Die Sünde in mir
Wachs gehalten. Das sah dann aus wie Nagellack. Ich habe dass auch probiert, aber es war so heiß, dass ich es sofort wieder gelassen habe.
„Falte die Hände“, sagt Frau Brauer und macht mir das Beten vor.
Kapitel 88
„Schön, dass du noch mal mitgekommen bist, Denise“, begrüßte Professor Wieland die Tochter von Frau Schütz.
„Das ist Dr. Fabian. Er betreut deine Mutter. Wenn du Fragen hast, kannst du dich auch mit ihm unterhalten.“
Frank nickte Denise freundlich zu. Die Ähnlichkeit mit Nicole fiel ihm sofort auf, aber da waren auch noch andere Züge.
„Ich würde gerne mit Ihnen darüber reden, wie es mit meiner Frau weiter geht“, mischte sich nun Herr Schütz ein und machte dem Professor mit den Augen ein Zeichen.
„Ja, natürlich. Das ist für dich sicher langweilig, Denise. Möchtest du dich mit Dr. Fabian vielleicht woanders unterhalten?“
Denise sah unsicher zu Frank hinüber. Dann nickte sie und stand auf. Frank warf seinem Professor einen hilfesuchenden Blick zu. Darauf war er nicht vorbereitet. Sie hatten nichts besprochen.
„Vielleicht gehen Sie mit der jungen Dame in die Cafeteria“, schlug der Professor vor.
Frank lächelte gequält, besann sich dann aber und hielt Denise die Tür auf. Als sie auf dem Gang waren, stellte er sich erst einmal richtig vor.
„Du kannst mich ruhig Frank nennen. Willst du wirklich in die Cafeteria?“
Denise warf einen Blick zurück zu der Tür, aus der sie gerade gekommen waren. Dann zuckte sie die Schultern.
„Ich kenne einen schöneren Raum. Da haben wir auch mehr Ruhe“, erklärte Frank und ging einfach voraus.
Es war das erste Mal seit dem Zwischenfall, dass er den Entspannungsraum betrat. Sofort fiel sein Blick auf die verhängnisvolle Fensterscheibe. Sie hatte einen Riss. Nicoles Gips war kaputt gegangen, als sie dagegen geschlagen hatte.
„Setz dich, wo du möchtest“, sagte Frank und nahm auf dem blauen Sitzsack Platz.
Denise blieb erst unschlüssig stehen, entschied sich dann aber für ein gelbes, gebogenes Schaumstoffteil.
„Genau dort hat deine Mutter sich auch hingesetzt“, erklärte Frank. Diese unterbrochene Traumreise lag ihm immer noch schwer im Magen.
Denise schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie sitzen bleiben sollte.
„Ist meine Mutter verrückt?“, fragte sie und fing an, auf der Banane zu schaukeln.
„Puh! So was darfst du hier nicht sagen“, schmunzelte Frank, „wir sind doch alle ein bisschen verrückt, oder?“
Denise sah zu einem Sonnenstrahl, der durch das Fenster fiel. Kleine Staubteilchen schwebten darin. Frank folgte ihrem Blick.
„Der Staub ist immer da, aber wir sehen ihn nicht“, fing er an zu erklären, „nur wenn die Sonne ihn anstrahlt, oder aus einem bestimmten Blickwinkel nehmen wir ihn wahr. So ähnlich ist das auch mit Dingen, die unsere Patienten sehen oder wahrnehmen. Wir Normalos können sie nicht sehen, aber die Patienten haben einen anderen Blickwinkel. Für sie existieren Sachen, über die wir den Kopf schütteln.“
Denise lauschte und dachte über diese Worte nach.
„Welchen Blickwinkel hat meine Mutter denn?“
Frank seufzte: „Das ist schwer zu sagen. Als sie hier ankam, dachte sie, sie sei wieder ein Kind. Sie hat alles andere ausgeblendet, sogar dich und ihre restliche Familie. Es existierte nur das, was sie aus ihrer Kindheit kannte. Aber jetzt behandeln wir sie und ihr Blickwinkel verschiebt sich langsam. Wenn wir Glück haben, sieht sie die Dinge bald wieder so, wie vor dem … Unglück.“
„Sagen Sie ruhig Mord!“ Denises Blick wurde eisig. „Warum reden eigentlich immer alle drum herum? Ich war dabei! Ich habe gesehen, was sie getan hat!“
Frank ließ der jungen Frau einen Moment, damit sie sich beruhigen konnte.
„Ich war sehr schockiert, als ich hörte, was deine Mutter getan hat, und ich war nicht dabei. Es muss ein Schock für dich gewesen sein, das mit anzusehen. Leider kann das niemand ungeschehen machen. Wenn es dir hilft, können wir gerne darüber reden.“
„Ich rede schon die ganze Zeit mit meiner Therapeutin darüber, aber es ändert nichts“, sagte Denise trotzig.
„Was meinst du denn, was dir helfen könnte?“
„Ich will meine Mutter sehen! Ich will mit ihr reden!“
Frank holte tief Luft. Dafür war es noch viel zu früh. Niemand konnte sagen, wie so ein Treffen verlaufen würde. Es könnte den Therapieerfolg zurückwerfen und das durften sie nicht riskieren.
„Es tut
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