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Die Terranauten 087 - Labyrinth des Schreckens

Die Terranauten 087 - Labyrinth des Schreckens

Titel: Die Terranauten 087 - Labyrinth des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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weiter und entwickelte eine neue Struktur. Frühkind. Dann – der sechsunddreißigste Suven konnte schon die Laute der einzelnen Verwerterinnen voneinander unterscheiden – Spätkind, die erste Phase, die bewußtes Denken gestattete.
    Und Suven machte eine ebenso überraschende wie bestürzende Feststellung.
    Er hatte keine Sammelhäute mehr. Im sechsunddreißigsten Neuleben war er verkrüppelt. Seine Spähaugen stülpten sich vor. Weit über ihm schwebte die von ihm eingesammelte Drihs- Wolke, nur ein Schatten des viel größeren Schwarms weiter oben, doch genug, um den Hort auf viele Tage hinaus zu ernähren.
    Suven stieß einen langgezogenen Klagelaut aus. Die Verwerterinnen winkten ihm traurig entgegen. Ja, es wurde Zeit. Suven entfaltete die zur Navigation dienenden Hauptlappen und öffnete dann die Überdruckkammer im rückwärtigen Teil seines Körpers, die vom Sauerstoff seiner Semilungen unter Druck gehalten wurde. Ein lautes Zischen – und mit einem heftigen Klatschen bremste der mit Flexibelknorpeln versteifte Schirm seinen Sturz. Suven verspürte den kurzen Schmerz, als die dünnen Hautfäden, mit denen der Hautschirm mit seinem Körper verbunden war, an seinen Flanken rissen. Doch es kümmerte ihn nicht. Trauer und Melancholie hüllten ihn wie einen unsichtbaren Kokon ein. Unwillkürlich lösten sich seine Laufbeine aus den Hautlappen und knickten ein, um den Aufprall auf den Felsengrund abzufangen. Einige der Verwerterinnen kamen klagend näher.
    »Wir haben Mitleid mit dir, Suven, Klippenstürzer«, sagte eine von ihnen, die bereits die erste Altersphase erreicht hatte. Als Suven seinen Aufstieg begonnen hatte, hatte sie sich noch in der Phase der Frühjugend befunden – wie er. Aber Verwerterinnen lebten länger. »Und wir haben Mitleid mit dem Hort.«
    Suven fuhr den Hauptschirm wieder ein. Inzwischen erreichte er das Stadium der Frühjugend. Sein sechsunddreißigstes Neuleben. Ein Krüppel wie in seiner einundzwanzigsten Inkarnation. Sein mattgoldener Körperflaum Sträubte sich.
    Traurig kehrte er mit einigen Verwerterinnen zum Hort zurück, einem Kegel aus Steinen, der die Hitze des Tages und die Kühle der Nacht fernhielt. Kadir wartete bereits. Er war einer der Kontakter, einer der Stabilen. Wie vermessen war es von ihm, Suven, gewesen zu glauben, er könne selbst zu einem Stabilen werden! Weit hinter dem Hort, am Ausgang des ausgedehnten Felswandtales, erstreckte sich die Traumstatt, grünroter Hort der Schöpfer.
    Kadir, der Kontakter, folgte Suvens Blick.
    »Wir alle«, sagte Kadir leise, »werden zugrunde gehen, wenn uns unsere Schöpfer nicht erhören. Wir alle werden sterben, wenn sie nicht zu uns zurückkehren. Wir sprechen zu ihnen, wir bitten sie, wir flehen sie an, uns das Paradies zurückzugeben, das uns einst Heimstatt war. Aber sie schweigen. Sie träumen.« Kadir hob seine Stimme. Die anderen Verwerterinnen waren nun ebenfalls zum Hort zurückgekehrt, und aus dem Steinkegel traten weitere Klippenstürzer.
    »Wir müssen die Schöpfer erwecken«, intonierte Kadir. Er ist stabil, dachte Suven neidisch. Er hat ein langes Leben. Sein Körper ist hart und flach und stark. So stark.
    »Wir müssen sie bitten, uns das Paradies zurückzugeben.«
    »Sie hören nicht auf uns«, summten einige der Verwerterinnen.
    »Wir müssen einen Hortbruder in die Traumstatt hineinschicken«, sang Kadir, und es war, als berühre ein seltsam eindringlicher Hauch Suvens melancholische Gedanken. Ein Hauch, der sein Denken einhüllte, ihn schläfrig werden ließ. »Jemanden, der die Schöpfer weckt.« Einer von Kadirs Tastarmen deutete auf Suven.
    »Du gehst«, sagte er. »Du hast versagt. Du hast Nahrung gesammelt und wieder verloren. Ruhe dich aus. In deinem vierzigsten Leben wirst du bereit sein und in die Traumstatt schreiten. Wecke die Schöpfer. Auf daß sie uns erneut ihr Wohlgefallen schenken. Wie einst, in den Besseren Tagen.«
    Suven erschauerte unwillkürlich. Die Traumstatt. Zu den schlafenden und träumenden Schöpfern. Er war nicht der erste, der es versuchte. Hunderte vor ihm waren bereits hineingeschritten.
    Und nie war einer von ihnen zurückgekehrt.
     
    *
     
    Das gewaltige, rochenförmige Geschöpf tauchte in purpurnes und scharlachrotes Licht, das sich wie ein gleißender Schleier um seine borkige Außenschale legte.
    David und Narda saßen in sesselähnlichen Gebilden, die aus dem Boden des fast kreisrunden Raumes gewachsen waren, in dem sich die Gewebekuben des quasiintelligenten

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