Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
dachte er seufzend, während er sich auszog. Trotzdem verzichtete er darauf, den Weckdienst zu bestellen, denn er war bis jetzt immer zu der Zeit aufgewacht, auf die er sich innerlich eingestellt hatte.
So war es auch diesmal. Nach einer Nacht ohne Träume, an die er sich hätte erinnern können, wurde er durch ein Geräusch auf dem Flur geweckt. Torsten schoss hoch und schnappte in einem Reflex nach seiner tschechischen Pistole. Die Schritte verloren sich jedoch wieder, und er steckte die Waffe wieder weg. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er sich beeilen musste. Rasch putzte er sich die Zähne, duschte kurz und zog sich dann an. Dabei bemerkte er, dass seinen Kleidern immer noch etwas von dem Parfüm der Nutte anhaftete. Das wird sich schon verlieren, dachte er, verließ das Zimmer und ging in den Frühstücksraum. Graziella und Petra warteten bereits auf ihn. »Na, warst du erfolgreich?«, fragte ihn Letztere.
»Das war ich!« Torsten schnappte sich eine Tasse und bediente sich aus der Kanne, die vor Graziella auf dem Tisch stand.
Die junge Italienerin musterte ihn durchdringend und schnupperte. »Mich würde doch interessieren, wo du gewesen bist. Du riechst nach einem ganz ordinären Parfüm.«
Torsten lächelte Graziella zu und ließ sie für einen Augenblick die Pistole sehen. »Es war nicht das feinste Lokal, in dem ich das Ding bekommen habe. Die halbseidenen Damen dort waren ziemlich aufdringlich, haben sich aber mit einer Flasche Sekt abwimmeln lassen.« Die Notlüge kam ihm zu seiner Erleichterung glatt über die Lippen.
Graziella beruhigte sich wieder und spöttelte über Frauen, die ein solches Parfüm verwendeten. Torsten war nicht wohl bei ihren Worten, denn jene Hure hatte sich wahrscheinlich
auch ein anderes Leben gewünscht, als für jeden besoffenen Kerl, der ein paar Euro investieren konnte, die Beine breitzumachen. Er war bereits im Sudan und in Afghanistan mit Auswüchsen der Prostitution konfrontiert worden, die ihn abgestoßen hatten. Meist hatten die Mädchen diesen Weg nicht freiwillig eingeschlagen, sondern waren von Verwandten oder vermeintlichen Freunden dazu gezwungen worden. Wer konnte wissen, ob die Frau gestern nicht auch mit Schlägen oder Drohungen zur Nutte gemacht worden war?
»Ach, verdammt! Ich kann doch nicht das ganze Elend der Welt auf mich nehmen!«
Graziella starrte ihn verblüfft an. »Was hast du gesagt?«
»Ich habe nur an die letzte Nacht gedacht. Einige der Kerle, denen ich begegnet bin, gehören besser in den Knast. Mit dieser Waffe sind bestimmt schon Leute umgebracht worden.«
»Dann solltest du sie möglichst nicht benutzen, sonst hängt man dir diese Toten an.« Bei diesen Worten kicherte Petra, sah dann aber selbst ein, dass ihr Scherz missglückt war. »Nichts für ungut, aber …«
»Du hast ja recht! Mich ärgert es, dass ich so einem Lumpen die Hand geben musste, anstatt ihm sämtliche Zähne auszuschlagen.« Torstens Laune war auf den Tiefpunkt gesunken. Was hatte er mit dieser Pistole schon gewonnen? Andererseits wollte er Tallinn nicht unbewaffnet betreten.
Trotz seines Ärgers frühstückte er mit gutem Appetit, während Graziella vor Aufregung kaum etwas hinunterbrachte.
Petra hingegen schlug voll zu. »Ich weiß nicht, wann ich wieder etwas bekomme«, erklärte sie, als sie sich das vierte Brötchen aus dem Korb nahm.
»Du solltest dich beeilen. Ich will in einer Dreiviertelstunde am Flughafen sein«, drängte Torsten.
Petra sah ihn grinsend an. »Ich bin gespannt, wie du den Beamten dort deine Kampfausrüstung erklären willst!«
ELF
T orsten hatte keine Lust, sich wegen seiner neuen Pistole auf eine lange Diskussion mit irgendwelchen Exekutivbeamten einzulassen. Kaum in Schwechat angekommen, schlug er mit seinen Begleiterinnen den Weg zur Flughafenpolizei ein und trat dort an den ersten Schalter.
Ein blau uniformierter Beamter saß dahinter und blätterte in einem Pornomagazin, das ihn so faszinierte, dass er Torsten und die beiden Frauen zunächst nicht bemerkte. Erst als dieser sich zum zweiten Mal räusperte, sah der Mann auf und steckte das Hochglanzmagazin in ein Schubfach.
»Das habe ich vorhin konfisziert. Ich weiß net, was sich manche Leute denken, so einen Schund einschmuggeln zu wollen. Lauter verbotene Sauereien, sag ich Ihnen«, erklärte er dabei im weichen Wiener Dialekt und fragte dann, was Torsten von ihm wolle.
Torsten zückte seinen Dienstausweis und ließ den Flughafenpolizisten gerade lange genug darauf
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