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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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aufgeben«, schlug er vor, und sie nickte glücklich.
    Ein lauter Schrei riss Eberhard aus dem Schlaf. Meinolf! Sofort sprang er aus dem Bett und eilte ins Zelt seines Halbbruders.
    »Was ist?«
    Meinolf stand vor seinem Bett, in der Hand einen silbernen Löffel, den er wie ein giftiges Insekt musterte.
    »Siehst du das?« Er hielt Eberhard den Löffel entgegen. »Weißt du, was das ist?«
    »Sieht aus wie ein Löffel. Hast du deshalb so herumgebrüllt?«
    »Ich fand ihn heute Morgen neben meinem Kopfkissen.«
    »Ja und? Ist das ein Grund, solchen Lärm zu machen?«
    »Das ist ein silberner Löffel!«, wiederholte Meinolf aufgebracht. »Und er lag neben meinem Kopfkissen.«
    Allmählich zweifelte Eberhard an Meinolfs Verstand.
    »Dann sag den Mägden, sie sollen besser aufräumen, statt dich in aller Frühe so aufzuregen.«
    »Du hast keine Ahnung! Das ist eine Drohung von diesem Weib!«
    »Wovon in Herrgottsnamen sprichst du?«
    »Sieh ihn dir genau an!« Meinolf warf Eberhard den Löffel zu. »Erkennst du das Wappen auf dem Stiel?«
    Eberhard sah es – drei Birken über einem springenden Hirsch.
    »Das Wappen der Birkenfelder.«
    Meinolf nickte. »Ich fand den Löffel neben meinem Kopfkissen. Sie hat ihn dorthin gelegt, während ich schlief. Verdammt, wer hatte Wache? Wie konnte sich dieses Weib in mein Zelt schleichen?«
    »Meinolf, es ist doch nur ein Löffel! Verkauf ihn an den Silberschmied, der sein Zelt weiter hinten aufgeschlagen hat! Davon gönnst du dir einen Krug Bier auf Kosten der Birkenfelder.«
    »Von dir hätte ich mehr Verstand erwartet«, zischte Meinolf.
    »Tatsächlich? Anscheinend hast du deinen gerade verloren. Hoffentlich findest du ihn wieder, bis du gegen die Birkenfelder antrittst.«
    Ein böses Lächeln verzog Meinolfs Mundwinkel. »Keine Sorge! Spätestens morgen kann sich keiner von denen mehr aufrecht im Sattel halten. Und ob sie heute beim Tjost noch ihre alte Kraft haben, wage ich zu bezweifeln.«
    »Das verstehe ich nicht.« Eberhard warf den Löffel auf Meinolfs Bett.
    »Wie so vieles andere, Bruderherz.« Mit spitzen Fingern nahm Meinolf den Löffel und hielt ihn weit von sich, ganz so, als wäre er mit Kot besudelt.
    »Hast du schon mit Sibylla gesprochen? Ihr Verhalten gestern war eine Schande.«
    »Was geht dich meine Tochter an?«
    »Sie hat Rudolf von Birkenfeld ihre Farben gegeben.«
    »Und du hast den Kranz der Liebe wahllos billigen Dirnen zugeworfen.«
    »Es stört dich nicht, dass sie unsere Familienehre vor aller Augen beleidigt?«
    Eberhard schwieg. Genau das hatte er tags zuvor ebenfalls noch gedacht. Und er hatte tatsächlich vorgehabt, Sibylla zur Rede zu stellen, doch dann hatte Alheidis ihn zurückgehalten.
    »In zwei Tagen ist diese Fehde ohnehin vorüber«, hatte sie gesagt. »Willst du eine neue beginnen?«
    »Und was ist, wenn der Birkenfelder es wagen sollte, um Sibyllas Hand anzuhalten?«, hatte er ihr heftig entgegengehalten. »Du weißt, was das Turnierband bedeutet.«
    »Warte doch einfach ab!«, hatte sie ihn beschwichtigt und eine Hand verführerisch unter sein Hemd geschoben.
    »Niemals gebe ich meine Tochter einem Birkenfelder«, hatte er beharrt. Alheidis war nicht länger auf sein Grollen eingegangen, sondern hatte ihm einen weiteren Vorgeschmack auf jene Wonnen gegeben, die ihm dauerhaft vergönnt wären, wenn er sie erst zum Weib genommen hätte.
    »Also, wirst du deine Tochter zur Ordnung rufen?« Meinolfs Stimme riss Eberhard aus seinen Gedanken.
    »Was ich mit meiner Tochter zu regeln habe, sollte dich nicht kümmern.«
    »Ich bin ihr Onkel.«
    »Du bist nur der Bastard meines Vaters. Was ein echter Regensteiner tut und lässt, geht dich nichts an.« Eberhards Blick streifte den Löffel, den Meinolf noch immer mit spitzen Fingern von sich weghielt. »Und einen Mann, der angesichts eines Löffels Zeter und Mordio schreit, kann ich nicht ernst nehmen.« Damit verließ er Meinolfs Zelt.

 55. Kapitel  
    D er nächste Morgen brach an. Der Tag des Tjosts. Antonia stand beim ersten Sonnenlicht auf. War Stephan endlich zurückgekehrt? Wenn er tatsächlich spät in der Nacht eingetroffen war, hatte er bestimmt sogleich seine Familie aufgesucht. Hastig zog sie sich an und eilte zu den Zelten der Cattenstedter. Fronika war bereits auf den Beinen und wies die Mägde an, Bettzeug und Kleidung auszulüften.
    »Guten Morgen!«, rief Antonia ihr schon von Weitem zu.
    »Guten Morgen, Fräulein Antonia. Was führt Euch um diese frühe Stunde zu

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