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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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sie gut, das sehe ich. Leg es auf den Tisch. Da nimm!« Das Mädchen legte sein Messer auf den Tisch und nahm Elli das ihre aus der Hand. Arillard war dabei, einem der Jungen zu zeigen, wie man sich aus einem Haltegriff am Handgelenk befreit. Jensie hatte ihren Turban abgenommen und zeigte drei Jungen, wie sie ihn geschlungen hatte.
    Kels Hand fiel auf Kerris' Schulter. »Komm!« flüsterte er. Er wies mit dem Kopf zur Tür. Linkisch machte sich Kerris aus der Tischrunde fort.
    Als sie aus dem Speisehaus traten und fortgingen, klagte eine Eule irgendwo. Die Felder wogten sanft unter dem Streicheln des Windes. Kerris schaute auf. Der zunehmende Mond trieb über den Himmel wie ein Boot. Er suchte die Sternbilder, die Josen ihm gelehrt hatte: die roten »Augen«, den leuchtend hellen »Schwanz«. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Kel.
    Der sagte ruhig: »Ich habe mir gedacht, daß du dich dort drin nicht besonders wohl fühlen würdest. War das falsch?«
    Es war eine entwaffnende Frage. Kerris' Magen verknotete sich nicht länger. »Es stimmt, mir war nicht wohl. Danke.«
    »Setzen wir uns«, schlug Kel vor. Er betastete das Gras. »Es ist schon trocken.« Sie setzten sich. Das Gemurmel der Stimmen drang aus dem Speisehaus zu ihnen herüber, ein Geräusch ohne Worte. Kel holte etwas aus der Tasche. Es war eine Weinflasche. Er trank, dann reichte er sie Kerris, der es ihm nachtat.
    »Ist dein Kopf noch immer müde?« fragte Kel.
    »Nein.« Kerris reichte die Weinflasche zurück. Er wischte sich die Lippen.
    »Dann sprich zu mir«, sagte Kel. »Nicht mit Worten. Sprich mit der Inneren Stimme, wie ich heute nachmittag.«
    »Ich kann es nicht«, antwortete Kerris.
    »Trink noch etwas Wein.« Kel schob ihm die Flasche hin. Kerris trank. Es prickelte ihn in der Kehle. »Und jetzt greif mit deinen Gedanken nach mir, versuch mich zu erreichen!«
    »Ich kann nicht ...«
    »Du kannst!« sagte Kel. Er berührte Kerris an der Schulter. »Du tust es schon seit vier Jahren, Kerris. Tu es auch jetzt. Versuch's!«
    Der Wein brannte in Kerris' Adern. Er holte tief Luft. Er dachte: Was wäre, wenn mein Verstand eine Hand wäre? Wie würde ich sie dann bewegen ...? Der Himmel verschwamm. Die Erde wirbelte. Plötzlich befand er sich im Innern von Kels Kopf, schaute von dort heraus auf sich selbst, sah einen schlanken, dunkelhaarigen Fremdling mit nur einem Arm ... Das bin ich! dachte er und verspürte gleichzeitig den Druck anderer Gedanken, die nicht seine eigenen waren – Er hat es geschafft! Er wird es gut können, genauso gut wie Sefer! Wie sich Sefer freuen wird! – und das Bild eines schlanken weißhaarigen Mannes mit eisgrünen Augen wirbelte spielerisch durch sein Bewußtsein.
    Er schüttelte sich und kehrte zurück, zurück in seinen eigenen Kopf ... in ruckartigen Schüben.
    Kel hielt ihn an den Schultern gefaßt. Der Wind fühlte sich warm an auf den Wangen. Er stützte sich rücklings mit der Hand auf und wartete, bis die Welt wieder ins Lot kam. Es geschah. Er blickte in das Gesicht seines Bruders. »War es das, was du von mir gewollt hast?«
    »Das war ganz genau, was ich gewollt habe«, antwortete Kel. »Kerris, du kannst es willentlich tun, es braucht nicht nur durch Zufall zu geschehen! Es ist deine Gabe, und du kannst es kontrollieren. Das wollte ich dir zeigen.« Er ließ eine Hand sinken, die andere aber auf Kerris' Schulter ruhen. »Bist du mir deswegen böse? Ich habe dir nicht viel Zeit gelassen, darüber nachzudenken.«
    »Nein«, sagte Kerris. »Ich bin ... ich bin dir nicht böse. Ich bin nur überrascht.« Elath, das ist die Stadt der Hexer, dachte er, und ich bin einer davon. »Sag's mir noch einmal, wie nennen sie das in Elath – meine Gabe?«
    »Gedankensprechen, Innere Rede«, sagte Kel. Er kreuzte die Beine zum Schneidersitz und legte beide Hände geöffnet in den Schoß.
    »Kannst du es auch tun?«
    »Nein. Ich bin ein Mustertyp.«
    »Was ist das?«
    Kels Stimme war weich. »Für mich sind alle Handlungen Teile eines Musters, im Gleichgewicht und in Gegensätzen, im Fließen und in der Ruhe, und es gibt keinen Vorgang, für den ich nicht die richtige Ergänzung sehe, die Vollendung des Musters. Deshalb bin ich ein Cheari. Die Gelehrten sagen, daß die ganze Welt tanzt und daß der Name des Tanzes chea lautet. Und ich sehe diesen Tanz – ein bißchen davon. Das Gesamtmuster – das vermag ich nicht zu erkennen.«
    »Kann das überhaupt jemand?« fragte Kerris.
    »Jene, die in die Zeit schauen können,

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