Die Terranauten 037 - Sternenlegende

Ende.«
    Rollo sah kurz zur Seite. Sein Gesicht nahm einen weichen Ausdruck an, mit einer Spur von Mitleid.
    »David ist tot, Narda. Umgekommen auf Zoe. Zusammen mit all den anderen, die an Bord waren. Es gibt keinen Widerstand gegen Valdec und die Kaiserkraft. Nicht mehr.«
    Die letzten Worte murmelte er nur.
    Das Mädchen biß hart die Zähne zusammen.
    Das ist nicht wahr! schrie eine Stimme in ihr. David lebt!
     
    *
     
    Mal Bakrit starrte gedankenverloren aus dem breiten Fenster seines Büros. Draußen war vor wenigen Augenblicken ein MHD-Gleiter auf dem schmalen Landefeld des Internierungslagers niedergegangen. Der jetzt auch in dieser Region rasch stärker werdende Wind zerrte an dem Fahrzeug, ohne es jedoch aus seinen Verankerungen lösen zu können.
    Ein Kurier, dachte der Lagerleiter: Wahrscheinlich mit neuen Anordnungen.
    Die Tür seines Büros wurde geöffnet, und Bakrit wandte sich langsam in seinem Sessel um. Er zuckte unmerklich zusammen, als sein Blick auf den Hereintretenden fiel.
    Ein Grauer.
    Der hochgewachsene, schlanke Mann trug einen dunkelgrauen Kampfanzug. Sein Gesicht war ohne jeden deutbaren Ausdruck, und seine Augen wie zwei dunkle, unergründliche Trichter, die alles in sich aufzusaugen schienen.
    Bakrit fühlte, wie eine Gänsehaut seinen Nacken hinabstrich. Er wußte natürlich, daß in Olunyan eine kleine Einsatzgruppe dieser gnadenlosen Kämpfer stationiert war, aber nur sehr selten ließ sich jemand von ihnen im Lager sehen. Offiziell ließ man ihm den Befehl über die hier Internierten, aber das änderte nichts daran, daß auch er nur ein Befehlsempfänger war.
    »Ja?«
    Der Gardist trat näher und reichte Bakrit einen versiegelten Umschlag. »Ich habe Ihnen dies zu überbringen.« Bakrit nickte und spürte, wie seine Sicherheit zurückkehrte. Er nahm den Umschlag entgegen, wartete einen Augenblick und sah dann auf.
    »Ist noch etwas?«
    »Sie haben den Empfang zu bestätigen«, entgegnete der Graue regungslos. Bakrit holte das Versäumte rasch nach und war froh, als der Gardist sein Büro wieder verließ. Kurz darauf heulten draußen die Maschinen des Gleiters auf, und das Fahrzeug verschwand in Richtung Wabenstadt, der einzigen größeren Ansiedlung, die bisher auf dieser Welt existierte.
    Bakrit atmete auf, als sei ein schwerer Druck von ihm genommen. Er haßte diese grauen, auf irgendeine Weise nicht faßbaren Gestalten. Vielleicht deshalb, weil er sich in ihrer Gegenwart oft unsicher und nervös fühlte. Die Tür öffnete sich erneut. »Etwas Neues?« fragte Lashra, sein erster Sekretär. Bakrit nickte und öffnete dann den Umschlag.
    ALPHA-ORDER – ANWEISUNG STRENG VERTRAULICH
    Bakrit nickte erneut. Genau das hatte er erwartet.
    »Ein neuer Transport«, sagte er, als er die Order durchgelesen hatte. »Diesmal sind es gleich vierundzwanzig Personen.«
    Lashra hob die Augenbrauen.
    »So viele? Das gibt Ärger …«
    »Ärger gibt es immer.«
    Lashra setzte sich, holte eine lange Liste mit Namen und persönlichen Angaben aus einem verschließbaren Fach und schüttelte den Kopf.
    »Bis jetzt waren es immer nur wenige. Ein so großer Transport – das muß auffallen.«
    Trotz seines Einwandes machte sich der Sekretär daran, die Betreffenden aus der Liste zu streichen.
    »Und wenn schon«, entgegnete Mal Bakrit und sah sein Gegenüber an. »Was können sie schon unternehmen? Sie haben keine PSI-Fähigkeiten mehr. Und das Jahr hier hat ihren Widerstandswillen vollkommen ausgemerzt. Nein, von der Seite aus haben wir nichts zu befürchten.«
    »Wenn sie merken, daß einige ihrer Kameraden spurlos verschwinden, könnte es zu einem Aufstand kommen. Eine Flucht …«
    »Wohin?« lachte der Lagerleiter. »Mein lieber Lashra, bleiben Sie auf dem Boden der Tatsachen. Dieses Lager hier ist eine Oase. Dort draußen ist die Hölle.«
    Er lachte erneut. »Warum, meinen Sie, haben wir keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen während des Einsatzes von Arbeitsfahrzeugen ergriffen? Erstens ist die Reichweite der Raupen beschränkt – sie kommen damit keine achtzig Kilometer weit, ohne auftanken zu müssen –, und zweitens: Wohin sollten sie sich auch wenden? Nur hier im Lager sind sie sicher, und das wissen sie alle.«
    Er überlegte kurz.
    »Sie kennen die Order, Lashra. Die Namen haben Sie; veranlassen Sie das Nötige.«
    Sein Sekretär nickte, erhob sich und verließ das Büro. Bakrit drehte sich wieder um und starrte hinaus. Der Sturm schien Staub und Sand in den Himmel zu