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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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»Lass meine Mutter in Ruhe!«
    »Na, hör mal, ich habe ihr nichts getan. Und wenn, dann sicher nur Gutes.« Das Lehrlingsmädchen blitzte ihn mit ihren dunklen Augen an. Dann lächelte sie wieder. »Komm schon, jetzt sei nicht sauer. Wir werden bestimmt noch gute Freunde. Und du hast eine Flut bei mir gut! Vergiss das nicht! Wann immer du willst. Und wenn du Hilfe brauchst, kannst du auch zu mir kommen.«
    »Aber wir sollen uns an die Gesetze der Akademie halten!«, rief Rufus. »Wir sollen in ihrem Geist handeln.«
    »Der Geist! Ist der Geist einer Sache nicht das, was er ihrem Herrscher ermöglicht?«
    Coralia kam auf ihn zu, streckte die Hand aus und strich Rufus über den Oberarm. Dann drehte sie sich um und ging schnell aus dem Zimmer.
     
    Der Anblick seiner Mutter, die mit Coralia sprach, spukte Rufus noch immer im Kopf herum, als er später endlich einschlief.
    Dann aber umfing ihn gnädig die Dunkelheit.
    Und wenig später war der kleine Schatten da. Munter sprang er auf Rufus zu. Es raschelte und es knackte, und plötzlich begriff Rufus, dass er wieder in dem britannischen Wald war. Es war eine kühle Herbstnacht. Die Bäume hatten ihre Blätter verloren, und überall lag Laub. Dann hatte der Schatten Rufus erreicht. Es war Minster.
    Mit zuckender Schnauze setzte die Bisamratte sich auf ihre Hinterpfoten und blickte zu ihm auf.
    »Minster!«, begrüßte Rufus sie. »Was machen wir hier? Die Flut ist doch zu Ende.«
    Minster stieß seinen Fuß mit der Schnauze an. Dann drehte sich die Moschusratte mit einem leisen Fauchen um und führte Rufus durch den Wald. Sie liefen direkt auf die Weide zu, an deren Fuß er Aili, Brae und ihre Mutter zum ersten Mal gesehen hatte. Als sie den Hügel erreicht hatten, kauerte sich Minster direkt neben den Stamm.
    »Minster, was machen wir hier?«
    Die Bisamratte stieß ein leises Zischen aus. Dann schloss sie die Augen. Rufus starrte sie an. Minster verharrte, als wartete sie auf etwas.
    »Minster?«, fragte Rufus, als nichts geschah.
    Wieder zischte die Bisamratte.
    »Soll ich irgendetwas tun?«
    Wieder zischte Minster. Dann lief sie plötzlich hinter Rufus und versteckte sich an seinen Beinen.
    Im nächsten Augenblick knackte es vor Rufus. Ein Windhauch ließ das Laub am Boden rascheln. Jedes Geräusch wurde plötzlich intensiver. Und dann näherten sich Schritte. Aber Rufus konnte niemanden sehen.
    »Junge!«, flüsterte eine leise Stimme. »Da bist du! Der Druide hatte recht. Kannst du mich sehen? Roudo?«
    Rufus schnappte nach Luft. Und dann sah er sie. Vor ihm stand eine erwachsene Frau, die wie Königin Boudicca aussah, nur dass sie etwas kleiner war und ein schlichtes, helles Gewand trug.
    »Wer bist du?«, fragte Rufus vorsichtig.
    »Ich bin Aili. Du warst da, als ich dich damals brauchte.«
    »Ich war da?«
    »Du! Und du hast den Blonden und das Mädchen geholt. Ihr habt Tyrai, Brae und mich aus der Gefangenschaft der Rotbüsche befreit.«
    »Wir haben euch nicht befreit«, sagte Rufus. »Aus welcher Gefangenschaft?«
    »Als wir auf dem Weg nach Norden waren, zu meiner Mutter, haben die Rotbüsche uns am Weg aufgelauert und uns festgehalten. Aber ihr drei seid uns im Traum erschienen und habt uns das Spiel gelehrt, das die Rotbüsche Ludere raptim nennen. Wir haben sie herausgefordert und gewonnen. Der blonde Junge hat Tyrai gelehrt, er war ein guter Spieler.«
    »Das war No«, sagte Rufus. »Ihr habt uns also gesehen? Wir waren bei euch?«
    »Ja. Es war ein Traum. Und du warst der Erste, den ich gesehen habe. Hier, an der Weide. Mit meiner Schwester und meiner Mutter. Damals, nach dem Überfall. Später habe ich dich wiedererkannt. Und plötzlich waren da auch die anderen, deine Freunde.«
    Rufus schüttelte verwundert den Kopf.
    »Für uns war es, als hätten wir uns in euch verwandelt. Der Druide hat uns …«
    »Myrddin«, sagte Aili. »Er lebt noch immer in den Wäldern. Er war es, der uns zusammengeführt hat. Er kam später noch manchmal nach Londinium in unsere Hütte.«
    »Die Hütte mit dem weißen Raben«, sagte Rufus.
    »Ja. Nach dem Tod meiner Mutter haben wir sie verlassen. Zuerst hat Brae geheiratet, und ich bin alleine dort zurückgeblieben. Später bin ich auch fortgegangen. Heute schickt mich Myrddin. Er sagt, du wärst ein seltsamer Wanderer und ich sollte dir etwas geben. Aber es ist noch nicht bereit. Hast du es eilig?«
    »Nein«, sagte Rufus. »Ich habe Zeit.«
    Aili beugte sich vor und schichtete Holz zu einem kleinen Haufen zusammen. Bald

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