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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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in der Dunkelheit gleich noch leicht ein paar Taschen
ausräumen. Kurz entschlossen zog er einen der zerknüllten Scheine
heraus und zahlte den Eintrittspreis.
    Im Inneren des Zeltes war es heiß und dämmrig, der schwere
Stoff dämpfte den Lärm des Jahrmarktrummels. Auf den niedrigen
Holzbänken drängten sich bereits zahlreiche Zuschauer, die leise
miteinander redeten und sich in der stickigen Luft etwas Kühlung
zufächelten.
    Luke blieb einen Moment stehen und schaute sich um. Im Laufe
der letzten sechs Wochen hatte er genügend Erfahrungen im Stehlen
gesammelt. So strich er von vornherein eine Gruppe Kinder von seiner
Liste, ebenso einige Paare, denen er ansah, daß bei ihnen kaum etwas
Nennenswertes zu holen war.
    »Entschuldigen Sie, bitte«, sagte er höflich und zwängte sich
hinter eine ältere Frau, die einen Jungen und ein Mädchen bei sich
hatte und von den Kindern ziemlich abgelenkt zu sein schien.
    Er hatte sich kaum hingesetzt, da betrat auch schon der Große
Nouvelle die Bühne. Er trug einen schwarzen Smoking und ein gestärktes
weißes Hemd, was in dieser Umgebung recht exotisch wirkte. Seine Schuhe
glänzten frischpoliert. Am kleinen Finger der linken Hand blitzte ein
goldener Ring mit einem schwarzen Stein im Scheinwerferlicht.
    Vom ersten Augenblick an beherrschte diese eindrucksvolle
Gestalt das Publikum.
    Obwohl er noch kein Wort gesagt hatte, spürten alle im Zelt
seine Präsenz. Er wirkte genauso dramatisch wie auf dem Plakat, auch
wenn das schwarze Haar bereits von silbrig glitzernden Fäden durchzogen
war. Der Große Nouvelle hob die Hände, und wie aus dem Nichts erschien
eine Münze, dann eine weitere und noch eine, bis es überall zwischen
den gespreizten Fingern golden schimmerte.
    Luke beugte sich fasziniert ein Stück vor, um ganz genau
hinzuschauen. Wie hatte er das gemacht? Es war natürlich ein Trick,
klar. Er wußte längst, daß die Welt voll von Tricks war und fragte sich
schon gar nicht mehr, warum das so war, aber das Staunen hatte er noch
nicht verlernt.
    Die Münzen verwandelten sich in bunte Bälle, die ihre Größe
und Farbe änderten. Mal wurden es mehr, mal weniger, sie erschienen und
verschwanden, während das Publikum begeistert applaudierte.
    Luke konnte kaum den Blick von der Bühne abwenden. Trotzdem
war es für ihn ein Kinderspiel, aus der Geldbörse der Oma sechs Dollar
zu klauen. Nachdem er seine Beute verstaut hatte, wechselte er den
Platz und setzte sich hinter eine Blondine, die ihre Strohtasche neben
sich auf den Boden gestellt hatte.
    Wenig später hatte er weitere vier Dollar erbeutet. Als
nächstes wollte er sich die dicke Frau rechts von ihm vornehmen. Doch
dann war Luke nur noch ein Kind mit großen staunenden Augen. Der
Zauberer hatte ein Kartenspiel aufgefächert, strich mit einer Hand
darüber und löste die andere, so daß die Karten frei in der Luft
schwebten und sich mit seinen Handbewegungen drehten und tanzten. Das
Publikum jubelte. Alle waren ganz im Bann der Vorstellung, doch Luke
kam nicht dazu, diese Gelegenheit zu nutzen.
    »Du da«, ertönte plötzlich Nouvelles Stimme. Luke erstarrte,
als er spürte, daß die dunklen Augen ihn anschauten. »Du siehst aus,
als wärst du ein begabter Junge. Ich brauche bei meinem nächsten Trick
einen geschickten … einen ehrlichen Assistenten«, verbesserte
er sich augenzwinkernd. »Komm hoch.« Nouvelle sammelte die schwebenden
Karten ein und winkte ihm.
    »Los, Junge. Geh schon.« Jemand stieß ihm einen Ellbogen in
die Rippen.
    Verlegen stand Luke auf. Er wußte, daß es gefährlich war,
derart die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch wenn er sich
weigerte, würde er nur noch mehr auffallen.
    »Zieh eine Karte«, forderte Nouvelle ihn auf, nachdem Luke auf
die Bühne geklettert war. »Irgendeine.«
    Er breitete das Spiel wieder fächerartig aus, damit alle sehen
konnten, daß es ganz gewöhnliche Karten waren. Rasch mischte Nouvelle
und legte den Stapel auf einen kleinen Tisch. »Irgendeine Karte«,
wiederholte er. Luke kniff konzentriert die Augen zusammen, während er
eine Karte zog. »Zeige sie unserem Publikum«, nickte Nouvelle. »Halte
sie so, daß jeder sehen kann, welche Karte es ist. Gut, sehr gut. Du
bist ein Naturtalent.«
    Nouvelle nahm das Spiel und mischte es erneut mit seinen
geschickten Fingern, ehe er es Luke hinhielt. »Und nun steck deine
Karte hinein. Irgendwo. Ausgezeichnet.« Lächelnd reichte er Luke die
Karten. »Misch sie, wie es dir beliebt.« Nouvelle beobachtete ihn

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