Die Terranauten 037 - Sternenlegende
anderen Seite; er war bei Bewußtsein, tief verwirrt. Noch verstand er nicht ganz, was mit ihm geschehen war. Narda sah ihn, aber sie hörte ihn nicht mehr. Sie wollte ihm etwas zurufen, aber noch immer hielt die Lähmung an. Dann geriet die voluminöse Gestalt außer Sicht, als die zwei Männer mit ihr in die Halbkugel eintraten.
Narda spürte nur undeutlich, wie sie an mehrere Geräte angeschlossen wurde. Etwas Kaltes strich über ihre Haut; ihr Denken zog sich zurück.
Als sie wieder herausgetragen wurde, war alles stumm. Die zwei Weißgekleideten betteten sie auf eine andere Liege. Einige Minuten lang waren ihre Augen starr auf die Decke über ihr gerichtet, dann krümmte sich ihre zierliche Gestalt plötzlich zusammen, und sie stieß einen wimmernden Laut aus. Tränen entstanden in ihren Augenwinkeln, flossen über die geröteten Wangen, tropften auf den braunen Haarschopf. Eine breite Hand strich über ihre Stirn.
»Es tut mir so leid«, hauchte Rollo. Er schaute hinab auf die verkrümmte Gestalt der Zwölfjährigen, die ihn gar nicht zu bemerken schien. »Es tut mir so leid.«
Er sah auf, und sein Blick traf auf Greeny und Whity, die in die Halbkugel geführt wurden. Sie hielten sich an den Händen, so, als wenn dann alles leichter zu ertragen wäre. Rollo bewunderte die Zwillinge einen Augenblick lang. In wenigen Augenblicken, würden auch sie stumm sein. Kalte Instrumente warteten auf sie, die den Faktor PSI ausmerzten. Für immer.
Rollo kämpfte die Verzweiflung in sich nieder und sah wieder hinab auf die leise schluchzende Narda. Alles, was sie je gehabt hatte, waren ihre PSI-Fähigkeiten gewesen. Ein Mädchen, dessen Eltern vor Jahren umgekommen waren. Ein Mädchen, das jahrelang mit Asen-Gers Loge durch die Weiten der Sternenräume gezogen war, eine der besten und begabtesten Treiberinnen überhaupt.
Jetzt war sie nicht mehr als ein wimmerndes Kind, das Hilfe brauchte, jemanden, der ihr den Weg wies.
Irgendwo in der weitläufigen Halle gab es einen Zusammenstoß zwischen Treibern, die sich nicht einfach mit ihrem Schicksal abfinden wollten, und den Sicherheitskräften. Rollo nahm das nur am Rande zur Kenntnis. Er strich erneut über die Stirn des Mädchens.
»Weine nicht«, sagte er leise. Auch in ihm war jene tiefe Verzweiflung, die jeden Lebenswillen ersticken wollte.
Aber er hatte jetzt eine Aufgabe, und er verbannte alles andere in den hintersten Winkel seines Bewußtseins.
All das, dachte er dumpf, was die Schergen Valdecs noch mit uns vorhaben, kann nicht annähernd so schlimm werden wie das, was man uns hier angetan hat.
*
Taschkanur, vierter Planet der Doppelsonne Reshnan, 1907 Lichtjahre von der Erde entfernt; Mitte des Jahres 2501 Terra-Normalzeit.
Turg al Togman, der Wanderer, stieß einen für menschliche Ohren unhörbaren Laut aus, und der Begleiter, dessen vertraute Wärme er unter sich spürte, verharrte. Das monströse, krötenähnliche Geschöpf warf den Kopf hin und her. Turg berührte schnell einen bestimmten Nervenpunkt; der Begleiter schnaufte schwer und wurde dann ruhiger.
Der Wanderer zog die Kapuze seines kuttenähnlichen Gewandes, das ihn vor Auszehrung schützte, ein wenig aus der Stirn und sah sich um. Sein Blick fiel auf die leise gluckernde schwarzbraune Masse von Die-Alles-Schufen. Seine breiten Nasenflügel bebten, als das so lange entbehrte und doch sofort wieder vertraute Konglomerat des Heimatduftes an seine Geruchspollen drang. Ein Zittern durchlief seinen Körper, und sein Geist war von Frohlocken erfüllt.
Ich bin wieder da.
Der Begleiter grub seine hinteren Sprungbeine tief in die ersten Ausläufer der nachgebenden Masse. Turg al Togman legte den Kopf in den Nacken und starrte hinauf zu jenem lohenden Ball, der Vorsicht gebot. Maliut-Zeit. Turg al Togman war in dieser Zeit geboren, er kannte nichts anderes. Aber die Alten erzählten von besseren, angenehmeren Zeiten, und wenn man ihnen glauben durfte, dann war die Maliut-Zeit nur ein Übergang. Er selbst würde es nicht mehr erleben, aber die nachfolgenden Generationen. Und während des Mesalith-Stabils würden seine Kinder und Kindeskinder es nicht mehr nötig haben, nur in Schutzkutten über die obere Welt zu wandeln. Es hieß, daß man sich während des Mesalith-Stabils in seiner wirklichen Gestalt der feurigen Lohe preisgeben konnte, ohne befürchten zu müssen, so große Mengen der Lebenskraft zu verlieren, daß die Schatten des Todes aufstiegen.
Turg al Togman stieß erneut einen
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