Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra

sich Lea verdrossen, hatten die Aufständischen auch Dämmerprojektoren erbeutet. Ein vorzügliches Schutzmittel im Nahkampf.
    »Wir müssen davon ausgehen«, fuhr Can fort, »daß sich in Edinburgh zwischen vier- und fünftausend Aufständische verschanzt haben. Eine Schande, daß die Hohe Matriarchin diesem Treiben nicht schon früher Einhalt geboten hat.«
    Wir werden sie dafür zur Rechenschaft ziehen, dachte die Queen Lea.
    Laut sagte sie: »Ich brauche dringend Verstärkung. Hundert Gardisten. Und Luftunterstützung. Sofort.«
    »Ich werde die Kohorte bei der Zentrale anfordern«, versprach Can. »Wir haben Sie in der Ortung.«
    Lea atmete auf.
    Und dann traf sie ein furchtbarer Schlag, gefolgt von dem ohrenbetäubenden Krachen einer Explosion. Die Druckwelle packte sie, warf sie hoch in die Luft, und nur das rasche Eingreifen des Mikrobencomputers rettete Lea vor dem schmerzhaften Aufprall.
    Er übernahm die Kontrolle über ihren linken Arm und schaltete den Fluggenerator ein. Gleißend umspielte der Magnetring ihre Hüfte.
    Die Queen Lea ritt auf den elektromagnetischen Feldlinien des Planeten Erde in den Himmel.
    Die Straße unter ihr sackte weg.
    In der Fahrbahn gähnte ein rauchender Krater. Dort war die Granate detoniert.
    Im Hintergrund eine monströse Silhouette. Der Rebell, im Sichtschutz seines Dämmerfeldes.
    Lea verringerte ihre Steiggeschwindigkeit und feuerte. Der Laserstrahl verschwand in dem Dämmerfeld. Verfehlt.
    Der Rebell eilte davon.
    Die Queen achtete nicht mehr auf ihn.
    Horizontal flog sie weiter, der Halbkugel der Ratshalle entgegen. Barrikaden waren auf dem Platz errichtet, der die Halle umgab.
    »Can«, rief Lea über Funk, »was ist mit der Verstärkung?«
    Keine Antwort. Nur das Rauschen der Störsender. Hoffentlich gelang es den Kaiser-Garden bald, den Standort der Sender zu ermitteln und sie auszuschalten.
    Die Queen sank wieder dem Boden entgegen.
    Das Wrack eines Panzergleiters lag auf der breiten Allee. Der Diskus war auseinandergebrochen und rußig. Tote Graugardisten und tote Rebellen waren zwischen den Trümmern zu erkennen.
    Auch die Ratshalle stand in Flammen.
    Die Rebellen hatten Brandbomben eingesetzt, um die in der Halle verschanzten Matriarchen auszuräuchern.
    Leas Außenmikrofone übertrugen leises Rauschen, das schnell zu einem dumpfen, grollenden Dröhnen wurde.
    Über den Türmen der Stadt huschte ein Geschwader Panzergleiter heran. Zehn, zwölf Maschinen, die das Sperrfeuer von den Straßen mit ihren Bordgeschützen erwiderten.
    Lea war erleichtert.
    Die Gleiter kreisten dann hoch über der Ratshalle. Luken öffneten sich. Die Gleiter setzten Luftlandetruppen ab. Mit ihren schweren Lasern hielten sie das Abwehrfeuer nieder und zerstrahlten die Barrikaden aus Schweberwracks und Protopplatten.
    Der Mikrobencomputer begann wieder zu plappern.
    Die graue Frau … Sie kommt, sie kommt. Ich spüre sie. Sie schafft es nie.
    Lea schlich weiter.
    Die ersten Grauen des Einsatzkommandos erreichten den Boden und schwärmten sofort aus.
    Die Rebellen befanden sich zwischen zwei Fronten. Von hinten die Kaiser-Garden, von vom die Matriarchen, die die günstige Gelegenheit zu einem Ausfall nutzten.
    Das Zischen der Laser und die trockenen Explosionen der Granaten hallten über den Platz. Ein Teil der Ratshalle stürzte ein. Funken tanzten im hellen Tageslicht wie irritierte Glühwürmchen.
    Die Queen erledigte mit einem Stunnerschuß einen fliehenden Rebellen. Ihre Helmscheibe veränderte auf Knopfdruck ihre molekulare Struktur. Teleskopeffekt.
    Die Gruppe der schwerbewaffneten Matriarchen – zwanzig, dreißig Frauen in paramilitärischen Uniformen – schien auf sie zuzuspringen.
    Der Mikrobencomputer richtete ihren Blick auf ein knapp zwanzigjähriges Mädchen mit heller Haut und wehendem Haar, das sich etwas im Hintergrund hielt. Plötzlich scherte es aus dem Trupp aus, schleuderte mit einer geschmeidigen Bewegung eine Granate hinter eine nahe Barrikade und verschwand dann in der Rauchwolke.
    Der Schatten! schrie die Mikrobenballung aufgeregt. Der Schatten! Du mußt ihn packen …
    Lea setzte sich in Bewegung.
    Greif ein! befahl sie dem Computer.
    Kurz legte sich ein Schleier vor ihre Augen. Die Szenerie wirkte mit einem Mal rötlich und der Lärm dumpf und fern.
    Lea wurde schneller. Der Eingriff der Mikrobenballung in ihren Organismus mobilisierte für einen begrenzten Zeitraum ihre körperlichen Reserven.
    Die Queen lief nun schneller als je zuvor. Ihre Lunge arbeitete