Die Tochter der Tryll Bd. 3 - Vereint
auch sein Rücken von ihnen bedeckt war. Sie bildeten ein Zickzackmuster auf seiner Haut. Manche waren älter, aber die meisten wirkten rot und frisch.
Tränen brannten in meinen Augen und ich legte mir die Hand auf den Mund. Ich hatte Loki noch nie ohne Hemd gesehen, aber er hatte bei unserer letzten Begegnung keine Narben auf den Armen gehabt. Jemand hatte ihm diese Verletzungen nach seiner Rückkehr nach Ondarike zugefügt.
Und Loki hatte Vittra-Blut. Körperlich war er ungeheuer stark, deshalb hatte sein Klopfen auch die Halle erbeben lassen. Auch seine Heilungskräfte waren viel besser als die der Tryll. Dass er so schrecklich aussah, konnte nur bedeuten, dass ihn jemand wieder und wieder brutal zusammengeschlagen hatte, bevor die alten Wunden verheilt waren.
Über seine Brust verlief eine gezackte Narbe, als habe jemand versucht, ihn zu erstechen. Sie erinnerte mich an die Narbe auf meinem Bauch. Meine Gastmutter hatte an meinem sechsten Geburtstag versucht, mich zu töten, aber inzwischen schien das unendlich lange her zu sein.
Ich berührte Lokis Brust und strich über die Narbe. Ich wusste nicht, warum, aber ich hatte das dringende Bedürfnis dazu, als verbände die Narbe uns irgendwie.
»D u wolltest mich unbedingt nackt sehen, Prinzessin, gib es zu«, sagte Loki schwach. Ich wollte die Hand wegziehen, aber er legte seine Hand auf meine und hielt sie fest.
»N ein, ich … habe dich auf Verletzungen untersucht«, stammelte ich und schaffte es nicht, seinem Blick zu begegnen.
»N a klar.« Er bewegte den Daumen beinahe zärtlich über meine Hand, bis er auf meinen Ring stieß.
»W as ist denn das?« Er versuchte, sich aufzurichten, also hob ich die Hand und zeigte ihm das mit Smaragden besetzte Band an meinem Finger. »I st das ein Ehering?«
»N ein, ein Verlobungsring.« Ich ließ die Hand neben ihm auf das Bett sinken. »I ch bin noch nicht verheiratet.«
»D ann bin ich gerade noch rechtzeitig gekommen«, sagte er und lehnte sich lächelnd wieder in die Kissen.
»R echtzeitig wofür?«, fragte ich.
»U m dich aufzuhalten, natürlich.« Immer noch lächelnd schloss er die Augen.
»B ist du deshalb hier?«, fragte ich und ließ unerwähnt, dass die Hochzeit bereits in ein paar Tagen stattfinden würde.
»I ch habe dir doch gesagt, warum ich hier bin«, sagte Loki.
»W as hat man dir angetan, Loki?«, fragte ich. Meine Stimme erstarb, als ich wieder daran dachte, wie viel er gelitten haben musste.
»W einst du etwa?«, fragte Loki und öffnete die Augen.
»N ein.« Aber meine Augen waren feucht.
»W eine nicht.« Er versuchte, sich aufzusetzen, aber sein Körper verkrampfte sich vor Schmerzen, also legte ich ihm sanft die Hand auf die Brust und drückte ihn wieder aufs Bett zurück.
»D u musst dich ausruhen«, sagte ich.
»M ir geht’s bald wieder gut.« Er legte seine Hand wieder auf meine und ich ließ es zu. »O der irgendwann wieder.«
»K annst du mir sagen, was passiert ist?«, fragte ich. »W arum brauchst du Asyl?«
»E rinnerst du dich an unsere Begegnung im Garten?«, fragte Loki.
Natürlich erinnerte ich mich daran. Loki war heimlich über die Mauer geklettert und hatte mich gebeten, mit ihm durchzubrennen. Ich hatte abgelehnt, aber er hatte es geschafft, mir einen Kuss zu rauben, bevor er ging. Einen ziemlich schönen Kuss. Meine Wangen röteten sich bei der Erinnerung und Lokis Lächeln wurde breiter.
»O ffensichtlich schon«, grinste er.
»W as hat das mit deiner jetzigen Situation zu tun?«, fragte ich.
»D as? Gar nichts.« Loki sprach von dem Kuss. »A ber ich habe dir doch damals gesagt, dass der König mich hasst. Und das tut er wirklich, Wendy.« Sein Blick verdunkelte sich.
»D er König der Vittra hat dir das angetan?«, fragte ich, und mein Magen verkrampfte sich. »O ren? Mein Vater?«
»R eg dich nicht auf«, sagte er beruhigend. »M ir geht’s bald wieder gut.«
»W arum?«, fragte ich. »W arum hasst der König dich? Warum hat er dir das angetan?«
»B itte, Wendy.« Er schloss die Augen. »I ch bin völlig fertig und habe es gerade noch hierhergeschafft. Können wir dieses Gespräch fortsetzen, wenn ich mich ein bisschen besser fühle? Vielleicht in einem oder zwei Monaten?«
»L oki«, sagte ich seufzend, aber er hatte recht. »R uh dich aus. Morgen reden wir weiter, okay?«
»W ie du wünschst, Prinzessin«, lenkte er, schon wieder halb schlafend, ein.
Ich blieb noch ein paar Minuten neben ihm sitzen, die Hand auf seiner Brust. Unter ihr
Weitere Kostenlose Bücher