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Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Titel: Die Terranauten 055 - Das Wrack-System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Roland
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kamen, Hand an ihn zu legen oder einen Schuß abzugeben.
    »Ist das eine Meuterei?!« fuhr Jenver den Schatten an. »Wo ist Ihre Vorgesetzte? Lassen Sie mich los, kleines Luder!« Sie holte weit aus und versetzte Lalaja, die zu viele Eindrücke ablenkten, unerwartet eine Ohrfeige, die laut klatschte und die junge Frau aus dem Gleichgewicht brachte.
    Lalaja fiel gegen einen Tiefschlafbehälter. Jenver setzte sofort nach und drückte Lalaja mit der Rechten unter dem Kinn rücklings auf den Behälter, während sie dem Schatten mit der Linken die Laserpistole zu entwinden versuchte. Lalaja begriff, daß sie keine weitere Rücksicht nehmen konnte. Ein kurzer psionischer Impulsschub betäubte die Kommandeuse. Unsere Wissenschaftler, entsann sich Lalaja verzweifelt an den Hinweis ihrer Vorgesetzten, müssen sich um jeden Preis mit ihrem Hirn befassen. Der Schatten handelte, ohne zu wissen, ob seine Tat eine Kurzschlußhandlung war oder ein vernünftiger Akt. Eine dünne Strahlbahn aus dem Laser öffnete Jenvers Schädel. Ihr herrliches honigblondes Haar verpuffte in bläulichen Flämmchen. Lalaja kramte hastig ein Kühlbehältnis aus einem Wandschrank und beugte sich über die Tote, um ihr das Gehirn zu entnehmen.
    In diesem Moment zersprang die Panzertür unter ungeheurem psychokinetischem Druck in ein halbes Dutzend oder mehr Bruchstücke, als bestünde sie bloß aus dünnem Plastikmaterial, und der Treiber betrat die Tiefschlafkammer.
    Lalaja verharrte inmitten der Bewegung. Der Mann stand in einigen Metern Entfernung zwischen den Reihen von Tiefschlafkapseln. Er musterte Lalaja und die Tote mit ausdrucksloser Miene. »Sorgen Sie sich nicht. Ich könnte jetzt besonderen Abscheu vor Ihnen empfinden«, sagte er mit dunkler, ruhiger Stimme. »Ich weiß schon zu lange, wozu Menschen fähig sind, sobald sie sich auf irgendwelche Befehle berufen können.«
    Lalaja kreischte auf wie eine Furie. Als sie die Waffe anlegte, begann die Laserpistole in ihrer Hand urplötzlich rotglühend zu werden und zu schmelzen. Der Schatten schleuderte den Metallklumpen mit einem Schmerzensschrei beiseite. Er konzentrierte seine gesamte psionische Energie in eine Kraftentladung, die die Egosphäre des Treibers traf wie eine Atomexplosion ein rohes Ei. Aber das »Ei« hielt stand. Mit einem gequälten Aufschluchzen brach Lalaja zusammen, nunmehr physisch und psychisch sowie moralisch völlig am Ende. »Wer sind Sie?« quetschte sie mühsam hervor.
    »Man nennt mich Luther Straightwire.« Der Mann schaute sich gleichzeitig, fast gelangweilt, in der Tiefschlafkammer um, als sei er hier überflüssig geworden. »Sie sollten sich beeilen«, fügte er hinzu, ohne sie anzusehen, »wenn Sie noch rechtzeitig von Bord der CORTES gehen wollen.«
    Lalaja stützte sich auf die Ellbogen. Sie fühlte sich so schwach wie noch nie. Ihr war zumute, als sei sie bisher blind durchs Leben gegangen und habe nun das Augenlicht erhalten, um sich von lauter Scheußlichkeit umgeben zu sehen. Der Anblick der Toten bereitete ihr Brechreiz. Sie würgte, während ihr Magen sich unter einer Zuckung nach der anderen krümmte. Ihr ganzes Wesen sträubte sich auf einmal gegen die grausamen Fakten ringsum, bäumte sich gegen die Greuel auf, die sie bislang nur als unerfreuliche, aber unvermeidliche Begleiterscheinungen ihrer angepeilten Karriere betrachtet hatte. Ihre Konditionierung und ihr menschliches Gefühl gerieten in einen Widerstreit und schufen in ihrer Psyche ein Spannungsfeld, an dem ihr Geist zu zerbrechen drohte.
    Ihre Gedanken blieben unklar und fragmentarisch. »Von Bord«, flüsterte sie. »Von Bord, ja …« Sie schüttelte den Kopf, wie um sich eines unsichtbaren Gespinsts zu entledigen. »Centurio … Die Ringos …« Nein. Nein, ich war mit etwas anderem beschäftigt … Ich war … Ich wollte … Schwächlich setzte sie sich auf und lehnte ihren Rücken an einen Wandschrank. Sie stützte den Hinterkopf dagegen und starrte den Treiber matt an. »Wer sind Sie?« wiederholte sie mit schlaffer Stimme. »Sie sind kein …, kein normaler Treiber … Nicht einmal ein gewöhnlicher Mensch … Sie sind … Ich weiß es nicht, was …«
    »Sie haben nur noch wenige Minuten«, mahnte Straightwire. »Die Mehrzahl der Ringos hat bereits abgelegt. Es ist nur noch ein Trupp unterwegs, um die Bewußtlosen aufzusammeln. Man wird nicht auf Sie warten. Meine Zeitplanung ermöglicht mir keine Verlängerung meiner Frist. Ich muß mich andernorts dringenden Angelegenheiten

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