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Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Titel: Die Terranauten 055 - Das Wrack-System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Roland
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den Terranauten, anscheinend nur so wimmelte. Dennoch verspürte sie keine echte Besorgnis. Sie war gegen alles gewappnet. Wahrscheinlich beruhte ihre Unsicherheit nur auf Mangel an praktischen Erfahrungen.
    Der Treiber betrat die Zentrale inmitten der sechs Graugardisten, als sei es eine Form nachsichtiger Höflichkeit, von ihren athletischen Gestalten, die ihn fast einkeilten, und ihrem Dröhnschritt Kenntnis zu nehmen. Er war selbst hochgewachsen und von hager-sehniger Statur. Auch ohne telepathische Kontaktaufnahme vermochte Lalaja durch rein emphatische Wahrnehmung zu spüren, daß es in seinem Gemüt nicht die winzigste Spur von Furcht oder Erregung gab. Unmöglich, dachte sie. Das ist ausgeschlossen. Kein Mensch kann so emotionslos sein. Doch dann korrigierte sie ihren Eindruck. Nicht emotionslos. Sie spürte eine Wärme und Herzlichkeit aus dem Innersten des abgekapselten Egos dringen, die wie schwacher Sonnenschein wirkten. Sie konnte sich die Glut, die im Kern stecken mußte, nicht recht vorstellen.
    Aber er kennt keine Emotionen mit Schutzfunktion. Keine typischen Warnempfindungen im emotionalen Spektrum. Die Fähigkeit zum Empfinden von Furcht, Angst, Panik, Sorge oder Beunruhigung geht seinem psychischen Apparat völlig ab. Könnte das ein moralischem Schwachsinn vergleichbares Phänomen sein? Gefahrenblindheit? Aber wie alt kann ein Mensch überhaupt werden, der es nicht versteht, schon den Alltagsgefahren aus dem Weg zu gehen?
    Überstürzt verdrängte sie ihre vom wissenschaftlichen und ihrem dienstlichen Standpunkt aus hochinteressanten Spekulationen aus ihren Überlegungen. Plötzlich sah sie sehr wohl Anlaß zur Vorsicht. Ein Mensch ohne Furcht konnte den perfekten Todeskandidaten abgeben. Sie erhob sich aus dem Servosessel.
    »Es war ein kluger Entschluß, nicht lange zu zögern«, sagte der Treiber mit dunkler, angenehmer Stimme. »Sie haben nur noch vierundfünfzig Minuten Zeit.«
    »Wofür?« erkundigte sich Lalaja in scharfem Tonfall. Sie dachte daran, den Mann durchleuchten zu lassen; vielleicht war ihm eine Bombe implantiert worden.
    »Um das Raumschiff zu evakuieren«, lautete die prompte Antwort. »Nach Ablauf dieser Frist wird es durch Desintegration vernichtet. Befördern Sie die gesamte Besatzung mit den Beibooten auf den Dschungelplaneten. Sie werden dort gebraucht. Sie dürfen sich mit all Ihren leichten Waffen einer Aufgabe widmen, die Menschen schon immer grausamen Spaß gemacht hat – der Vernichtung pflanzlichen Lebens. Die Vegetation muß in erheblichem Umfang reduziert werden, um den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre zu normalisieren. Ihr eigener Organismus wird Ihr bester Maßstab sein. Überdies können Sie sich am Bewußtseinszustand des Steuerbaums orientieren. Seine volle geistige Funktionsfähigkeit muß wiederhergestellt und gewährleistet sein. Wenn Sie …«
    Lalaja drückte eine Taste. »Lassen Sie den Diskus-Ringo über Bord gehen«, befahl sie kurz entschlossen, als sich der Chef-Techniker der Hangars gemeldet hatte.
    »… diese Aufgabe erledigt haben, sorge ich dafür, daß Sie den Planeten wieder verlassen dürfen«, beendete der Treiber ungerührt seinen Satz.
    »Sie sind anscheinend vollkommen verrückt«, fuhr Lalaja ihn an. Sie wandte sich an Klode. »Centurio, der Mann ist in die Bordklinik zu bringen. Die Mediziner sollen ihn auf möglicherweise implantierte Sprengkörper untersuchen.« Sie sah dem Mann fest ins Gesicht. »Anschließend unterhalten wir uns weiter.«
    Centurio Klode erteilte barsch Befehle. Die sechs Graugardisten vollführten eine gemeinsame zackige Kehrtwendung. Der Treiber dagegen rührte sich nicht vom Fleck. Zwei Gardisten packten ihn an den Oberarmen, um ihn mit sich hinauszuziehen.
    Im gleichen Moment flogen alle sechs Gardisten nach den Seiten wie Puppen. Eine psychokinetische Eruption schleuderte sie durch die Steuerzentrale der CORTES. Lautstarker Wirrwarr entstand. Graue sprangen aus ihren Schalensitzen, um sich auf den Treiber zu stürzen, aber sie prallten zurück, als liefen sie gegen eine unsichtbare Mauer. Centurio Klode kam nicht dazu, den Schocker einzusetzen. Die Waffe trudelte aus ihrer Hand in hohem Bogen durch die Luft und klirrte in einen Holo-Bildschirm.
    Lalaja hatte den Angriff vorausgesehen, so, wie man einer Raubkatze unmittelbar vor dem Sprung das Spannen ihrer Muskeln anmerkt. Während der Treiber innerhalb von Sekunden seine Bewacher abschüttelte und in der Zentrale ein heilloses Durcheinander schuf, in dem

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