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Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual

Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual

Titel: Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Roland
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des mangelhaften Bildungssystems auf seiner Heimatwelt, einem unwirtlichen, nur spärlich besiedelten Kolonialplaneten in einer Randzone des Sternenreichs, auf dem man sich mit einem jämmerlich puritanischen Ehrenkodex herumplagte, fand er sich mit der Emanzipation der Geschlechter so gut wie gar nicht zurecht, und in seinem jugendlichen Leichtsinn gab er sich auch keine diesbezügliche Mühe. Sein größtes privates Ziel bestand darin, möglichst schnell eine echte Persönlichkeit zu werden, eine Mischung zwischen Asen-Ger und Claude Farrell, von denen er nicht zu sagen vermocht hätte, wen von beiden er mehr bewunderte; als erste Schritte zur Erringung einer ausgeprägten Persönlichkeit hatte er es sich angewöhnt, lauter als nötig zu sprechen und bei jeder Gelegenheit auf den Boden zu spucken – wobei er nicht ahnte, daß Claude Farrell, dem er die letztere Eigenart abgeguckt hatte, nur bisweilen Tabakkrümel zwischen die Lippen gerieten.
    Das Trio konnte nur wenige Meter weit in die überfüllte Halle vordringen, dann lagen die Coleoptere so dicht nebeneinander, daß die Menschen keinen Fuß mehr zwischen sie zu setzen vermochten, und sie waren sich alle drei darin einig, daß es besser sei, die Riesenkäfer nicht zu verärgern, indem man auf ihnen herumkletterte. Die Coleoptere hatten ihre Beine unter den Leib eingezogen und lagen dichtgedrängt beieinander, völlig reglos und stumm. Nicht einmal ihre Fühler zitterten. Ihre facettierten Augen waren starr auf den großen Bildschirm gerichtet.
    »Diese Apparate dort hinten«, sagte Nayala del Drago bedächtig, »sehen mir nach Computern aus. Oder täusche ich mich?«
    Nilsson verkniff die Lider. Die Anlagen, welche die Drachenhexe meinte, waren beiderseits des achteckigen Bildschirms aufgereiht. Während er hinüberspähte, fiel ihm auf, daß die Bildfläche wabenförmig unterteilt war; die einzelnen Waben enthielten jeweils paßgerechte Abschnitte des Gesamtbilds. Natürlich, dachte Bo Nilsson und freute sich darüber, so helle zu sein. Stimmt mit der Wahrnehmungsweise des typischen insektoiden Facettenauges völlig überein. Aber zu seinem Verhängnis dachte er noch weiter. Hmmm … Wenn sie mit vielfach facettierten Augen eine gewissermaßen auch facettierte Mattscheibe betrachten, müßten ihre Augen-Facetten jede Bildschirm-Facette wieder in so viele Facetten zerlegen, wie die Augen Facetten haben, und das würde ja ihre visuelle Wahrnehmung … Plötzlich war ihm, als sei er in ein geistiges Spiegellabyrinth geraten, und ihm schwindelte. Bei Yggdrasil, wie kommt das Ganze bloß in ihrem Gehirn an? Er torkelte und griff mit den Armen blindlings umher; seine Linke patschte auf eine pralle Rundung, und ehe er merkte, daß es kein Buckelrücken eines Coleopters war, sondern Nayalas Brust, sah er sie in weitem Bogen ausholen. Ihre Faust traf sein linkes Auge mit sattem Klatschen. Er wankte rückwärts und preßte mit einem Aufstöhnen eine Hand auf die getroffene Augenhöhle. »War das nicht etwas übertrieben?« hörte er Thorna zaghaft fragen.
    »Ich habe doch nur darüber nachgedacht, wie …«, begann Bo Nilsson mühevoll mit einer Erklärung, aber Nayala ließ ihn nicht ausreden.
    »Das reicht«, unterbrach sie ihn in ungnädigem Tonfall mitten im Satz. »Noch ein Wort, und ich puste dich fort wie eine Feder.« Nilsson erbleichte; er wußte, daß sie ihre Äußerung wörtlich meinte, denn Nayala del Drago galt als psychokinetische Beherrscherin der Winde. Deshalb wagte er nun weder mündlich noch parapsychisch weitere Einwände zu erheben, derartig eingeschüchtert war er; vorläufig fand er sich damit ab, daß es auch unter Telepathen bedauerliche Mißverständnisse geben konnte.
    »Was machen wir jetzt?« erkundigte sich Thorna ziemlich hilflos. »Ich habe Hunger.«
    Nilsson erblickte eine Gelegenheit zur Wiederaufbesserung seines beeinträchtigten Images. Hastig kramte er aus einer Tasche seines Overalls eine Handvoll Konzentrate hervor, »Iß das«, empfahl er Thorna, während er sein linkes Auge noch bedeckte und das andere triefte. »Selbstverständlich habe ich an alles gedacht. Diese Konzentratnahrung wird dir über die Runden helfen, bis wir wieder unter gemütlicheren Umständen anständig essen können.« Er drückte ihr die Tabletten in die Hand. »Ich lasse dich nicht verkommen, Thorna«, versicherte er nachdrücklich. »Das kannst du dir doch denken, oder?«
    Aber als das Mädchen bereitwillig zu kauen anfing, zeugte seine Miene fast

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