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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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anderen beobachteten mich; Diarmid war freundlich, er brachte mir ein wenig Met und sorgte dafür, dass ich nie zu lange alleine war; Conor schaute ein wenig streng drein, als verstünde er meine eigensüchtigen Gedanken nur zu gut. Padraic und Cormack versuchten, aus diesem seltenen Besuch eines Frauenhaushalts das Beste zu machen, und tanzten mit den hübschesten von Eilis' Frauen, und dem Kichern und Zwinkern nach zu schließen, waren meine Brüder trotz ihrer Jugend sehr willkommen. Finbar war in ein ernstes Gespräch mit einem grauhaarigen, alten Krieger aus Seamus' Haushalt versunken.
    Mein Vater hatte sich entspannt. Es war lange her, seit ich ihn so gesehen hatte. Es war ihm schwer gefallen, sein Haus den Gästen zu öffnen, aber es war im Interesse einer strategischen Allianz mit seinem Nachbarn notwendig gewesen. Vater hatte bemerkt, dass ich zurückgekehrt war, und als ich mich bemühte, Eilis' ältere Anstandsdame angemessen zu unterhalten, nahm er das sogar mit einem zustimmenden Nicken zur Kenntnis. Sicher, dachte ich verbittert, eine Tochter wie Eilis war genau, was er wollte – fügsam, weich, ein süßes Ding ohne eigenen Kopf. Nun, auch ich konnte an diesem Abend um Liams willen diese Rolle spielen, aber er sollte lieber nicht glauben, dass ich das aufrechterhalten würde.
    Der Abend ging weiter; Met und Bier flossen in Strömen, immer mehr Essen wurde hereingetragen und verschwand ebensoschnell wieder. Es gab nur das Beste: Schweinebraten, weiches Weizenbrot, gewürztes Obst und Käse aus Schafsmilch. Es gab noch mehr Musik und Tanz – die Musiker kamen aus Seamus' Haushalt und machten mit ihrer Lebhaftigkeit wett, was ihnen an Kunstfertigkeit fehlte. Der Bursche am Bodhran hatte Arme wie ein Schmied, und dem Flötenspieler war der Met zu Kopf gestiegen. Das Stampfen, Pfeifen und Jubeln war so laut, dass es einige Zeit dauerte, bis der Lärm am Haupttor, das Klirren von Metall und das Rufen auffielen. Langsam erstarben die Festgeräusche, und die Menge teilte sich, um eine kleine Gruppe der Männer meines Vaters durchzulassen, immer noch in Rüstung, die nackten Schwerter in den Händen. Sie zerrten einen Gefangenen zu meinem Vater, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte, aber dessen Haar, das jemand von hinten fest in der Faust hielt, im Fackellicht hellgolden schimmerte.
    »Lord Colum!« dröhnte der Hauptmann. »Ich bedaure, Eure Festlichkeiten zu stören.«
    »Ach ja«, erwiderte mein Vater eisig. »Es muss tatsächlich wichtig sein, wenn ihr hier so eindringt. Was willst du? Ich habe Gäste.«
    Er war verärgert über die Unterbrechung; aber zur gleichen Zeit zuckte seine Hand schon zum Schwertgriff. Lord Colum kannte seine Männer; sie würden nicht ohne Grund seinen Zorn so auf sich ziehen. Neben ihm saß Seamus Rotbart im Stuhl zusammgesackt und lächelte selig über nichts Besonderes. Er mochte an diesem Tag zu viel getrunken haben, aber sein Gastgeber war nüchtern.
    »Ein Gefangener, Herr. Wir haben ihn am nördlichen Seeufer gefunden; aber es sind sicher mehr von seiner Art in der Nähe, das hier ist kein Söldner, Lord Colum.«
    Es gab eine heftige Bewegung, und der Soldat hielt inne, als sein Gefangener an den Fesseln zerrte. Die Leute drängten sich näher heran, um ihn besser sehen zu können, aber ich konnte in dem Durcheinander nur das Gold seines Haares und die große Faust des Mannes erkennen, die es hielt, und die Art, wie der Gefangene sich aufrichtete, als wäre er der einzige auf der Welt, der zählte.
    Ich duckte mich unter ein paar Armen durch und drehte mich an einer Gruppe flüsternder Mädchen vorbei, dann kletterte ich auf die breite Steinbank, die die ganze Halle umgab. Noch ein weiterer, vorsichtiger Schritt auf den Rand einer Säule, und ich hatte einen direkten Blick über die Köpfe der murmelnden, hälsereckenden Menge hinweg. Als erstes sah ich Finbar, der auf der anderen Seite genau an derselben Stelle stand. Sein Blick ging direkt über mich hinweg zu dem Gefangenen.
    Das Gesicht des Mannes war sehr zerschlagen; seine Nase hatte geblutet, und die schimmernden Locken waren bei näherer Betrachtung über der Stirn feucht von Schweiß und Blut. Seine Augen glühten wie Kohlen, als er den Blick auf meinen Vater richtete. Er war jung und verwundet und verzweifelt vor Hass. Er war der erste Brite, den ich je gesehen hatte.
    »Wer bist du, und was willst du hier?« wollte mein Vater wissen. »Sprich, denn Schweigen wird dir nicht helfen, das kann ich dir

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