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Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Titel: Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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unerreichbar waren. In den Zonen der Schrunde und der großen Spalten. Über den Zacken, die den rasenden Sturz eines Fängers beenden und seinen Körper aufreißen konnten. Einige Klippenstürzer fielen nur wenige Körperlängen von ihr entfernt an der Felswand in die Tiefe, die Rachen weit geöffnet und mit vorgestülpten Fangmembranen. Nur wenige von ihnen würden bei ihrer Landung unten am Grund der Welt genug Drihs gesammelt haben, um dem Gemeinsamen Hort einen weiteren Tag lang Nahrung zu geben und damit Leben.
    Sihat kletterte weiter. Immer höher empor. Dem Hochplateau entgegen. Die Gedeihkammern der Mehrmutter waren prall gefüllt. Mit Lebensfrüchten, die aus den Samen von Mirmal, Virchan und Kadir hervorgegangen waren. Ja, auch von Kadir, dem Kontakter. Ehre war ihr gewiß, denn Kadir war der Hortbestimmer.
    Erneut hielt Sihat inne. Die weiterwachsende Last in ihrem aufgedunsenen Körper zerrte sie in die Tiefe und nahm ihr den kräftespendenden Atem. In der Ferne ragten die Wände der Traumstatt empor. Sie hatten sich verändert. Sie waren nun dunkel und von einem stumpfen Grau, nicht mehr von dem Grünrot wie noch vor wenigen Tagen. Die Fremden, die Kadir in die Traumstatt hineingeschickt hatte, hatten die schlafenden Schöpfer tatsächlich geweckt. So behauptete es jedenfalls Kadir, und die anderen Kontakter stimmten ihm darin zu.
    Die Hitze verdunstete den Wasservorrat unter Sihats Außenhaut. Die Körperveränderung beschleunigte sich somit. Die Mehrmutter verlor den Körperflaum der Jugendphase und trat ins Erste Erwachsenenstadium ein, die kurz darauf der Mittleren Erwachsenenphase wich. Vielleicht starb sie, noch bevor sie das Hochplateau erreicht hatte. Das wäre bedauerlich, nahm es ihr doch den Triumph, eine der wenigen Mehrmütter zu sein, die die Klippen in einem Leben erklommen hatten.
    Und weiter. Höher hinauf. Langsam wich die Hitze der Kühle der Eiszone. Doch es war weniger Eis als in ihrem neunzehnten Leben. Damals, so erinnerte sie sich, waren die Felswände in dieser Höhe von der weißen Pracht bedeckt gewesen. Und so mancher Klippenstürzer war vorzeitig abgestürzt, weil er in dem Ewigen Eis auf seinen Saugarmen ausgeglitten war.
    Als sie das Hochplateau beinahe erreicht hatte, trat ihr Körper in die Erste Altersphase. Damit kam die Schwäche.
    Sie wußte, was nun nötig war. Sie verankerte ihren prallen Körper in einer der vielen Felsspalten, auf daß sie während ihres zwanzigsten Todes nicht hinunterstürzen konnte und am Grund der Welt zusammen mit ihren Leibesfrüchten zerschmettert wurde.
    Die Böen der Hochwinde zerrten an der Mehrmutter. Die Winde waren viel wärmer, als es ihrer Erinnerung entsprach, und die Zirprufe der an ihr vorbeifallenden Klippenstürzer kündeten von der Verwirrung der Nahrungssammler.
    Sihat kümmerte sich nicht darum. Die Aufgabe der Klippenstürzer war es, Nahrung für den Gemeinsamen Hort zu sammeln. Die Aufgabe einer Mehrmutter bestand darin, neues Anfangsleben zu schaffen.
    Sihat starb.
    Und wurde neu geboren.
    Ihr einundzwanzigstes Leben jedoch stand unter keinen günstigen Vorzeichen. Die Felsen, zwischen denen sie sich verankert hatte und von denen sie sich nun wieder zu lösen begann, sangen das Knirschlied. Lose Steine rollten davon und stürzten in die Tiefe. Die ganzen Klippen erbebten, als reibe ein Riese seine Flanken daran.
    Sihat begann wieder hinaufzuklettern. Und als ihr Körper in die Späte Jugendphase eintrat, hatte sie das Hochplateau erreicht. Ihre Gedeihkammern waren nunmehr beinahe vollkommen ausgefüllt. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie gebar.
    Auf den Laufbeinen schob sie sich an den Rand der Klippe heran und blickte aus ihren Spähaugen hinab.
    Der Gemeinsame Hort war zerstört.
    Sihat benötigte eine geraume Weile, um diese Tatsache zu begreifen und den Schock zu verdauen. Die Felspyramide war zusammengestürzt, und wenn die Mehrmutter ihre Augen auf Nahsicht umjustierte, konnte sie Errichter, Träger, Kontakter und Klippenstürzer sehen, die umherkrochen und versuchten, Hortbrüder aus dem Innern der Pyramide zu retten.
    Sihats Flanken bebten.
    Sie öffnete in einem Reflex die Gedeihkammern. Sieben Neulebenskörper krochen aus ihrem Innern heraus. Sieben neue Hortbrüder in ihrem ersten Leben. Die Mehrmutter stimmte den Zirpgesang der Sympathie und des Trostes an. Die Felsklippe erbebte erneut. Risse zogen sich durch den Ewigen Stein.
    Sihat beendete den Gesang und schob die sieben Neulebendigen an den Rand

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