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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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– besser war, wenn sich die Wege der beiden Männer trennten, jeder für sich seine Pläne machte, jeder auf seine Weise zu überleben suchte. Diesmal war Caterina die Entscheidung für einen von ihnen nicht schwergefallen. »Er mag ein Schuft sein, ein Sünder, manchmal vielleicht sogar ein Tollpatsch. Aber ich gehöre zu ihm. Er ist meine Heimat«, hatte sie gemurmelt, nicht gewiss, ob dies der Grund war, der sie an Ray band, aber Gaspare hatte ohnehin nicht nachgefragt.
    Das tat auch Akil nicht.
    »Ich werde versuchen, mich mit Gaspare nach Ajaccio durchzuschlagen«, erzählte er. »Noch scheinen die Städte im Westen der Insel in pisanischer Hand zu sein. Er will den Verwandten seines einstigen Freundes suchen, wie schon vor langer Zeit geplant, wird ihn warnen, ihm raten, die Insel zu verlassen – und wird dies in jedem Falle selbst tun, sobald er ein Schiff hat.«
    Caterina nickte. Das hatte ihr Gaspare gestern schon verraten, nicht aber, wie es weitergehen würde.
    »Und dann?«, fragte sie. »Wird Gaspare heimkehren nach Pisa? Nun, da sein Stiefvater tot ist, kann er doch das Erbe seines Vaters einfordern!«
    Kurz leuchtete Akils Gesicht auf. »Zuerst werde ich heimkehren. Gaspare hat es mir vor Jahren versprochen, und nun wird er versuchen, mir dabei zu helfen.«
    Caterina freute sich für den Jungen, wenn sie auch daran denken musste, dass Akils Familie doch bis auf ihn durch Ruggiero di Lorias grausame Hand ausgelöscht worden war, und desgleichen, dass es diesen immer noch gelüstete, im Namen von König Pere die Stadt Tunis zu erobern. Aber sie wollte seine stille, sanfte Freude nicht zerstören und sprach diese Fragen nicht aus.
    »Vielleicht werde ich nicht dorthin heimkehren, wo ich geboren wurde«, erklärte da Akil bereits, ihre Gedanken witternd, »jedoch in ein Land, wo Menschen meines Glaubens leben.«
    Caterina nickte ihm zu, wünschte ihm von Herzen alles Gute.
    »Und Gaspare selbst? Wird er nun nach Pisa gehen?«
    »Ich glaube nicht. Ich denke, er wird durch die Meere ziehen. Ein wenig mehr handeln und ein wenig weniger morden und kämpfen als früher. Er ist als Kaufmannssohn geboren ... hat er dir nie erzählt, wovon er träumte, als sein Vater noch lebte?«
    Caterina schüttelte den Kopf.
    »Von einer langen, langen Reise in ein fernes Land, ich weiß nicht, wie es heißt. In jedem Falle bedarf es eines ganzen Jahres, um auch nur eine Wegstrecke zurückzulegen. Viele von denen, die dorthin aufgebrochen sind, kehrten nie wieder zurück. Doch jene, denen es gelang und die einen Hafen erreichten, welcher Kanton heißt, brachten kostbarste Ware zurück: Pfeffer und Rohseide und Porzellan. Zwei venezianische Händler sollen dorthin aufgebrochen sein, mehr als ein Jahrzehnt ist das jetzt her. Niccolò und Maffeo Polo heißen sie; wer weiß, ob sie je wiederkehren ...«
    Sie verblieben schweigend, vielleicht, weil es keine Worte mehr zu sagen gab, vielleicht, weil nichts so viel Gewicht haben konnte wie der Blick, den sie sich nun zuwarfen und in dem alles lag, was sie einander dankten, was sie verband – und was sie trennte.
    »Leb wohl, Akil«, sagte Caterina schließlich, auf dass das letzte Beisammensein nicht noch schmerzlicher würde.
    »Leb wohl, Caterina«, gab er zurück.
    Sie berührten sich nicht. Er legte seine Hand auf sein Herz und verneigte tief sein Haupt, und wiewohl ihr die Geste fremd war und sie sie nicht anders zu deuten wusste, als dass dies in seiner Heimat wohl Sitte sei, tat sie es ihm gleich.
Corsica, 251 n.Chr.
    Der Geruch nach verkohltem Holz verätzte meine Kehle. Eigentlich hatte man Julias Leichnam zu verbrennen versucht, hieß es doch, dass dies die größte Schmach für die Christen wäre, doch wenngleich er nicht eingeschritten war, als man ihr die Brüste abschnitt, hatte Gaetanus zumindest das verhindert. Sie war an unbekannter Stätte verscharrt worden – und an ihrer statt hatte man das Kreuz angezündet, an dem sie gestorben war.
    Es war nicht gänzlich zum Raub der Flammen geworden, sondern ragte schwarz verkohlt vor mir auf. Das Holz musste zu feucht gewesen sein, durchdrungen vom salzig-glitschigen Meerwasser. Morsch stand es da – aber aufrecht.
    Ich war dankbar, dass man ihren Leichnam fortgeschafft hatte, dass ich sie hier nicht hängen sehen musste. Und doch kam ich nicht umhin, nach Spuren zu suchen, nach Blut, nach Fetzen ihrer Kleidung. Ich hustete. Und ich wusste nicht, was in mir größeres Unbehagen zeugte: die Erleichterung, dass ich diese

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