Die Tochter der Konkubine
herbrachte, seien dazu verdammt, auf ewig die harten Steinsimse und - alkoven zu bewohnen, den Nachthimmel nach ihren verlorenen Seelen abzusuchen, nach den Heimen, die sie nie besaßen, den Leben, die ihnen verweigert wurden, und zum Turm zurückzukehren wie Eulen zu ihren Nestern.
Das Kind in seinen Armen schlief aufgrund des Opiumkleckses, den er ihm in den Mund geschmiert hatte, tief und fest. In einem Tiegel in seiner Tasche hatte er noch mehr dabei, genug, um es für immer schlafen zu lassen. Im Dunkeln vernahm er ein Huschen, Ratten über zerbrechliche Knochen, ein trockenes Rascheln von Fledermausflügeln von einem klaffenden Dach, das zum Mond hin offenstand. Wolkenfetzen, vom Wind getrieben, der wie eine Hymne durch den Turm ächzte, schoben sich auseinander und enthüllten einen kalten, hellen Mond, so rund wie eine neu geprägte Münze.
Verrottende Tentakel des Todes griffen nach Yik-Munn aus,
und dann, im plötzlich strahlend hellen Mondlicht, tauchte die gespenstische Erscheinung des Fuchses auf, blass und stumm, und beobachtete ihn, seine glühenden Augen blickten ihm forschend ins Herz.
Mit banger Stimme, die er gar nicht als seine erkannte, bat Yik-Munn um Vergebung, stolperte zum Karren zurück und murmelte dabei Erlösungsgebete. Er legte das schlafende Kind unter den Sitz und trieb den Esel mit der Peitsche an, damit er sein Heim noch lebend erreichte. Dort schlug er seine Frauen grün und blau, kümmerte sich nicht um das Gezeter seiner Schwester, bereitete sich mit zitternden Händen eine Pfeife zu und suchte Zuflucht in den duftenden Reichen des Paradieses.
Bei Sonnenaufgang erschien er mit einer großzügigen Gabe vor den Tempeltoren. Viele Male wurden die Bambusstäbchen vor dem Altar ausgeschüttet, und der große Sternentisch wurde stundenlang genauestens in Augenschein genommen. Dass Yik-Munn wiederum weise gehandelt hatte, wurde ihm von Kuan-Yin persönlich bestätigt, die ihn und seinen Haushalt gesegnet hatte.
Das kleine Mädchen sei vermutlich von einem Füchsinnengeist besessen, allerdings einem gutmütigen, der dem Hause Munn großen Wohlstand bringen würde. Später einmal würde sie sogar von noch größerer Schönheit sein als ihre Mutter und würde, wenn man sie mit acht Jahren an einen reichen Taipan verkaufte, einen hohen Preis erzielen. Die Prophezeiung Chang-Hsiens erwähnte Yik-Munn nicht, denn ihm war wohl bewusst, dass seine Schwester mit Schutzheiligen sprach, die ihr nach dem Mund redeten.
Damit war alles geklärt. Nachdem er alles gehört hatte, was er zu hören wünschte, nannte Yik-Munn die kleine Fuchsfee Li-Xia, »Die Schöne«. Sobald sie alt genug war, würden seine Frauen ihr eine Arbeit zuteilen, so dass sie sich ihren Reis verdienen konnte. Nachdem sein Vertrauen derart wiederhergestellt war, gewann sein Schritt neuen Elan, und seine herrlichen Zähne strahlten umso heller unter jenen, die Yik-Munn, den Händler feiner Gewürze, beneideten.
Der Reisschuppen, in dem Li-Xia wohnen durfte, lag in der Nähe der Küche. Er war von unzähligen Spinnen bevölkert, und in jedem Winkel hingen dicke Spinnweben. Aber hier herrschte Ruhe, und sie war für sich. Unter dem einzigen Fenster richtete Li-Xia sich ihren eigenen Bereich ein und fegte ihn sauber. Sie rieb das schmutzige Glas, bis es einen Lichtstrahl hereinließ, der auf die Reisbehälter und Säcke mit getrockneten Pilzen fiel.
Sie fürchtete sich nur vor zwei Dingen, und sie vermied es, sie anzusehen. Dabei handelte es sich um zwei Glasbehälter von der Größe eines Waschzubers, die auf einem Regal standen und in denen sich das Fensterlicht widerspiegelte. Sie enthielten Yik-Munns Spezialwein, hatten seine Frauen ihr erklärt, und dürften nicht berührt werden. Einer war Hundertschlangenwein: In einem gelben, schwarzen und grünen Wirrwarr lagen darin, eingelegt in klaren Alkohol, hundert zusammengerollte Giftschlangen. Ihre schwarzen Knopfaugen blickten noch immer wütend. Der andere Behälter enthielt Hundertmäusewein: In einer blassrosa Masse trieben in der Flüssigkeit hundert ungeborene Mäuse, deren Augen geschlossen waren.
Jede Woche kam Frau Nummer Eins mit einer Schöpfkelle und einem Krug zum Reisschuppen, den sie mit der klaren Flüssigkeit füllte. Dies war die Frau, vor der Li-Xia am meisten Angst hatte, denn sie war immer rasch mit einer Ohrfeige bei der Hand. Jedes Mal, wenn Nummer Eins den Krug füllte, stieß sie dieselbe Drohung aus: »Fass diesen Wein nicht an und ärgere mich
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