Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
Batista sanft sein Köfferchen und zog eine Medikamentenflasche und eine Spritze mit einer dünnen Nadel hervor.
»Nun kommen uns die Unterlagen über Monteleone zugute. Wir wissen, an welchen Krankheiten er leidet und welche Medikamente er nehmen muss. Das hier gehört dazu,
und wenn er zu viel davon nimmt, öffnet es ihm den Weg ins Himmelreich.«
Während der Priester jede Praline einzeln mit dem Mittel impfte und dabei so vorsichtig vorging, dass keine Spuren zurückblieben, schrieb Lodovico einen kurzen Brief an Graziellas Onkel, in dem er ihre Handschrift meisterhaft nachahmte.
»Lieber Onkel, ich schicke dir diese Pralinen und hoffe, sie schmecken dir und erfreuen dich in deiner Bergeinsamkeit! «, las er vor.
Don Batista runzelte die Stirn, als er einen Blick auf den Text warf. »Den Brief darfst du noch einmal schreiben. Kardinal Monteleone ist einer der Erzkonservativen und würde seiner Großnichte niemals erlauben, ihn anders als mit Sie und Eure Eminenz anzusprechen.«
»Dann sind das ja schon zwei, die darauf bestehen!«, spottete Gianni, der dem Priester die Zurechtweisung noch nicht verziehen hatte.
Don Batista ging nicht auf seine Bemerkung ein, sondern verpackte die Pralinen wieder so geschickt, dass es aussah, als käme die Schachtel frisch aus dem Laden. Dann drückte er das Päckchen samt dem zweiten Brief, den Lodovico gefälscht hatte, Gianni in die Hände.
»Dies wirst du mit den besten Empfehlungen von Signorina Graziella Monteleone nach San Isidoro bringen.«
»Zieh aber ein anderes Hemd an. An das, was du jetzt anhast, würden die frommen Brüder sich gewiss erinnern«, setzte der Archivar grinsend hinzu.
»Idiot!«, knurrte Gianni und wandte sich dann an den Fahrer. »Lass mich bei einem Autoverleih in der nächsten Stadt aussteigen, damit ich den beiden Herren in Schwarz diesen Gefallen tun kann.«
Der Fahrer, der wie Gianni ein Mitglied faschistischer
Kampfverbände war, die zu Fiumettis Partei gehörten, nickte. »Mach ich!« Er trat aufs Gaspedal und überholte einen Kleinwagen.
»Pass auf, dass du nicht in eine Radarfalle gerätst. Wenn die Carabinieri uns aufhalten, gibt es gewaltigen Ärger für dich und deine Chefs«, schalt Lodovico. Aber der Fahrer zuckte nur mit den Schultern und fuhr noch schneller.
Trotz der Befürchtungen des Archivars erreichten sie Arezzo, ohne aufgehalten zu werden, und fanden nach mehrmaligen Fragen einen Autoverleih. Der Fahrer hielt den Kleinbus nach der nächsten Kurve an und ließ Gianni aussteigen.
»Mach deine Sache ordentlich«, mahnte Don Batista.
»Wird schon gut gehen!« Gianni klemmte sich die Pralinenschachtel unter den Arm und zog pfeifend los. Der Fahrer sah ihm einige Augenblicke lang nach und drehte sich dann zu Don Batista um. »Wohin fahren wir jetzt, Hochwürden? «
»Zum Camp. Vorher aber lassen wir Don Lodovico aussteigen. «
Der Archivar hob erstaunt den Kopf. »Was soll ich denn hier?«
»Du wirst dir ebenfalls einen Leihwagen nehmen und ins Kloster San Isidoro fahren. Dort verlangst du, zu Monteleone gebracht zu werden.«
»Aber der Kardinal ist dann wahrscheinlich schon tot!«, wandte Lodovico ein.
»Das soll dich nicht kümmern. Deine Aufgabe ist es, alle Unterlagen, die Monteleone bei sich hat, an dich zu bringen. Es darf nichts im Kloster zurückbleiben, verstanden?«
Lodovico nickte. »Du kannst dich auf mich verlassen!«
Graziella hatte den infamen Plan in allen Einzelheiten mitbekommen und spürte, wie die Angst um ihren Großonkel Löcher in ihren Magen fraß. Gleichzeitig stieg solch ein
Zorn in ihr auf, dass sie diesen verkommenen Priestern am liebsten mit den Zähnen an die Kehle gegangen wäre. Doch so blieb ihr nur, für den Kardinal zu beten und auf die Männer, die sie gefangen hielten, alle Höllenstrafen herabzubeschwören.
VIERUNDZWANZIG
K ardinal Monteleone blickte den Mönch, der in seine Zelle trat, halb verärgert, halb hoffnungsvoll an. »Ist man im Vatikan endlich vernünftig geworden?«, fragte er grollend.
Der Mönch gab keine Antwort, sondern hielt ihm ein in buntes Papier gewickeltes Päckchen hin. »Das ist vorhin für Sie abgegeben worden, Eminenz. Mit den besten Wünschen von Ihrer Nichte.«
Monteleone las die Anschrift auf dem Brief, der dem Päckchen beilag, und schüttelte den Kopf. »Graziella ist meine Großnichte, mein Guter. Ihre Mutter wäre meine Nichte, wenn sie nicht meinen Neffen geheiratet hätte!« Nach dieser etwas verwirrenden Erklärung seiner familiären
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