalamake war auf der Insel geblieben. Wenn er mit Gottes Hilfe nur dort bleiben könnte, dann wäre alles gut; aber sollte er entrinnen und nach Molokai zurückkommen, dann würden seine Tochter und ihr Gatte einen schlimmen Tag haben. Sie sprachen von seiner Gabe, aufschwellen zu können, und ob er wohl eine solche Strecke durch das Meer waten könnte. Aber Keola wußte jetzt, wo jene Insel lag – nämlich in dem Niedrigen oder Gefährlichen Archipel. So holten sie denn den Atlas herbei und stellten auf der Karte die Entfernung fest, und soweit sie dies beurteilen
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