Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
Heiligkeit vorzulegen.«
Lodovico glaubte dem Kardinal nicht und begann sich in dessen Zelle umzusehen.
»Hier werden Sie nichts finden! Und jetzt wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich wieder allein lassen könnten, damit ich weiterschreiben kann.« Monteleone glaubte damit alles gesagt zu haben, doch so einfach wurde er seinen Besucher nicht los.
»Es ist wichtig! Sie müssen mir helfen, diese Unterlagen zurückzubekommen. Wo könnte Ihre Nichte die Akten versteckt halten?«
Allmählich begann der Kardinal am Verstand des Archivars zu zweifeln. »Warum sollte Graziella wichtige Papiere verstecken? Alle meine Unterlagen liegen bei mir zu Hause. Aber wagen Sie es ja nicht, sie ohne meine Erlaubnis von Graziella zu fordern! Wann sie dem Vatikanischen Archiv übergeben werden sollen, bestimme nur ich und niemand sonst.«
Ohne es zu wissen, verstärkte Monteleone damit Lodovicos Verdacht, er müsse Papiere besitzen, die Winter und weitere Mitglieder der Söhne des Hammers belasteten. Mit einem wütenden Schnauben trat er hinter den Stuhl, auf dem der Kardinal saß, nahm das Kissen vom Bett und presste es dem alten Mann aufs Gesicht.
Monteleone griff danach, um es wegzudrücken, doch im gleichen Moment zog ein Schmerz so durchdringend von seinem Herzen hoch, dass es ihm schier den Brustkorb zerriss. Sein letzter Gedanke galt der Verteidigungsschrift, die den Papst nun wohl nicht mehr erreichen würde.
FÜNFUNDZWANZIG
L odovico starrte auf den Leichnam des alten Mannes, der in seinen Armen zusammengesackt war, und fragte sich, ob er ihn umgebracht hatte oder ob es die vergifteten Pralinen gewesen waren. Erst allmählich begriff er, dass er noch immer das Kissen in der Hand hielt, und warf es mit einer Geste des Abscheus aufs Bett. Mühsam zwang er seine vibrierenden Nerven zur Ruhe und machte sich daran, die Zelle von oben bis unten zu durchsuchen. Doch außer dem Text, den der Kardinal aufgesetzt hatte, war nichts zu finden. Monteleone hatte die Wahrheit gesagt.
Mit einem Fluch warf Lodovico die Blätter auf den Tisch. Der Text war vollkommen harmlos und stellte neben Monteleone auch Kardinal Winter in das beste Licht. Dennoch hielt er es für besser, das Schreiben mitzunehmen. Er steckte es in seine Tasche und nahm die letzten vier Pralinen an sich, die noch in der Schachtel verblieben waren. Dann legte er den Kardinal so auf das Bett, dass es aussah, als habe er sich schlafen gelegt, und klopfte an die Tür.
Der Mönch erschien so schnell, als hätte er draußen gewartet.
Lodovico legte den ausgestreckten Zeigefinger auf den Mund. »Pst! Seien Sie bitte leise. Seine Eminenz war sehr erschöpft und hat sich hingelegt.«
Es war beinahe lächerlich zu sehen, wie der Mönch zusammenzuckte und hastig zurücktrat. Lodovico verließ die Zelle, wartete, bis der Mönch wieder abgeschlossen hatte, und deutete dann auf die Tür.
»Seine Eminenz will nicht gestört werden. Die Ereignisse der letzten Tage haben ihn sehr aufgeregt.«
Der Mönch nickte eifrig. »Er ist ja wirklich nicht mehr der Jüngste. Soll ich Sie hinausführen?«
Lodovico warf noch einen kurzen Blick auf die Tür, hinter der er den toten Kardinal wusste, und machte eine bejahende Geste. In Gedanken aber war er bereits bei Graziella, die Don Batista und er nun wohl härter anpacken mussten.
III. TEIL
UNTER BESCHUSS
EINS
T orsten Renk atmete auf, als die drei Soldaten des Minenräumtrupps nicht nur das Sprengstoffpaket abholten, sondern auch Jürgen und Claudi mitnahmen. Die unverhohlenen sexuellen Angebote des Mädchens waren ihm ebenso auf die Nerven gegangen wie Jürgens grundlose Eifersuchtsanfälle. Nachdem sie weg waren, herrschte eine geradezu paradiesische Ruhe, und er konnte endlich ungestört nachdenken.
Da man einen Killer auf ihn angesetzt und überdies versucht hatte, ihn mit einem Sprengstoffanschlag ins Jenseits zu befördern, war er nun endgültig davon überzeugt, dass Feiling und Hoikens hinter dem Mord an Andrea steckten. Nach Wagners Darstellung war ihnen der Verfassungsschutz dicht auf den Fersen. Das bezweifelte Torsten. Die Inlandsgeheimdienste hatten jahrelang versucht, Feiling zu fassen, und der Mann war ihnen immer wieder durch die Lappen gegangen. Außerdem hatte er, wie es aussah, seinen Abgang gut vorbereitet gehabt.
Von innerer Unruhe getrieben nahm Torsten eine Umgebungskarte von München aus der Kommode, breitete sie auf dem Tisch aus und machte überall dort ein Kreuz, wo Feiling und Hoikens sich seinen
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