Die Terranauten 035 - Die Piraten-Loge
Berechnungen der Cosmoralität und den Auswertungen der Computer auf Shondyke«, sprach die Frau mit der schwarzen Uniform milde weiter, »sind rund achtzig Treiberschiffe während der Verfolgungen vor und nach der Zoe-Krise verschwunden. Ein Teil dürfte zerstört sein, doch es gibt Beweise, daß sich zumindest einige Logen neu rekrutiert haben. Sie überfallen die unbewachten Containerschlepper, rauben sie aus oder programmieren sie um und verkaufen die Fracht auf dem Schwarzmarkt irgendwelcher Kolonien. Versorgungslücken gibt es überall.«
»Die Garden müßten in der Lage sein, den Schwarzmarkt trockenzulegen …«
Der Schatten schnitt der Queen das Wort ab. »Wenn wir das tun, dürfte es auf vielen Planeten zu offenen Aufständen kommen. Die Frachter des Konzils reichen nicht aus, um jede Welt ausreichend zu versorgen. Sie kennen die Schwierigkeiten. Nein, wir müssen den Logen bereits im Ansatz das Handwerk legen. Wenn es wegen der Versorgungslücken zu Beschwerden seitens der Humos kommt, können wir ruhigen Gewissens auf die Sabotage der Treiber verweisen. Man wird dann nicht mehr dem Konzil die Schuld an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten anlasten, sondern diesen PSI-Ungeheuern. Nebenbei dürfte dies auch die Stellung der Terranauten schwächen.«
Die Queen lächelte. Ein guter Plan, dachte sie. Ein Schatten-Plan …
Plötzlich drehte die Frau hinter der Queen den Kopf und fixierte mit ihrem roten Sehband einen der Monitore. Das rote Leuchten wurde intensiver. »Was ist das?« fragte der Schatten.
Alian tippte über die Sensorknöpfe ihres Schaltpultes. Das Bild auf dem Zentralmonitor flackerte und wurde dann wieder scharf. Im oberen Drittel glänzte ein langgestrecktes, zigarrenförmiges Band zahlloser Punkte.
»Mothers Little Children«, antwortete sie ruhig. »Ein Meteorschwarm.«
Der Schatten wirkte verblüfft. »Hier? Im leeren Raum?«
Wieder verstellte die Queen einige Schaltungen. Der Schwarm wanderte ins Zentrum des Bildschirms, und ein weißer, heller Punkt wurde sichtbar. »Das ist Little Mother«, erklärte Alian. »Ein Weißer Zwerg, derzeitige Entfernung etwas mehr als ein Lichtjahr. Der Meteorschwarm umkreist die Sonne in einer weiten, elliptischen Bahn und gelangt nur alle hundertzwanzigtausend Jahre in unmittelbare Sonnennähe. Dieses astronomische Phänomen ist bekannt und bedeutet keine Gefahr. Ich …«
»Geben Sie Alarm«, verlangte die Frau mit dem Nebelgesicht. »Sofort!«
Alian gehorchte.
Das dumpfe Schnarren des Bereitschaftsalarms vibrierte durch die STEELFIST. Die kühle Gelassenheit, die bislang in der Zentrale geherrscht hatte, machte einer plötzlichen Spannung Platz.
»Ich verstehe nicht, Schatten«, sagte die weißhaarige Kommandeuse unwillig. Ein wenig mürrisch fragte sie sich, was sich Shondyke dabei gedacht hatte, einen Schatten mit Alpha-Legitimation zu ihr an Bord zu schicken.
Achtzig Jahre lang hatte sie den Garden treu gedient, und nun mußte sie die Befehle einer Frau ausführen, deren Gesicht sie noch nicht einmal kannte. Aber ihre Unzufriedenheit verschwand so schnell, wie sie gekommen war, und versickerte hinter den Blockaden, die die Gehirnoperation in ihrem Geist errichtet hatte.
Der Schatten ignorierte Alians Bemerkung. »Sorgen Sie dafür«, befahl die schwarzuniformierte Frau weiter, »daß Mothers Little Children ständig in der Ortung bleiben. Dieser Schwarm scheint mir ein ausgezeichnetes Versteck für ein Piraten-Schiff zu sein.«
»Unwahrscheinlich«, bemerkte Alian, und sie verbarg ihren Spott nicht. »Innerhalb des Schwarms toben ständig heftige Magnetstürme – von den komplizierten Navigationsverhältnissen ganz zu schweigen. Es wäre Selbstmord.«
»Auch für Treiber?«
»PSI ist kein Allheilmittel«, gab die Queen zurück.
In ihrem Ohrempfänger knackte es leise. »Der Schwarm wurde erneut abgetastet«, meldete sich die Ortungsstation. »Keine verdächtigen Emissionen.«
»Sie haben es gehört, Schatten?«
Hinter dem Nebel, den die Multisensorische Maske vor ihrem Gesicht schuf, schien die Frau zu lächeln. »Ich höre alles.«
Alian zuckte die Achseln und konzentrierte sich auf die Daten, die der Bordcomputer auf ihrem Monitor aufblitzen ließ. Der Check-In der Containerschlepper ging zügig voran. Zum Glück, dachte die Kommandeuse erleichtert, gab es keine ernsteren Schäden. Hier und da – vor allem im unmittelbaren Bereich der KK-Triebwerke – mußten einige Mikroprozessoren und Supraleiter ausgetauscht werden. Wenn
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