Die Suche nach dem verborgenen Glück
einem großen, spitzen Felsen hoch oben in den Hügeln. Er fand problemlos seinen Weg, obwohl der Aufstieg beschwerlich war. Als er die Spitze des Berges erreichte, überraschte es ihn ein wenig, dass die indianische Legende den Tatsachen entsprach. Die Hütte existierte, wie die Legende es beschrieb, und davor saß ein alter Mann. Der Mann schien ihn zu erwarten, als ob er wüsste, dass Davids Besuch bevorstand. Der Mann gab ihm ein Zeichen, näher zu kommen, und David gehorchte.
Der Mann schenkte ihm eine Tasse Tee ein. Als er sie David reichte, lächelte er.
»Du bist bestimmt durstig. Der Aufstieg ist sehr anstrengend.«
David nahm die Tasse und trank daraus. Der Tee wirkte auf seine ausgetrocknete Kehle äußerst wohltuend.
»Ich bin froh, dass du gekommen bist, David.«
David schaute ihn mit großen Augen an.
Woher kennt er meinen Namen? fragte er sich. Einen Augenblick lang wurde ihm bange. Dies war unheimlich, aber der Mann strahlte etwas aus, das seine Bemerkung völlig natürlich erscheinen ließ. David vertraute ihm sofort. Es war weniger sein Blick als seine Art, die David fesselte. Der Mann war fast großartiger als das Leben selbst und David wusste, dass dessen Aufgabe in der Welt darin bestand, Lehrmeister zu sein - ein bedeutender und großzügiger Lehrmeister, der seine Weisheit all jenen vermittelte, die ihn aufsuchten.
Der Mann erhob sich und ging ins Haus; er ließ die Tür geöffnet, damit der junge Indianer eintreten konnte. David trank die Tasse aus und folgte ihm.
Die Hütte erschien David ganz typisch und erinnerte ihn an sein eigenes Zuhause. Sie war mit verschiedenen Dingen voll gestopft - verblassten Fotografien, einem alten Radio, einem Tisch und Stühlen, indianischem Kunstgewerbe. Er lebt wie jeder andere, dachte David, als der Mann ihn fixierte. Plötzlich fühlte er tief im Herzen, dass der Mann seine Gedanken lesen konnte. In dessen Gegenwart würde er vorsichtig sein müssen, denn die Gedanken gehörten ihm allein, und niemand hatte das Recht, darin herumzustöbern.
»Einverstanden«, sagte der Mann sanft und David spürte, wie er von seinen Gedanken abließ. David wusste, dass sie wieder seine eigenen waren, und das erleichterte ihn.
Der Mann nahm eine handgenähte Decke von einer alten Kiste, die in der Ecke stand.
David fragte: »Woher weißt du meinen Namen?«
Der Mann in den Hügeln antwortete mit einem Lächeln. »Ich habe dich erwartet.«
»Du hast mich erwartet?«, fragte David neugierig.
Der Mann breitete die Decke auf dem Boden aus und ließ sich darauf nieder. David setzte sich ihm gegenüber und holte dann die Rolle aus seinem Rucksack.
»Du hast deine Reise begonnen«, sagte der Mann, als er es sich bequem machte. »Das freut mich sehr. Ich bin glücklich, dass unsere Anschauungen und Bräuche weiterhin gelehrt werden.«
David betrachtete die Rolle. »Ich bekam sie von meinem ate und denke, du bist derjenige, der mir sagen kann, was es damit auf sich hat.«
»Etwas beunruhigt dich, mein junger Freund. Was macht dir so zu schaffen?«
Vielleicht war es die Art und Weise, wie der Mann ihn fragte, oder einfach nur seine Gegenwart - David würde es nie erfahren - , aber was in diesem Moment geschah, würde er nie vergessen. Die Vision, die der Mann in ihm wachrief, war subtiler als jene, die er durch Ben Long Feather erlebt hatte - darüber hinaus aber auch viel intensiver. Es schien, als würde Davids Seele aus dem Körper treiben und über die Ebenen steigen, als würde sie im Wind fliegen, wie die Vögel kreisen und dann geradewegs zu den Sternen emporschießen. Er fühlte sich frei und geliebt - einem Gefährt vergleichbar, das von Weisheit erfüllt ist. Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er einen so tiefen inneren Frieden. Er vereinte sich mit der Natur, schwelgte in ihrer Schönheit und nahm alle Lektionen auf, die sie ihm beibringen konnte.
Die Reinheit seiner Seele linderte die Sorgen. Er fühlte sich eins mit Wakantanka…
Die Vision endete ebenso abrupt wie die bei Ben.
Genauso schnell, wie die Vision ihn ergriffen und seine Seele in einen Schwebezustand versetzt hatte, kehrte diese in den Körper zurück. Er fühlte sich nicht mehr frei, sondern müde und schwer, wie ein Fels, der sich jahrhundertelang nicht bewegt hat. In seinem Herzen empfand er den Fels des Kummers und der Traurigkeit. Abermals überkam ihn die Verzweiflung.
Durch den jähen Gefühlsumschwung stand er unter Schock. Der kalte Schweiß brach ihm aus und er hatte Mühe zu
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