Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
Informationen nach aufgehalten hatten. Die Villa im Münchner Westen hätte der Verfassungsschutz eigentlich finden müssen, dachte er, während sein Finger von dort in Richtung Unterföhring wanderte. Da der Ort an der S-Bahn zum Flughafen lag, nahm Wagner an, die Gesuchten hätten sich auf diesem Weg aus dem Staub gemacht. Durch seine Beziehungen konnte Feiling jederzeit
an gefälschte Pässe kommen und die Flughafenkontrollen passieren, ohne Verdacht zu erregen. Dafür hätten die beiden Neonazis aber ihr Fahrzeug nicht ausgerechnet in Unterföhring sprengen müssen.
Torsten ging noch einmal sämtliche Indizien durch, die er gesammelt hatte, und zog auch die übrigen Wohnungen in diesem Stockwerk in seine Überlegungen mit ein. Obwohl er die katholische Kirche für eine arg konservative Gemeinschaft hielt, konnte er sich nicht vorstellen, dass Kleriker sich mit Leuten von Feilings Schlag verbündeten. Allerdings war auch die Kirche nur ein Spiegelbild der Zeit, und da mochte es durchaus Priester geben, die sich rechtslastigem Gedankengut verbunden fühlten. Die Buchtitel, die er in den konspirativen Wohnungen entdeckt hatte, deuteten daraufhin.
Torsten ärgerte sich über sich selbst, weil er diese Spur bislang außer Acht gelassen hatte. Mit einem ungeduldigen Schnauben setzte er sich an den Computer. Während er mit Hilfe von Petra Waitls Hackerprogramm die Codes mehrerer Behörden knackte, suchte er nach Hinweisen zu dem Besitzer dieses Stockwerks. Der ermordete Arzt musste die Leute gekannt haben, sonst hätte er Andrea nicht die Wohnung besorgen können.
Torsten erfuhr, dass Normann zunächst mehrere Semester Theologie studiert hatte, bevor er zur Medizin umgeschwenkt war, aber mehr brachte er nicht über ihn heraus. Auch die Suche nach dem Eigentümer der Wohnungen verlief zunächst im Sand. Sie gehörten offiziell einem Bistum in Lateinamerika und waren angeblich für Theologiestudenten von dort gedacht, die in München studierten. In einer Fußnote des Grundbucheintrags stand aber, dass sie an eine österreichische kirchliche Immobilienverwaltungsgesellschaft verpfändet worden waren, die ihrerseits einem italienischen Orden das Nutzungsrecht eingeräumt hatte. Doch
nirgends gab es einen Hinweis darauf, wer die Wohnungen wirklich frequentierte.
Jedes Mal, wenn Torsten glaubte, eine Spur gefunden zu haben, verlief diese im Nichts. Doch während er weitere Versuche startete, nahm ein anderer Gedanke in seinem Kopf Gestalt an. Bislang hatte er den Sprengstoffanschlag auf das Apartment für einen letzten Abschiedsgruß von Hajo Hoikens gehalten. Inzwischen aber zweifelte er daran. Es war nicht dessen Stil, eine so primitive Falle aufzubauen. Hoikens hätte die Sprengladung mit einem Funkzünder ausgestattet und ihn vor der Sprengung noch angerufen, um ihm zu sagen, wer für seinen Tod verantwortlich war. Diese Bombe war von einem Amateur angebracht worden, der gerade genug von solchen Dingen verstand, um den einfachsten Zündmechanismus einzusetzen.
Torsten stand auf und blickte durch den Türspion auf die anderen Wohnungstüren, soweit sie in seinem Blickfeld lagen. Ob jene Leute hinter dem Anschlag steckten, die diese Wohnungen als Unterschlupf benutzten? Ihn juckte es in den Fingern, hinüberzugehen und nachzusehen. Da der Täter mit Sicherheit längst das Weite gesucht hatte, ließ er es jedoch sein. Ihm war durchaus bewusst, dass jederzeit ein neuer Versuch unternommen werden konnte, ihn auszuschalten. Er musste sich dagegen wappnen und eine Warneinrichtung anbringen, aber er verfügte nicht über das dazu notwendige Material. Für einen Moment überlegte er, Wagner anzurufen, um sich die Sachen von ihm schicken zu lassen. Aber der würde ihn höchstens auffordern, in die Kaserne zurückzukehren, und dazu hatte er nicht die geringste Lust.
»Petra muss mir helfen!« Sogleich rief Torsten seine Bekannte an. Es dauerte eine Weile, bis Petra Waitl ans Telefon ging, und als sie sich meldete, klang ihre Stimme verärgert. »Was ist denn?«
»Hallo, Petra, ich bin es, Torsten. Hast du einen Moment Zeit?«
»Eigentlich nicht. Aber da du es bist … Schieß los!«
»Mir hat jemand ein spezielles Ei an die Tür gehängt. Mein Vorgesetzter hat es zum Glück rechtzeitig entdeckt und entschärft. Jetzt bräuchte ich ein paar Kleinigkeiten, um die Wiederholung dieses Scherzes zu verhindern. Könntest du mir das Zeug vorbeibringen? Ich bin zu Stubenarrest vergattert worden.« Innerlich betete Torsten, dass
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