Die Terranauten 059 - Eine Welt für Yggdrasil
Flammen ein Loch, damit du Chrama sehen kannst.
Das Prasseln der Flammen, die offenbar vom Scheiterhaufen herrührten, wurde lauter. Ein ungewisser Lichtschein sickerte durch den dicken schwarzen Stoff der Hexenumhänge.
Fast körperlich konnte David die Anspannung der jungen Hexe Nayala spüren. Dann nahm er einen leichten Brandgeruch wahr, der den kräftigen Rauch des Holzfeuers kaum übertönte und in wenigen Sekunden vorbei war.
Die Tatsache, daß ihre beiden Köpfe immer noch eng zusammenlagen, gab David die Gelegenheit, auch etwas zu sehen. Von Chrama sah er kaum etwas, aber er wußte, daß Nayala mit brennenden Augen in den Mond starrte, der sich gerade über die bewaldeten Erhebungen, die den kleinen Talkessel bildeten, geschoben hatte. Aber David sah etwas anderes; den seltsamen Wirbel nackter weiblicher Körper, die das Feuer umringten, sich zusammenschlossen und wieder auseinanderstrebten.
Jetzt erschollen Schreie in einer Sprache, die David unbekannt war. Immer wieder tauchte das Wort Chrama in ihnen auf. Es mußte sich um eine Beschwörung handeln. Eine Beschwörung, die die seltsamen Strahlen des Mondes auf die aufnahmebereiten Sinne der Hexen konzentrieren sollten.
David spürte, wie sich der warme Körper neben ihm spannte und bog. Er versuchte, etwas von ihrer Bewacherin zu erspähen, aber von ihr war nichts zu sehen. Vielleicht nahm sie an dem Hexentreiben teil.
Die Bewegungen schienen einem Höhepunkt entgegenzustreben, je höher der Mond Chrama stieg. Instinktiv wußte David, daß es auch für ihn der Augenblick der Wahrheit sein würde, wenn Chrama an seinem höchsten Punkt der Bahn angelangt war.
Die Flammen in der Mitte des Talkessels warfen einen roten Widerschein auf die Leiber der Frauen, die jetzt auf die Knie gesunken waren. Näher und näher neigten sie sich den Flammen, um immer wieder ruckartig den Kopf nach oben zu wenden – dorthin, wo Chrama stand.
Eine der Hexen sprang auf. Ein harter, rhythmischer Sprechgesang klang auf, eine klagende Stimme erhob sich darüber. Eine Frau tanzte bis dicht an die Glut heran. Sie schien in völliger Trance zu sein. Immer wieder machte sie einen Vorstoß in die Flammen. Mit ihren Füßen stieß sie nach den glühenden Kohlen, die nach außen gefallen waren. Die glühenden Bruchstücke flogen durch die Luft, bildeten einen schaurigschönen Funkenregen.
Man roch den unangenehmen Dunst verbrannter Haare.
»So ein Blödsinn«, flüsterte Nayala. »Sie versuchen es mit altertümlicher Magie. Völlig ineffektiv. Aber deshalb wurde der Clan ja auch aus dem Rat verbannt. Übrigens, ich bin bereit!«
»Bereit zu was?«
»Zum Kampf natürlich, David«, lachte die Hexe leise.
In wenigen Sekunden hatten sie den Plan abgesprochen. Es dauerte ein paar Momente, bis die tanzenden, zum Teil in Trance befindlichen Hexen auf ihre Gefangenen aufmerksam geworden waren.
Ein Schrei gellte auf, in den viele Stimmen einfielen. Das dunkle Bündel, das vorher die Decke gewesen war, die David und Nayala eingehüllt hatte, glühte auf, Funken sprühten hervor, wurden zu Blitzen.
Über ihnen heulte der Sturm. Chrama hatte sich hinter dicken Wolken verborgen. Blitze zuckten herab. Der Donner rollte.
Der Himmel war völlig klar, überall sah man Sterne. Nur dicht über dem Talkessel schwebte die schwarze Gewitterwolke. Sturzfluten von Regen löschten die Flammen, die eigentlich für David gedacht waren.
Aber die Blitze kamen nicht nur von oben. Sie sprühten förmlich aus Nayalas Augen, schlugen ein in den Boden ringsum. Die Reitspinnen, die vorher an den Rändern des Kessels gelagert hatten, rannten in Panik umher und vergrößerten die allgemeine Verwirrung noch.
Nayala suchte ein ganz bestimmtes Ziel. Neben den verwirrten schwarzen Rieseninsekten, die sich losgerissen hatten, lag ein dunkles, verschnürtes Bündel am Boden, groß und wild kämpfend, aber es konnte sich nicht von allein befreien.
Die Hexen des Spinnenclans stürmten gegen sie an, aber die Blitze warfen einen Graben auf, und ein Regenvorhang verbarg sie für Sekunden.
Nayala hatte ihr Ziel gefunden. Zwei Strahlen pfiffen haarscharf an Sufnor vorbei, der verängstigt aufschrie. Aber die Blitze hatten seine Fesseln zerschmolzen.
Wütend erhob sich das intelligente Tier. Seine Schwingen flatterten erregt. Mit einem heiseren Schrei warf sich Sufnor in die Dunkelheit, die nur von Blitzen erhellt wurde. Er warf sich in die tosenden Sturzbäche – genau auf seine Herrin zu.
»Aufsteigen!« schrie
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