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Kontinuum des Todes

Kontinuum des Todes

Titel: Kontinuum des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. C. Tubb
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1.
     
    Als er nach einer Ewigkeit wieder sehen konnte, starrte Varl auf seine Hände und betrachtete verwundert die unverletzte Haut, die intakten Knochen und Fingernägel. Diese Hände waren eben noch ein alptraumhafter Schrecken gewesen: verbrannt, verstümmelt, die Fingerspitzen blutende Stümpfe, die Knöchel eingedrückt, die Haut voller Knochensplitter.
    »Hier.« Eine Gestalt neben ihm hielt ihm eine Tasse mit einer blaßblauen Flüssigkeit entgegen. »Das wird helfen.«
    Der Mann besaß unter seinem eng anliegenden Kittel einen formlosen Körper, sein Gesicht war maskiert, an den Händen trug er Handschuhe. Ein Geschöpf absoluter Anonymität – selbst leichte Schwankungen in seinem Tonfall waren genau berechnet. Die Tasse, die er festhielt, bestand aus einem zerbrechlichen Kunststoff, der sich in Staub auflöste, wenn man ihn fallen ließ. Varl beachtete das Gefäß gar nicht, sondern konzentrierte sich auf seine Hände, erinnerte sich an das, was man ihnen angetan hatte.
    »Subjektive Bestrafung«, erklärte die Gestalt im Kittel. »Eine Illusion, die durch entsprechende elektrische Reize im Kortex ausgelöst wird. Hätte man die Stromstärke heraufgesetzt, hätte Ihr Körper mit einem psychosomatischen Spiegel-Effekt reagiert. In unserem Fall hier hatten Sie nur geistige Strafen zu ertragen.«
    Nur?
    Höllische Todesqualen hatte er ausstehen müssen, während man seine Gliedmaßen mit Feuer und Stahl bearbeitet hatte. Die Qualen waren mehr als realistisch für ihn gewesen. Schwach erinnerte er sich an wahnsinniges Geschrei und spürte plötzlich seine trockene Kehle. Hatte er gebettelt, gewimmert, geflucht, gebetet?
    »Ich denke, Sie sollten das trinken.« Der Mann hielt ihm die Tasse erneut hin. »Ihrem Körper ist Flüssigkeit entzogen worden, zusammen mit wichtigen Chemikalien. Wir wollen nicht, daß Ihr Körper unter eine gewisse physische Konditionsschwelle fällt.«
    »Warum nicht?« Varl musterte den Mann, den Raum, in dem er sich befand, den Stuhl, auf dem er saß. »Steht mir noch mehr bevor?«
    »Strafe? Die Gerichte …«
    »Sie elende Kreatur! Sie sadistischer Bastard, Sie …«
    »Nur ruhig!« Die behandschuhte Hand kam näher. »Trinken Sie das! Trinken Sie!«
    Die Tasse zersprang, ein bläulicher Belag legte sich auf den Handschuh, der sie gehalten hatte, auf den Kittel des Mannes. Dann gab er Alarm, als Varl aufsprang und mit beiden Händen nach ihm griff.
    »Wachen!«
    Sie waren heran, als seine Finger sich zur tödlichen Umklammerung schlossen. Sein Griff lockerte sich, als Varl plötzlich eine Lähmung durch den Körper fuhr, die ihn zur Seite stolpern und stürzen ließ, wobei er sich die Stirn an einer Tischkante blutig schlug und ihm Blut über die Wangen und das Kinn lief.
    Dann waren die Wachen über ihm, rissen ihm die Arme auf den Rücken, jagten ihm noch weitere Lähmungspfeile in die Blutbahn. Plötzlich war Dunkelheit, und als er zu sich kam, befand er sich wieder in seiner Zelle.
    Das war ein quadratischer Raum mit einer Liege, einer Schüssel, Waschgelegenheit und sonst nichts. Eine leuchtende Platte an der Decke lieferte das Licht. Die Ausgangstür war fest mit der sie umgebenden Wand verbunden. Dies war eine abgelegene Isolierstation, in die kein Laut hinein oder hinaus drang. Ein Grab für einen lebendig Begrabenen.
    Man hatte Varl auf der Liege abgelegt, und jetzt richtete er sich auf, verschränkte die Beine vor dem Körper und lehnte sich an die Rückwand. Sein Kopf brummte, seine Nerven zuckten noch von den Einwirkungen der Drogen und der Bestrafung. Die Wunde an seiner Stirn war mit einer durchsichtigen Lösung besprüht worden und juckte ein wenig, Varl machte aber keinerlei Anstrengung, sich dort zu kratzen. Statt dessen entspannte er sich, schloß die Augen und schickte seine Wahrnehmungssinne aus, um seine Umgebung zu erforschen.
    Diesen Trick hatte er vor langer Zeit gelernt, als er noch jung und begierig darauf gewesen war, das Weltraumabenteuer zu suchen. Fremde, exotischen Welten wollte er in seinem Leben kennenlernen, und gefunden hatte er nur Langeweile und Enttäuschungen – und viel zu oft hatte er das Tier kennengelernt, das sich manchmal in einem Menschenkörper verbarg. Im All hatte er aber auch gelernt, Vibrationen wahrzunehmen, die von einer Bewegung, einem Wort, einem Geräusch ausgingen. In einem so abgeschlossenen Behältnis wie einem Raumschiff ging nichts verloren, wurden Geräusche von der Außenhülle aufgefangen und, dabei schwächer

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