Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
er sich an einen Computer, loggte sich unter einer E-Mail-Adresse ein, die er zu Hause niemals verwendete, und las die Nachricht, die ihm seine Kameraden hatten zukommen lassen. Irgendjemand hatte den Zugangscode zur geheimen Seite der Kameradschaft geknackt.
Obwohl Täuberich keinen Beweis dafür hatte, war er sicher, dass Renk dahintersteckte. Er dachte an die fast lächerliche Angst, die Hoikens vor diesem Mann empfand. Renk war keine der kleinen Beamtenseelen, welche die Dienststellen des Bundes zuhauf bevölkerten, sondern ein harter, zu allem entschlossener Mann, der Rache für den Tod seiner Freundin nehmen wollte. Bei dem Gedanken überlief es Täuberich kalt. Schließlich wusste er besser als jeder andere, wer Andrea Kirschbaum umgebracht hatte. Wenn Renk einen der Männer, die davon wussten, in die Finger bekam, würde er mehr als genug herausfinden. Täuberich wagte kaum, an die Konsequenzen zu denken. Er würde in dem Fall froh sein müssen, wenn er nur wegen Mordes abgeurteilt wurde und hinter Gittern verschwand. Wahrscheinlicher war jedoch, dass Renk ihn von demselben Balkon werfen würde, von dem er dessen Freundin gestürzt hatte.
Ich brauche tatsächlich einen Auftragskiller aus Italien, dachte er erregt, am besten einen Mann von der Mafia, der weiß, wie solche Sachen zu regeln sind.
Doch bis ein solcher kam, verging Zeit, und so lange konnte Renk weiter herumschnüffeln. Außerdem schien der Kerl wie eine Katze neun Leben zu haben, denn weder Kobner noch ihm war es gelungen, ihn auszuschalten. Wenn Renk mit einem Mann aus Italien ebenso leicht fertigwurde, bestand die Gefahr, dass er die Verbindungen seiner Gruppe zu den italienischen Ultranationalen aufdeckte. Das aber musste unter allen Umständen verhindert werden.
In dem Augenblick wurde Täuberich klar, dass er keine Chance hatte, Renk auf die harte Tour aus dem Weg zu räumen. Aber da der Kerl zur größten Gefahr für ihre Pläne geworden war, musste er beseitigt werden. Einen Moment lang überlegte Täuberich, ob Hoikens ihn mit seiner Angst vor diesem Mann angesteckt hatte und er Renk deswegen maßlos
überschätzte. Dann schüttelte er den Kopf. In seiner Situation war es besser, jemanden zu überschätzen, als ihn nicht ernst genug zu nehmen.
Er meldete sich aus dem Internet ab, ohne sich die anderen Seiten anzusehen, die er eigentlich hatte aufrufen wollen, bezahlte bei der jungen Kellnerin und ging, ohne deren erstaunte Blicke zu bemerken, die zwischen ihm und der unberührt gebliebenen Tasse Cappuccino hin- und herwanderten.
Um seine Gedanken zu klären, legte Täuberich die Strecke zu seinem derzeitigen Domizil zu Fuß zurück und überlegte dabei angestrengt, wie er Renk unauffällig mattsetzen konnte. Mit einem Mal blieb er stehen und schlug sich gegen die Stirn. Nun hatte er die Lösung! In der Wohnung angekommen, setzte er sich ans Telefon und wählte eine bestimmte Nummer.
VIER
A uf den ersten Blick sahen die Zelte aus wie ein Pfadfinderlager. Sie waren alle vom selben Typ und in schnurgeraden Reihen aufgebaut. In der Mitte befand sich der Platz für das Lagerfeuer und die Kochstelle, und die jungen Burschen, die dort zusammensaßen, miteinander redeten, ihre Schuhe putzten oder sich auch nur die Sonne auf den Bauch scheinen ließen, waren höchstens dreiundzwanzig Jahre alt. Von Pfadfindern unterschieden sie sich jedoch durch die Unterhemden oder T-Shirts in einheitlichem Oliv, die Hosen in Tarnfarben und ihre kurzgeschorenen Haare. Einige der Älteren hatten auf ihre Oberarme das römische Beil mit dem Rutenbündel tätowiert.
Als der Kastenwagen neben den Zelten hielt, drehten sich alle zu dem Fahrer um. Einige riefen Grüße herüber, und ein paar der Burschen kamen herbei, um beim Ausladen zu helfen, falls dies nötig sein sollte. Als Don Batista hinter dem Fahrer ausstieg, grinsten die meisten, und einige deuteten mit anzüglichen, schlecht versteckten Gesten an, was sie von dem Schwarzkittel hielten. Ihr Anführer, ein groß gewachsener Kerl mit breiten Schultern und einem Kopf, der an eine römische Büste erinnerte, empfing Winters Vertrauten jedoch ehrerbietig.
»Willkommen, Hochwürden! Wir freuen uns sehr, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Wie Sie sehen können, sind unsere Jungs in bester Verfassung und brennen darauf, endlich eingesetzt zu werden.«
Don Batista warf einen Blick in die Runde. »Es freut mich, dass alle so guter Laune sind, Colonello Renzo. Mit Burschen wie diesen werden wir unser
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