Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra
wie ein Blasebalg. Die Atempatronen erhöhten die Sauerstoffzufuhr.
Über den Platz.
Rebellen zur rechten Hand. Lea schaltete den Karabiner auf Dauerfeuer und bestrich die Gegner mit züngelnden Laserblitzen.
Sie rannte und die Luft stemmte sich ihr entgegen.
Vorbei an der Barrikade, über der noch immer Rauchschwaden lagen. Lea stolperte nicht. Ihr Herz hämmerte. Die Gestalten in ihrer Nähe schienen einer Zeitlupenaufnahme zu entstammen.
Lea wußte, daß sie die Beschleunigung ihrer Körperprozesse nur wenige Minuten aufrechterhalten konnte, wollte sie keine bleibenden gesundheitlichen Schäden erleiden.
Sie stürmte durch den Qualm und sah den Schatten.
Das Mädchen befand sich rund fünfzig Meter vor ihr und bog soeben in eine der sternförmig ins Zentrum mündenden Alleen ein.
Ihre Bewegungen verrieten, daß sie einem bestimmten Ziel entgegenstrebte.
Kein Zweifel, der Schatten wollte aus Edinburgh fliehen. Und Lea kannte die Perfektion der geheimen Garden-Organisation gut genug, um überzeugt zu sein, daß der Schatten irgendwo einen Schweber oder gar einen Gleiter versteckt hatte.
Sie lächelte wölfisch.
Der Schatten würde sie zu einer weiteren Masche des Konspirativen Netzes rühren. Sie durfte das Mädchen nur nicht aus den Augen verlieren.
Mit lautlosen Schritten nahm sie die Verfolgung auf.
*
… letzte Nacht hatte ich einen Traum. Ich sah einen Menschen, der größer war als eine Sonne, und ich sah, wie er sehnsuchtsvoll nach den Sternen griff. Er wuchs. Er wuchs ins Unermeßliche. Bald fand die ganze Milchstraße in seiner Hand Platz. Dann die nächsten galaktischen Nebel. Erst als der Traum endete, blickte ich ihm ins Gesicht. Dieser Mann war ich. Und er lächelte mir zu. Grimmig, stolz, aufmunternd. Gibt es prophetische Träume? Zweifellos. Die Botschaft dieser Vision war klar: Gib nicht auf. Du bist auserwählt, die Menschen in die Zukunft zu führen. In eine Zukunft, die ihr die Herrschaft über das ganze Universum in die Hände legen wird. Unter meiner Führung.
Ja, ich habe den Atem der Ewigkeit gespürt. Ich stehe erst am Anfang meines Weges. Und ich werde alle Feinde zerschmettern …
MAX VON VALDEC, TAGEBUCHAUFZEICHNUNGEN 2504, TEIL II
Reg.-Nr. F-00351/43/4-289 Zentralarchiv Genf, Zugriff POLFASCH Kode Priorität A
*
Die Gejagten
Halle C-2 des Zentralbetriebes der Gleiterwerkstätte Wolfsburg in der Region GERM war von den Truppen des Werkschutzes und einigen Teams Kaisergardisten umstellt.
Bedrohliche Stille erfüllte den riesigen Saal mit seinen Fließbändern, den Industrierobotern und der hochgelegenen Kontrollkabine.
»Verrat«, sagte Techniker Rost düster.
Rost war groß und schlank und bis vor kurzem Arbiterdirektor des GWW-Konzerns gewesen. Seine Stirn war kahl und im Lauf der letzten Monate hatten sich tiefe Sorgenfalten in sein schmales Gesicht gegraben.
Die anderen Arbiter, die sich in der Nähe der Kontrollkabine versammelt hatten, beobachteten nervös die blockierten Tore der Halle.
Christin Dorf sagte nichts.
Immer wieder tastete sie Programme in den Rechner, aber jedesmal leuchteten Rotlichter auf.
»Sie haben die Stromzufuhr unterbrochen«, erklärte Rost resigniert. »Es hat keinen Zweck. Und der Truppenaufmarsch beweist, daß Valdecs Schergen von deiner Anwesenheit informiert worden sind.«
Die junge, zierliche Frau, der keiner ansah, daß sie zuletzt Arbiter-Vertreterin im Wiederaufbau-Gremium gewesen war, preßte die Lippen zusammen.
Sie hatte Angst.
Keiner der Gewerkschafter, die nach der Flucht der Manags von der Erde den Betrieb der Gleiterwerkstätte führten, konnte sich von Angst freisprechen.
Es war ohnehin seltsam, daß die neuen Machthaber in Berlin erst jetzt dem Wolfsburger Betrieb ihre Aufmerksamkeit schenkten.
GWW war eine Hochburg der Arbiter-Organisation.
Hier hatte das Modell der Arbiterselbstverwaltung seine Feuerprobe bestanden und sich bewährt. Ein Modell, das nach den Plänen Dorfs und ihrer Kollegen auf die ganze Erde übertragen werden sollte.
Valdecs Rückkehr hatte alles mit einem Schlag beendet.
»Wenn wir doch nur Kontakt zu den Kollegen in den anderen Hallen hätten«, knurrte Rost. »Hoffentlich macht keiner Dummheiten. Die Garden warten doch nur auf eine Gelegenheit, ein Blutbad anzurichten.«
»Sie warten«, erklärte Christin Dorf. »Sonst hätten sie schon längst die Hallen gestürmt. Sie warten, und ich befürchte, ich weiß, auf wen.«
»Dann glaubst du also den Gerüchten über diese
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