Die Terranauten 059 - Eine Welt für Yggdrasil
verschiedenen Richtungen. Ihr Geschrei war noch zehn Minuten später zu hören.
Aber David hatte seinen Braten. Es war eine besonders fette Henne mit dunklem Gefieder, die noch etwas erregt gackerte und sich zu befreien suchte, als David ihr mit einem kurzen Ruck den Hals umdrehte.
Seufzend ließ er sich nieder und begann, das Geflügel zu rupfen. Ohne die wilden Monate auf Rorqual hätte er hier in der Einöde einen schweren Stand gehabt. Aber inzwischen kannte er sich mit dem Überleben in der Wildnis aus.
Neben sich hatte er nach einer Viertelstunde einen großen Haufen schillernder Federn und auf den Knien das gerupfte Huhn. David sah sich um, stand schließlich auf und suchte mit den Augen den Boden ab. Schließlich hatte er ein paar Steine gefunden, die er gegeneinanderschlug. Das Gestein war schieferartig geschichtet, aber viel härter. Nach einigen Schlägen ließen sich ein paar klingenartige Scheiben abtrennen. Mit der größten trennte David den Vogel auf und nahm ihn aus. Aber er brachte es nicht über sich, das Tier roh zu verzehren. Er legte die restlichen Steine zu einem Kreis, besorgte sich ein paar Stöcke und trockenes Gras und suchte dann nach größeren Ästen, die er am Boden in kleinere Stücke zerschlug. Das trockene Gras und das Reisig legte er zuunterst, darüber kamen die kleineren Zweige – und die größeren Stücke legte er griffbereit daneben.
Auch das folgende hatte er noch nicht probiert, aber er mußte es schaffen, wenn er nicht in Zukunft von rohem Fleisch leben wollte.
Mit geschlossenen Augen setzte sich David vor die Zweige. Er entspannte sich völlig, ließ seine Glieder schwer werden. Er nahm die Umgebung wahr, wurde eins mit ihr. Das Summen der Insekten drang an sein Unterbewußtsein, der ferne Schrei eines Raubvogels, das Rauschen des sanften Windes in den Blättern der Bäume hinter ihm. Er nahm alle Wärme seines Körpers zusammen, konzentrierte sie auf seiner Stirn und gab sie dann ab. Er stöhnte, als seine Stirn plötzlich eiskalt wurde. Dann öffnete er die Augen, als er das Knistern hörte. Für Sekunden schwebte ein winziger leuchtender Ball inmitten des Reisigs. Es knisterte und knackte. Flammen züngelten auf, zuerst winzig, dann stärker, ergriffen die dünnen Zweige. Behutsam legte David die größeren Holzstücke auf das kleine Feuer und sah zu, wie sich eine kräftige Flamme und Glut entwickelten.
Jetzt zerteilte er hastig den Braten mit dem Steinmesser und legte die Keulen zuerst auf die Glut. Mit einem Stock wendete er die Fleischstücke. Es roch würzig. Das Feuer hatte die Grasnarbe erfaßt, die aus grünen Kräutern bestand, deren natürliche Säfte in Rauch aufgingen und das Fleisch würzten.
Die Stücke waren zum Teil angekohlt, zum Teil noch etwas blutig innen, aber David hatte noch nie etwas so Köstliches gegessen. Nach einer halben Stunde fühlte er sich gestärkt, hatte aber noch Durst.
Er stand auf, reckte sich und ging dann in den Wald. Die Sonne stand noch nicht hoch, das dichte Laubdach der Bäume schirmte den Boden ab. Tauwasser tropfte von den Zweigen. Endlich fand David, was er gesucht hatte. Ein paar Blätter hatten sich wie Hände zu einer Höhlung geöffnet. Jedes dieser Blätter spendete einen guten, kühlen Schluck Wassers.
Stirnrunzelnd sah sich David um. Dann nahm er sich etwas bastartige Rinde und ein paar frische, geschmeidige Lianen. An seinem Lagerplatz ließ er sich wieder nieder, dann überlegte er. Der Bast ließ sich leicht zwischen den Fingern drehen und ergab eine grobe, aber feste Schnur. Zusammen mit einigen lederartigen Blättern, die von den nächsten Bäumen gefallen waren, und den größten der Hühnerfedern bastelte sich David einen einigermaßen bequemen Lendenschurz zurecht. Er hatte nicht vor, nackt dieser Welt gegenüberzutreten. Nicht aus Schamgefühl, sondern weil er hinter der Bedingung des Hexenrates eine Art bewußter Beleidigung sah. Und noch etwas anderes war ihm klar: Er wußte nicht, wie lange der Samen Yggdrasils zur Keimung brauchen würde. Dieses Wesen, das Jahrtausende überdauert hatte, das vielleicht das älteste lebende Wesen auf dem Planeten Erde war, mochte ähnlich lange zu seiner Entwicklung brauchen. Noch war es David überhaupt nicht klar, ob er den Samen Yggdrasils überhaupt richtig behandeln konnte, aber er hoffte darauf, alle Informationen aus seinem Unterbewußtsein ziehen zu können, wie es zuvor schon oft geschehen war.
Mit Hilfe der Blätter faltete und knüpfte er sich eine
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