Die Terranauten TB 13 - Die Lebenswächter
Menschen den etwas sympathischeren Namen Molly IV getragen, war als vierter Planet (von insgesamt achtzehn Planeten) einer G-Typ-Sonne nach der ursprünglichen Leiterin der Kolonisten benannt worden, einer inzwischen – zu Unrecht – so gut wie vergessenen Frau namens Molly Jamaica, die in der Anfangszeit der Besiedlung dieser Welt als salomonisch-mütterliche Weise und ernergische Führungspersönlichkeit bei den Leuten, die hier ein neues Dasein aufzubauen gedachten, in hohem Ansehen stand. Molly IV war nur mäßig industrialisiert worden; die Erinnerung an die unerfreulichen Verhältnisse auf der Erde gab man vernünftigerweise von Generation zu Generation weiter, und man vermied eine zu starke Belastung der Ökosphäre.
Dann jedoch kam alles völlig anders. Der Öko-Schock des Jahres 2505 hatte auch Molly IV nicht verschont. Aufgrund der Entfernung zur Erde waren die Mollyfolks bereits während der Krise der Treiberraumfahrt und des weitgehenden Zusammenbruchs des interstellaren Handels und Frachtverkehrs sehr schwer geprüft worden. Zehntausende waren am Hunger und Mangel an Medikamenten gestorben. Und das Leid und Darben erzeugte einen massiven Stimmungsumschwung.
Als die bewohnten Planeten des Sternenreichs sich auseinanderentwickelten, in Bio- und Techno-Welten aufteilten, zwischen ihnen Aversion, ja Feindschart entstand, da entschied man sich auf Molly IV mit einem Nachdruck, als versuche man schmerzlich Vermißtes nachzuholen, für eine Zukunft als Techno-Welt. Die relative Nähe einiger Industrieplaneten ermöglichte, sobald es wieder einen einigermaßen geregelten Raumfrachtverkehr gab, den Import industrieller Anlagen. Man stampfte Fabriken zu Hunderten aus dem Boden. Stahl, Hartprotop und ähnliche Materialien galten bald als die wunderbarste Augenweide, und man maß ihnen nahezu mystische Eigenschaften in bezug auf das Ziel zu, das nach und nach in den Vordergrund des Denkens getreten war: Vollkommene wirtschaftliche Autarkie. Nie wieder sollten irgendwelche Abhängigkeiten von anderen Planeten zu Katastrophen führen. Nicht lange, und man verlieh Molly IV einen Namen, der besser zu den veränderten Zuständen, zur neuen Ideologie seiner Bewohner paßte.
Ferrogarant war ein gigantisches Stahl- und Hüttenwerk inmitten einer Tiefebene, in deren Ausdehnung man früher nur Pampas und Kleintiere sowie vereinzelte Bungalows sehen konnte. Heute verdunkelten himmelhohe Rauchwolken aus den Schloten die Sonne. Im Vergleich zu dem, was zuletzt auf der Erde an Produktionsmethoden vorgeherrscht hatte, war diese Technik rückständig; aber darum scherte sich hier niemand. Es ging zu, als gäbe es aus der irdischen Geschichte nichts zu lernen.
Zur Mittagszeit versammelten sich Tausende von verrußten, schweißgetränkten Arbeitern in den Speisesälen. Das neue System hatte für seine Arbeitskräfte durchaus ein wenig übrig. Zur Mahlzeit gehörten Steaks aus echtem Fleisch, das von Rindern stammte, die auf den Almen des westlich der Tiefebene gelegenen Gebirgszugs weideten. Das dumme Vieh fraß die von Ferrogarant ausgestoßenen Schadstoffe fast hundertprozentig mit, weil die Emissionen nicht hoch genug stiegen, um die Berge mit dem Wind überqueren zu können. Dafür aber interessierte sich kaum jemand.
Plötzlich schwang sich wie aus dem Nichts ein Schwarm riesiger Schmetterlinge herab, durchgaukelte die verdreckte Luft. Die Leiber der Schmetterlinge hatten eine Länge von rund zwei Metern, die Spannweite der schwarzen, mit weißen, braunen, orangen und bläulichen Tupfern und Punkten gemusterten Flügel betrug acht bis zehn Meter. Selbstverständlich erregten sie beträchtliches Aufsehen. Man bestaunte die noch nie gesehenen, anscheinend friedlichen Tiere gehörig. Aber es dauerte nicht lange, bis die hartgesottenen Malocher sich an ihnen sattgesehen hatten und wieder daran dachten, sich an den inzwischen leider abgekühlten Steaks sattzuessen.
Doch kaum nahmen die ersten Leute das Messer zur Hand, da manifestierten sich in ihren Köpfen offenbar telepathische Worte. Sie kamen eindeutig von den Schmetterlingen, denn gleichzeitig begannen deren Insektenköpfe in strahlendweißem Glanz zu oszillieren.
Wahres Leben tötet und verzehrt kein anderes Leben. Entsage der Mörderzellen-Logik. Töte nicht, um zu leben. Entsage der Mörderzellen-Logik.
Die Mitteilung besaß eine leicht suggestive Wirkung. Aber nur ganz wenige Ferrogarant-Mitarbeiter ließen sich dazu bewegen, lediglich die Gemüsebeilagen
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