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Die Teilung des Paradieses

Die Teilung des Paradieses

Titel: Die Teilung des Paradieses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Heidenreich
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mit efeubewachsenen Fichten und dunklen Eibenbüschen. Das  gibt so dem traurigen Ereignis den richtigen Anstrich. Graue, trostlose Trauer. Der Himmel weint und die meisten Trauergäste auch oder haben wenigsten Regentränen in den Augen. Friedhofsbesucher huschen flüchtig aufsehend vorbei. Drei, vier Krähen krächzen das letzte Lied zum Abschied. Vielleicht sind es auch Raben, was spielt das für eine Rolle. Der Priester schreitet unbeirrt dem Trauerzug voran. So wie es von ihm erwartet wird, mit würdevoll  gesenktem Blick. Der von hinten über ihn gehaltene Schirm schützt nur unzureichend gegen das Wasser von oben. Das weiße Kollar unter seinem Hals wirkt wie ein Scheinwerfer, wie ein Katzenauge, dass den matschigen Weg vor ihm nach Pfützen und Ästen absucht, die es möglichst unauffällig zu umgehen oder zu überschreiten gilt.
    Dann folgt der glücklich oder auch weniger glücklich Verstorbene, in seiner schmalen, aber dafür regensicheren, letzten Umhüllung aus Eichenholz oder Kiefer auf einem gummibereiften Wägelchen, eskortiert von vier Männern in langen, dunklen Regenmänteln, mit Schirmmützen und weißen Handschuhen. Die Mienen sind ausdruckslos und durch jahrelange Erfahrung zur Perfektion in Trauer eingefroren.
    Der Trauerzug aus dunklen Schirmen schwebt hinterher und mancher Trauernde unter diesem Dach aus Draht und Stoff schaut erst missmutig auf die Uhr, dann zum Himmel und dann wieder auf den nassen, schwarzen Rücken vor ihm.
    Die Rede am Grab ist dann in den meisten Fällen kürzer als der Weg dorthin. Der anhaltende Regen, so gut er auch dem Anlass entspricht, macht, dass die Sachen durchnässen und die Füße langsam kalt werden. Schnell hastet man durch das letzte Gebet, schaut den nächsten Verwandten des armen Verblichenen mit starrer Mine zu, wie sie mit gut einstudierter Theatralik Rosenblätter und etwas Sand in die Grube streuen, sich dann mit gesenktem Blick und nun hemmungslos schluchzend etwas seitlich vom Grab aufstellen, demütig den Blick gesenkt und bereit zum Empfang von nassen Umarmungen und hilflos und stockend vorgetragenen Beileidsbekundungen.
    Nach einem kurzen, unschlüssigen Warten, verabschieden sich die meisten Trauergäste dann mit einem kurzen Nicken in unbestimmte Richtung und streben dem Friedhofsausgang, jetzt erheblich schneller gehend als eben noch, zu. Der Regen...
    Der enge Kreis von Verwandten und Angehörigen bleibt noch zwei Minuten am Grab, einen letzten Gruß andeutend. Aber die Gedanken sind meist beim folgenden Schmaus, der schon vom erhofften Erbe bezahlt wird oder sogar beim Verteilen desselben.
    Wie es dann weitergeht, erfährt der Zuschauer nur selten. Und es ist ihm auch egal, denn das Leben hat natürlich weiterzugehen. Es geht immer weiter. Und schon bald wird der blumenbunte Hügel der zurückbleibt, ein Stück kiesbestreutes Niemandsland sein, oder unkrautwucherndes Biotop über vertrockneten Stiefmütterchen und Primeln. Oder ein kleingärtnerisches Meisterwerk, überragt von gesichtslosem Stein.
    Er schüttelte den Kopf. Über sich. Seine Gedanken gingen manchmal schon merkwürdige Wege. Er konnte nichts dagegen tun. Mag sein, dass es ein Schutzmechanismus war. Viel denken, dann kann man die Gedanken steuern. Wer nicht denkt, wird irgendwann in geistiger Leere enden.
    Langsam ging er auf die Kapelle zu. Die Doppeltür des roten Backsteinbaus stand weit offen. Links stand diskret ein schwarzer Leichenwagen im Schatten geparkt. Sonst sah er niemanden weiter. Er war zu spät. Die Trauerfeier war offensichtlich schon vorbei.
    Er setzte sich auf die kleine Bank neben der Kapelle in den Schatten und lockerte den Krawattenknoten. Ihm fiel ein, dass er noch Blumen besorgen sollte. Aber eigentlich kam es ihm seltsam vor. Irgendwie nicht richtig. Verstellt. Unehrlich. Er beschloss, darauf zu verzichten. Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und lauschte auf das Rauschen der alten Bäume.
    Merkwürdig, dachte er. In den letzten Jahren hatte sich die ganze Welt verändert. Er hatte sich verändert. Und alle die er kannte. Nur hier, hier war alles so geblieben wie es war. Gab es doch diese materielle Unvergänglichkeit? Und war sie vielleicht deshalb hier nur so stark zu spüren, weil man eben nur hier mit der menschlichen Vergänglichkeit so intensiv in Berührung kam?
    Er hatte sich schon oft Gedanken um ewiges Leben, Wiedergeburt und Zerfall gemacht. Er hatte nie die Scheu vor dem Tod und den Umgang mit ihm gespürt. Als er den ersten toten

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