Die Terranauten 063 - Krieg der Gehirne
konnte. Er war so stark geworden, daß er sogar die Befehle des Lordoberst ignorieren konnte.
Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren.
Und er begriff, daß das ganz neue Möglichkeiten eröffnete. Die PSI-Aura war plötzlich nicht mehr wichtig, nur noch das energetische Reservoir, an dem auch sie sich labte und das er durch einen Zufall hatte anzapfen können.
Valdec hatte die Clonkammern vernichtet, auch die Biokulturen. Der Tod eines Supertreibers war nun ein endgültiger. Zudem hatte der Lordoberst jede einzelne Körperzelle der Clons so programmiert, daß sie sich auflösten, quasi detonierten, wenn sie nicht mehr seine individuelle Grundstrahlung empfingen. Wurde Valdec getötet, dann erloschen auch die Impulse seiner individuellen PSI-Aura, einer PSI-Aura, die jeder Mensch hatte, auch wenn er nicht psionisch begabt war.
Prometheus 107 kniff die Augen zusammen. Valdec hatte sich gut abgesichert, aber er hatte nicht ahnen können, was hier geschehen war.
Prometheus empfand Triumph, aber er schirmte diesen Triumph gut ab. Noch bestand die Gedankenbrücke, und Valdec durfte nicht durch eine Unvorsichtigkeit gewarnt werden.
Der Supertreiber lächelte kalt, als er seine neuen Möglichkeiten abschätzte. Dann nahm er Kontakt zu Isis und Phönix auf.
Endlich! strahlte Phönix 34 aus. Wir dachten schon …
Schirmt euch gut ab, gab Prometheus zurück. Valdec hat einen Fehler gemacht, von dem er noch nichts ahnt. Wir sind noch nicht verloren. Hört mir zu, und vertraut mir …
*
Llewellyn 709 stieß einen ellenlangen Fluch aus und kletterte aus dem Innern des Gleiterwracks heraus.
Lyda Mar sah ihn fragend an. »Na, wie kommst du voran?«
»Oh, bestens. Immerhin habe ich einen elektronischen Schraubenzieher und einen Vorschlaghammer. Damit kann man eine Menge reparieren.« Er holte mit dem Hammer aus und knallte ihn auf die Protophülle.
»Ah, reparieren nennst du das?«
Llewellyn knurrte nur. »Das Ding ist hin, damit müssen wir uns nun einmal abfinden, Mädchen. Wir können von Glück sagen, daß uns die Strömung bis zum Nordkontinent gebracht hat und das Wrack nicht vorher abgesoffen ist. Mit uns zusammen.«
»Und das Funkgerät?«
Der Riemenmann zuckte mit den Achseln. »Da ist vielleicht noch was zu machen. Möglicherweise können wir mit fünfzig oder sechzig Prozent der normalen Sendeleistung arbeiten.«
»Das ist doch wenigstens etwas. Vielleicht … David …«
Llewellyn nickte ernst. »Ich weiß …« Zwei Dutzend Meter entfernt rauschte das Meer. Mehr als zweitausend Kilometer jenseits des Horizonts lag der Südkontinent. Und irgendwo vor der Küste dieser Landmasse befand sich die Forschungsstation, in der sich Hermano Lotz und Lordoberst Valdec aufhielten. Und vielleicht auch David terGorden.
Michelle Estache, die Mittlerin der Surinen-Gemeinschaft, die sie aufgenommen hatte, trat an sie heran.
»Seid ihr weitergekommen?« Sie konnte kaum älter als fünfzehn Jahre sein, und doch war sie die einzige Surinin dieses Dorfes, die die Mittler-Gabe besaß, jene Fähigkeit, mit der man Kontakt zu den einheimischen Lebensformen des Nordkontinents aufnehmen und sie für die Menschen nutzbar machen konnte.
Lyda schüttelte den Kopf. »Es ist aussichtslos. Wir werden eine Seerosenqualle nehmen müssen, um zum Südkontinent zu gelangen. Ein zweites Mal.«
Estache nickte und strich sich ihr grünes Haar aus dem grünen Gesicht. »Wie damals.«
»Ja.« Michelle Estache war ebenfalls auf dem Großen Fest der Surinen gewesen, damals, als Onnegart Vangralen, Ennerk Prime und Suzanne Oh die Surinenversammlung um Unterstützung im Kampf gegen das Konzil, die Grauen Garden und Lordoberst Valdec gebeten hatten. Suzanne Oh und Aschan Herib, der die Terranautin begleitet hatte, waren wahrscheinlich längst tot, umgekommen in der Dschungelhölle des Südkontinents. Onnegart Vangralen und Ennerk Prime waren an Bord der CYGNI gewesen und hatten durch die rätselhafte Umschaltung des PSI-Netzes nicht mehr die Zeit gehabt, sich ebenfalls auszuschleusen, um auf Sarym zu landen. Was mochte aus ihnen geworden sein?
»Wir müssen jedenfalls zur maritimen Korallenstadt«, sagte Llewellyn fest. »Es hat bereits zwei Angriffe von Traumhaken gegeben. Und …«
Ein feines Sirren lag plötzlich in der Luft. Llewellyn hielt inne, legte den Kopf in den Nacken und suchte den Himmel ab. Eine dunkle Wolke näherte sich ihnen, und von dieser Wolke ging das Sirren aus.
»In den Bunker!« rief der Riemenmann. »Schnell.
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