Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Millionen erwerbstätig waren. 16
Bekanntlich hat Schröders Partei ihrem Partei- und Regierungschef diese Reform nicht verziehen. Schröder wurde abgewählt, als er einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf, mit dem er die Flucht nach vorne suchte, knapp gegen Angela Merkel verlor.
Das alles war wahrlich kein Zuckerschlecken für die deutschen Arbeitnehmer, vielmehr eine extrem hohe Belastung, ja vielfach eine Zumutung, die massiv in die Lebenswirklichkeit vieler Millionen Menschen eingriff und zu einer Zerreißprobe für die deutsche Gesellschaft wurde. Die These, dass Deutschland der große Euro-Gewinner war, ist angesichts dieser Ereignisse geradezu grotesk.
Die schröderschen Reformen, so hart sie auch waren, erwiesen sich indes als Segen für den Arbeitsmarkt, denn dadurch, dass nun weniger Geld fürs Wegbleiben und mehr fürs Mitmachen bezahlt wurde, sanken die Lohnansprüche, zu denen man bereit war, auf die Leistungen des Sozialstaates zu verzichten und in den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln. Wegen der sinkenden Lohnansprüche sanken die Löhne gegenüber dem Trend und im Vergleich zur Produktivitätsentwicklung, und so entstanden allmählich immer mehr Stellen.
Wenn heute, nach dem Ausbruch der Finanzkrise, die deutsche Wirtschaft und der deutsche Arbeitsmarkt im internationalen Vergleich einen guten Eindruck machen, so liegt das maßgeblich an den schröderschen Reformen. Der Erfolg ist aus der Not geboren, zu der auch der Euro beitrug, und nicht dem Euro selbst zu verdanken. Hätte Deutschland die Niedriglohnstrategie nicht verfolgt, dann hätte es seine Arbeitslosigkeit nicht so schnell abbauen können und hätte vermutlich in den letzten zwei Jahren nicht so schnell wachsen können, wie es geschah.
DER EUROPÄISCHE TANGO: FEHLINTERPRETATION DER LEISTUNGSBILANZSALDEN
Aber sprechen nicht die schon lange anhaltenden deutschen Exportüberschüsse dafür, dass Deutschland vom Euro profitiert hat? Immerhin sichert der Export gute Gewinne und Arbeitsplätze, und in ganz Europa beneidet man uns darum.
Die Politiker Europas scheinen allesamt so zu denken, denn immer wieder wird das Exportargument herangezogen, um zu belegen, welche Vorteile die Deutschen vom Euro haben. So erklärte die Bundeskanzlerin, dass »wir uns in Deutschland sehr wohl bewusst sind, dass wir als Exportnation vom Euro in besonderer Weise profitieren«. 24 Vizekanzler Rösler pflichtete ihr mit der Bemerkung bei, dass »Deutschland vom Euro profitiert, weil wir allein 40 Prozent unserer Güter in die Euro-Zone exportieren«. 25 Und als sie noch französische Finanzministerin war, hat die jetzige Präsidentin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, Deutschland immer wieder bezichtigt, den anderen Ländern mit seinem Exportüberhang die Geschäfte kaputt zu machen und deren Wachstum zu behindern. Man dürfe auch nicht, so Frau Lagarde, die Südländer verurteilen, weil sie Importüberschüsse haben, denn die seien ja nun mal das Spiegelbild der deutschen Exportüberschüsse. Deutschland sei für diese Fehlentwicklung genauso verantwortlich wie die Länder Südeuropas. »It takes two to tango«, sagte sie, um den Sachverhalt zu verdeutlichen. Man braucht zwei zum Tango-Tanzen. 26
Wer wollte bestreiten, dass es gut ist, wenn ein Land eine so starke und international wettbewerbsfähige Exportwirtschaft hat wie Deutschland? Dieses Land hat die Weltmärkte mit seinen Industrieprodukten erobert wie kein anderes Land seiner Größe – dank seines Erfindergeistes, seiner Ingenieure und seiner Facharbeiter, die sich auf eine jahrhundertealte Handwerkertradition berufen können. Auch wenn Deutschland nie Exportweltmeister an sich war, war es doch einige Jahre Exportweltmeister bei den Waren, also jenem Teil des Exports, der nicht zu den Dienstleistungen zählt. 27 Erst im Jahr 2009 hat China Deutschland in dieser Hinsicht den Rang abgelaufen. Aber darum geht es bei den Aussagen der Politiker nicht. Es geht vielmehr um die Frage, ob die Exportüberschüsse über die Importe, die sich unter dem Euro aufgebaut haben, ein Beleg für Sondergewinne Deutschlands unter dem und durch den Euro sind, und diese Frage lässt sich keinesfalls so beantworten, wie die zitierten Politiker es suggerieren.
Was die statistischen Fakten betrifft, hat Christine Lagarde natürlich recht. Da der gesamte Euroraum nach außen hin eine weitgehend ausgeglichene Leistungsbilanz hat, muss der deutsche Leistungsbilanzüberschuss sein Spiegelbild in
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