Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
Idee war, die Kameraden aus allen Teilen des Reiches herbeizuholen, um den Schwarzköpfen ihre Grenzen aufzuzeigen.« Ohne sich weiter um seinen Anführer zu kümmern, stellte er den Sender wieder ein.
»… war der ausschlaggebende Grund für die Unruhen. Nach Augenzeugenberichten wurde die zweiundzwanzigjährige Türkin Fadile Sözer willkürlich von einem glatzköpfigen Mann erschossen, der der rechten Szene zuzuordnen ist. Wie Hauptkommissar Trieblinger vorhin der Presse mitteilte, soll es sich dabei um Florian Kobner handeln, der vor mehreren Jahren bei Unruhen in verschiedenen Städten hervorgetreten ist und sich später dem steckbrieflich gesuchten Neonaziführer Rudolf Feiling angeschlossen haben soll. Die Ermittlungsbehörden vermuten daher, dass Feiling hinter dieser Aktion steckt. Laut Hauptkommissar Trieblinger hätte es ein Blutbad gegeben, wäre es nicht einem seiner Beamten gelungen, den Amokschützen mit einem gezielten Schuss zur Strecke zu bringen.«
Feiling fuhr mit kalkweißem Gesicht hoch. »Verdammt! Was hatte Florian dort zu suchen? Ich hatte ihm doch befohlen, Renk zu erledigen!«
»Er war eben ein Pavian ohne Gehirn! Jetzt müssen wir unseren Verstand einsetzen und schauen, wie wir uns aus der
Scheiße befreien, in die er uns gezogen hat.« Hoikens klang äußerst ungehalten, denn in seinen Augen hatte Feiling dieses Desaster zu verantworten.
Der Neonaziführer rieb sich die Schläfen und sah seinen Stellvertreter fragend an. »Wie meinst du das?«
»Erstens: Unser jetziges Quartier ist nicht mehr sicher. Die Bullen werden herausfinden, dass der Pavian in dieser Gegend gesehen worden ist. Zweitens müssen wir uns dringend mit deinem Pfaffenfreund in Verbindung setzen und ihn fragen, ob er ein sicheres Versteck für uns weiß. Auf die Hilfe unserer Kameraden können wir uns nach dem heutigen Tag nicht mehr verlassen. Die würden uns für die Prügel, die sie heute von den Schwarzköpfen einstecken mussten, meistbietend an die Bullen verkaufen. Aus diesem Grund fällt auch unser Ausweichquartier in Sachsen flach. Selbst ein Versteck suchen können wir nicht, denn spätestens in der nächsten Nachrichtensendung flimmern unsere Fotos über sämtliche Bildschirme.«
Feiling schlug mit der Faust auf die Lehne seiner Couch. »Sollen wir dem Pfaffen vielleicht in den Hintern kriechen, damit er uns versteckt?«
»Du kannst natürlich auch auf die Straße hinausgehen und herumbrüllen, dass du der große Führer Rudolf Feiling bist, der Deutschland retten wird!«
Hoikens’ Spott ließ Feiling rot anlaufen. Er wusste jedoch, dass er nach der Pleite, die seine Kampfverbände an diesem Tag erlebt hatten, auf den Sprengstoffexperten angewiesen war, um in der rechten Szene nicht an Boden zu verlieren.
»Wir hätten uns nie mit den Schwarzkitteln einlassen sollen«, sagte er grollend.
Hoikens lachte leise auf. »Wieso nicht? Die haben uns in den letzten zwei Jahren reichlich mit Geld und Informationen versorgt. Außerdem sind sie nicht gerade die besten
Freunde der Mohammedaner – und zudem die Einzigen, die uns jetzt noch helfen können.«
»Dann werde ich mal bei Hochwürden anklingeln.« Feiling fühlte, dass er aktiv werden musste, wenn er sich nicht von Hoikens ausstechen lassen wollte. Mit betont federndem Schritt trat er ans Telefon, wählte eine Nummer und wartete, bis der Anrufbeantworter ansprang.
»Gelobt sei Jesus Christus, der uns errettet hat!« Es war der Code, mit dem er Kranz’ Sekretär mitteilte, dass dieser sich dringend mit ihm in Verbindung setzen sollte. Während Feiling auf den Rückruf wartete, dachte er an jenes schmale Bürschchen, das vor fast zehn Jahren zu einer der Kameradschaften gestoßen war, die er später in seine Kampfverbände eingegliedert hatte. Der Junge hatte so gar nicht dem Bild eines kraftvollen Kämpfers entsprochen und sich auch an keinem Aufzug und keiner Demonstration beteiligt. Intern aber hatte das Kerlchen sehr viel dafür getan, das richtige Gedankengut zu verbreiten. Erst später war herausgekommen, dass es sich bei dem Mitglied dieser Gruppe um einen geweihten Priester handelte. Doch da hatte der junge Mann sie bereits wieder verlassen und war der persönliche Sekretär eines hohen Tiers in der katholischen Kirche geworden. Über ihn hatte Feiling schließlich den Kontakt zu den Schwarzkitteln herstellen können. In einer Hinsicht hatte Hoikens recht: Ihr Bündnis mit Monsignore Kranz hatte ihnen Geld und Sicherheit beschert. Aber nun
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