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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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überrascht fest, daß sie nicht mehr das graue Büßergewand trug, das Abbé ihr gegeben hatte, sondern ihr eigenes Gewand, das, in dem sie das Dorf verlassen hatte. Otto hatte es zerrissen, aber nun war es wieder unversehrt. Der Riß, der es fast bis zum Bauchnabel hinunter geteilt hatte, war mit fast filigranen kleinen Stichen geflickt worden, und allem Anschein nach hatte man das Gewand auch gewaschen. Früher war ihr dieses Kleidungsstück immer ärmlich und grob vorgekommen, aber nach einer Woche, in der sie sich die Haut am harten Sackleinen des Büßerkleides wundgescheuert hatte, kam es ihr vor, als trüge sie die Robe einer Königin. Außerdem war dieses Gewand das letzte, was ihr von ihrem ganzen früheren Leben geblieben war. Fragend sah sie Salim an. »Bruder Abbé wollte es schon wegwerfen«, sagte der Tuareg. »Aber ich habe es gewaschen und ausgebessert. Eigentlich wollte ich es dir geben, wenn du uns wieder verläßt, aber der Moment jetzt erschien mir passender. Das Büßerkleid, das du letzte Nacht getragen hast, sah aus, als hättest du eine Kuh darin geschlachtet und ausgenommen.« Robin sparte sich die Frage, wer sie aus- und wieder angekleidet hatte. Dafür deutete sie mit zweifelndem Gesicht auf die feinen Stiche. »Du?« Selbst ihre Mutter hätte die Reparatur nicht geschickter ausführen können.
    »Ich bin ein Mann mit vielen Talenten«, grinste Salim.
    Robin unterdrückte im letzten Moment ein Lachen. Das hätte ihrem Hals nicht gutgetan, und nach allem, was in der letzten Nacht und am Tag zuvor geschehen war, erschien es ihr unpassend, in diesen Mauern noch einmal fröhlich zu sein.
    Sie erhob sich nun vollends. Salim beobachtete sie aufmerksam, erhob aber noch immer keine Einwände, und so begab sie sich mit langsamen, kleinen Schritten zum Fenster und sah hinaus. Das Zimmer lag im oberen Stockwerk des Turms, war aber nicht dasselbe, das sie zuvor bewohnt hatte. Aus der großen Höhe betrachtet, nahmen sich die Spuren des Kampfes so harmlos und unbedeutend aus, daß sie sich für einen Moment fragte, ob nicht vielleicht alles nur ein böser Traum gewesen war.
    »Jeromé und Abbé möchten mit dir sprechen«, sagte Salim nach einer Weile. »Ich soll ihnen Bescheid geben, sobald du wach bist. Wenn du willst, sage ich ihnen, daß du zu erschöpft dazu bist.«
    »Jeromé?« fragte sie. Was wollte der Kreuzritter noch von ihr? Sie hatte doch alles gesagt, was er ihr aufgetragen hatte!
    »Du mußt dich vor ihm in acht nehmen«, sagte Salim. »Er ist gefährlich. Er war von Anfang an dagegen, daß du hier bist. Wäre es nach ihm gegangen, dann hätte ich dich draußen vor dem Tor verbluten lassen, wußtest du das?«
    Sie verneinte. Sie hatte es nicht gewußt, aber es wunderte sie auch nicht.
    »Im Augenblick braucht er dich«, fuhr Salim fort. »Gunthar wird wiederkommen und mehr Einzelheiten wissen wollen. Aber sei trotzdem auf der Hut. Sprich nur mit ihm, wenn du mußt, und überlege dir jedes Wort genau. Ich glaube, er sieht in dir eine Möglichkeit, Bruder Abbé zu Fall zu bringen … Hast du ihm… alles erzählt?«
    Sie drehte sich vom Fenster weg und sah Salim lange und prüfend an, ehe sie auf seine Frage reagierte. Salim warnte sie vor Jeromé, und das mit Recht. Aber sie war nicht mehr sicher, ob sie Salim trauen konnte. Er war nicht der, der er zu sein vorgab. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Das ist gut«, sagte Salim. »Dann solltest du es auch dabei belassen. Jeromé ist wirklich gefährlich. Wenn er hat, was er von dir will, dann wird er keinen Moment zögern, sich deiner zu entledigen.«
    »Du meinst, er… wird mich… töten?« fragte Robin.
    »Das hat er mit seiner Geschichte im Grunde schon getan«, behauptete Salim. »Hast du den Ausdruck in Gernots Augen nicht gesehen? Er muß dich töten, weißt du? Gernot ist nicht sicher, ob du gestern nacht gelogen hast oder ob du dich nur nicht erinnerst. Solange du lebst, bist du eine Gefahr für ihn. Jeromé weiß das - und ich glaube nicht, daß er es sehr bedauert.« Er stand auf, kam aber nicht näher. »Sieh zu, daß du zu Kräften kommst, Robin. Solange du hier in der Komturei bist, kann ich dich beschützen, aber ich weiß nicht, wie lange du noch bleiben kannst.«

KAPITEL 24
    Wenn es etwas gab, was Robin im nachhinein noch mehr erschreckte als die Greuel jenes schrecklichen Tages und jener nicht minder furchtbaren Nacht, dann die Schnelligkeit, mit der das Leben in der Komturei wieder zu seinem normalen Rhythmus

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