Die Terranauten 038 - Nardas Kampf
Gestalt aus den Augenwinkeln. »Die Polizei. Wenn sie unsere Identifikationskarten genauer untersucht …«
»Ihr … Ihr seid Touristen«, stammelte der Mann undeutlich. Sein Blick flackerte. »Bitte … Nehmt mich mit … Zu den Sternen … Hinaus … In die Leere.« Andere Gestalten kamen hinzu, umringten die Treiber.
Narda schluckte. Die Heruntergekommenen erinnerten sie unwillkürlich an die Nomans auf der Erde, aber diese Kaste der Ausgestoßenen existierte auf den Kolonialwelten nicht. Fast zwei Jahre waren vergangen. Hatte diese Zeit ausgereicht, um das Kastensystem zu verändern?
Sie blickte noch einmal in die Augen des Stammelnden.
Und plötzlich glaubte sie, dort etwas Vertrautes entdeckt zu haben. Eine Befürchtung entstand in ihr, dumpf und entsetzlich, und für einen Sekundenbruchteil öffnete sie ihren PSI-Sinn.
Nichts. Sie konnte den Gedankeninhalt der Heruntergekommenen nicht aufnehmen. Da war nur ein formloses Wispern, unverständlich und nichtssagend. Einen stärkeren telepathischen Zugriff wagte sie nicht.
»Treiber«, kam es leise über ihre Lippen. »Operierte Treiber!«
*
Entsetzen und Wut schnürten ihr die Kehle zu. Sie sah in die flehenden Gesichter der Heruntergekommenen. Die Sterne! Ihr ganzes Verlangen galt den Weiten des Alls, und doch würden sie nie wieder die Planetenoberfläche verlassen. Operierte Treiber! Treiber, die nie am Widerstand gegen das Konzil und Valdec teilgenommen hatten, aber wegen ihrer besonderen Fähigkeiten einen potentiellen Unruheherd gebildet hätten. Valdec hatte sich auf kein Risiko eingelassen. Er hatte aufgeräumt, auf der ganzen Linie!
»Unfaßbar!« stöhnte Errehan.
Die Stummen Treiber waren gebrochen, psychisch und körperlich; sie waren zu Nomans der Kolonien geworden, Menschen, denen niemand Arbeit gab, um nicht in den Verdacht zu geraten, insgeheim ihre Sache zu unterstützen. O ja, Valdec konnte die Gebrochenen in Freiheit lassen. Von ihnen ging keine Gefahr mehr aus.
Narda ballte die Hände zu Fäusten und schloß für einen Augenblick die Augen. Yamarahan bildete gewiß keine Ausnahme. Auf vielen Welten des Sternenreiches mußte es ähnlich aussehen. Wenn sie jemals Zweifel gespürt hatte, ob der Widerstand gegen Valdec und seine Kaiserkraft sinnvoll war, so war er jetzt ausgeräumt.
Erschrecken zeigte sich plötzlich auf den Gesichtern der Stummen Treiber, und gleich darauf liefen sie davon. Das Treiberheim war ihr Zuhause, einst Sprungbrett zu den Sternen, jetzt nur noch eine Baracke.
»Was …?« begann Kar Dougster, dessen Gesicht blaß war.
Sie drehten sich um – und erstarrten. Ein gutes Dutzend Meter hinter ihnen war ein schlanker MHD-Gleiter gelandet.
Vier Uniformierte stiegen heraus und kamen langsam auf sie zu.
Polizei!
»Ganz ruhig«, murmelte Narda und schnitt ein betont gleichgültiges Gesicht, obwohl alles in ihr danach drängte fortzulaufen, so schnell sie konnte.
»Dieses Areal ist für Touristen gesperrtes Gelände«, sagte ein hochgewachsener Polizist mit ausdrucksloser Miene. »Das ist Ihnen bei der Einreise mitgeteilt worden.«
Narda unterdrückte die Angst.
»Oh, das tut uns leid«, sagte Errehan. »Entschuldigen Sie, wir haben es vergessen. Es wird nicht wieder vorkommen.«
Der Mann nickte langsam und musterte sie eingehend. Seine drei Kollegen warteten hinter ihm. Ihre Hände lagen lässig über den Kolben der Waffen.
Narda dachte daran, was geschehen würde, wenn die Uniformierten dahinterkamen, wer sie wirklich waren. Sie sah den flackernden Blick, die ausgemergelten Gesichter der Stummen, und ihr Innerstes verhärtete sich. Um nichts in der Welt würde sie sich noch einmal internieren lassen.
Die geheimnisvollen Transporte, mit denen nichtoperierte Treiber fortgeschafft wurden? Warum waren alle Treiber mit einem Potential von über hundert Psi nur mit einem starken Dämpfungsmittel behandelt worden? Was hatte Valdec mit ihnen vor?
Die Begegnung mit den Stummen Treibern, die niemals aktiven Widerstand gegen Valdec geleistet hatten, zeigte deutlich, daß von diesem Mann keine Gnade zu erwarten war. Die Nichtoperierten mußten also Teil eines Plans sein, und Narda hatte kein Interesse daran, am eigenen Leib zu erfahren, was dahintersteckte. Sie wußte nur, daß diese Information unbedingt David terGorden erreichen mußte. Die freien Treiber und Terranauten mußten wissen, daß es noch Freunde gab, die ihre Begabung nicht verloren hatten. Wenn es gelang, diese Verschleppten ausfindig zu machen
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