Die Tänzer von Arun
einritt, machte Kerris einen Stall aus, einen Schweinekoben, einen Brunnen mit einem spitzen Holzdach darüber ... Auch die anderen Bauten waren aus Holz, aber die Dächer waren mit Schilf gedeckt. Es roch nach Hühnerstall. Er zählte sechs Wohnhäuser und einen Bau, der aussah, als diene er der Aufbewahrung von Vorräten. Das rhythmische Dröhnen von Metall, das auf Metall schlägt, verriet die Nähe einer Schmiede. Die Dorfstraße war fast leer. Der Boden war naß, hier und da von Pfützen bedeckt nach dem Regen, doch schien er rasch zu trocknen. Drei Frauen schwankten vorbei. Sie trugen Körbe auf dem Kopf, und ihre Rücken waren gerade wie Pfeilschäfte. Sie balancierten die Körbe leicht mit einer Hand aus. Die Röcke reichten ihnen bis zu den Waden. Eine von ihnen hatte Sandalen an, deren Lederschnüre unter dem Saum ihres Kleides verschwanden. Die Säume an allen drei Röcken waren mit Goldfäden bestickt. Die anderen beiden Frauen gingen barfuß. Das Erscheinen von sechs Fremden in ihrer Mitte schien sie überhaupt nicht zu interessieren. Die eine Frau drehte den Kopf, ohne ihren schreitenden Gang zu unterbrechen, und streifte den Chearas mit einem beiläufigen neugierigen Blick.
Sie machten mitten auf der Straße halt. »Wo ist das ...«, begann Elli und verstummte sofort, als Cal eine Handbewegung machte. Auf der Treppe eines Hauses war eine Frau aufgetaucht, sie hatte sich so leise bewegt, daß Kerris erschrak. Ihr Gesicht war sanft und faltenlos. Sie hatte langes Haar, das ihr mit Grau durchwachsen in den Rücken fiel, wie dies der Brauch für junge Mädchen in Tornor gewesen war. Auf dem Scheitel trug sie ein schmales farbenprächtiges Stoffdreieck. Ihr langes Kleid war braun und golden. Sie ging barfuß, und die Haut ihrer ebenfalls bloßen Arme war fast so dunkel wie die von Elli.
»Ich bin die – Hauptfrau dieses Dorfes«, sagte sie, wobei sie über dem Wort »Hauptfrau« zögerte, als gebrauche sie es nicht oft. »Wir sehen hier nur selten Reisende, und noch seltener sind die Reisenden Chearis. Woher kommt ihr, und wohin führt euer Weg?«
»Wir haben uns nicht verirrt, damisen«, sagte Cal. »Wir sind in das Unwetter geraten und bitten euch um Unterkunft.«
»Du bist einer von uns«, sagte die Frau zu Cal.
»Das bin ich. Mein Dorf liegt östlich vom Fluß.« Er nannte den Namen des Dorfs nicht, und sie fragte nicht danach.
»Und die übrigen?« Sie betrachtete sie der Reihe nach. Ihre Augen waren dunkel, dunkel wie die von Paula.
Kel sagte: »Ich bin Kel aus Elath.«
»Ilene aus Elath.«
»Elli aus Mahita.«
Die Frau hob beide Hände. »Das genügt.« Ihre Augen verweilten auf Kel. »Aus Elath – der Stadt der Hexer ...«
»Ja.«
»Wie lange wünscht ihr hier zu verweilen?«
»Eine Nacht«, antwortete Kel.
»Das ist gut. Geduldet euch einen Augenblick, bitte.« Sie kehrte in das Haus zurück, aus dem sie gekommen war. Nach einer Weile trat sie wieder heraus. Sie wies über den Dorfplatz zu einem Haus hinüber, das wie die anderen auch aussah, mit Ausnahme eines Symbols an der Tür, der Zeichnung von Perlen in einem Kranz. »Dies steht derzeit leer, und ihr seid willkommen, dort zu verweilen«, sagte sie.
Riniard murmelte etwas in sich hinein. Die Frau blickte ihn an, ihre Augen wurden schmal. »Du weißt, was für ein Haus das ist?«
»Ja«, sagte er.
»Du kommst von den Feldern.«
»Ja, damisen«, sagte Riniard.
»Wo liegt dein Dorf?«
»Im Westen, damisen.«
Die Frau machte eine leichte Handbewegung mit der Rechten. Riniard erwiderte sie. Sie nickte. »Ihr seid willkommen«, sagte sie. »Tretet ein!« Sie schob die Tür auf. Kerris kletterte schlaff von Magritas Rücken, dann schnallte er seine Schlafrolle ab.
»Ihr könnt eure Reittiere uns überlassen. Und, bitte, stellt eure Stiefel auf der linken Seite der Halle ab. Dort gibt es einen Platz für sie.«
Der Hausgang war dunkel und roch süßschwer wie ein Kräutergarten. Der Boden war mit Binsen bedeckt. Gehorsam zogen die Chearis sich die Stiefel aus und stellten sie nebeneinander in den Alkoven auf der linken Seite des Flures. Das Kranzsymbol von der Eingangstür wiederholte sich hier auf beiden Wänden.
Riniard flüsterte Cal etwas zu. Dieser spreizte die Hände. Der Rotkopf schaute finster drein. Er wirkte unglücklich. Von dem Schrankzimmer gelangte man in einen anderen Raum, der zur Hälfte mit Matten ausgelegt war. Die andere Hälfte des Raumes wurde von einem Ziegelofen und einem hölzernen Zuber
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