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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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und Olari kleine Mädchen belästigt hat.»
    «Die Mädchen waren aber viel jünger als Noora, ungefähr zehn. Das ist Ströms Fall, nicht wahr?» Wollte Ström etwa unter dem Vorwand, es könne sich um denselben Täter handeln, die Ermittlungen über Nooras Tod an sich ziehen? Der Konkurrenzkampf zwischen uns beiden war hart genug, ich hatte keine Lust, auch noch über diesen Fall zu streiten.
    «Ström kommt nicht voran. Ich halte eine Verbindung auch nicht für wahrscheinlich, aber wir müssen die Möglichkeit immerhin in Betracht ziehen.»
    Taskinens Stimme war vor Müdigkeit eine halbe Oktave tiefer als sonst, er gähnte unablässig.
    «Klar. Jyrki, solltest du dich nicht eine Weile aufs Ohr hauen? Silja wäre sicher auch froh, wenn du zu Hause wärst.»
    «Geht nicht, ich habe heute mein Interview bei der Füh-rungsgruppe.»
    In den letzten Jahren war die Polizei von Espoo radikal umstrukturiert worden. Die einzelnen Dezernate hatten grö
    ßere Handlungsfreiheit erhalten, strenge Hierarchien waren nach Möglichkeit aufgelöst worden. Nun setzte die bevorstehende Pensionierung des Polizeipräsidenten das Beför-derungskarussell in Gang, und Taskinen war einer der aus-sichtsreichsten Anwärter auf den Posten des Kripochefs.
    Dummerweise gehörte er keiner Partei an. Einige Herren in der Polizeiführung aber schienen ein Parteibuch, gleich welcher Couleur, für wichtiger zu halten als die berufliche Kom-petenz. Falls sie Taskinen dennoch wählen würden, ergab sich daraus in unserem Dezernat eine interessante Situation, denn für seinen Posten gab es zwei praktisch gleich qualifi-zierte Kandidaten: Pertsa Ström und mich. Wir hatten beide das juristische Examen abgelegt, meine Abschlussnote war etwas besser, doch dafür hatte Pertsa mehr Erfahrung im Polizeidienst. Mein größtes Handicap bestand darin, dass ich im Mutterschaftsurlaub war, wenn die Stelle neu besetzt wurde.
    Ich wusste nicht, ob ich Taskinen die Daumen drücken sollte oder nicht. Er würde sicher ein guter Kripochef werden, aber Ström als Vorgesetzter, das war eine unerträgliche Vorstellung.
    «Was ist mit der Frau, die die Leiche gefunden hat? Liegt das Vernehmungsprotokoll schon vor?»
    «Nein, sie ist noch gar nicht richtig vernommen worden.
    Als der erste Streifenwagen eintraf, wirkte die Frau völlig gefasst, sie packte ihre Einkäufe zusammen und wollte ein Taxi bestellen. Die Beamten haben sie und ihre Kinder dann nach Hause gefahren. Aber sobald sie ihrem Mann die Kinder übergeben hatte, setzte der Schock ein. Schließlich musste ein Arzt gerufen werden.»
    Ich nickte. Ich hatte selbst einmal eine Leiche gefunden, und das war entsetzlich gewesen, obwohl ich schon zuvor in dienstlicher Eigenschaft mehrere Tote in Augenschein genommen hatte. Obendrein war Noora Nieminens Leiche offenbar schlimm zugerichtet. Später würde ich sie mir selbst im Rechtsmedizinischen Institut ansehen müssen. Aber bis dahin war das Blut bereits abgewaschen, die Glieder waren geradegerückt worden und die Todesangst war aus den Augen geschwunden.
    Erst jetzt setzte bei mir der Schock über Nooras Tod ein.
    Ich hätte es vorgezogen, mir keine Gedanken über das Opfer zu machen, den Fall als Routinesache zu behandeln. Aber wann hatte ich das bei einem Mordfall je fertig gebracht?
    «Vielleicht fange ich mit Elena Grigorieva an», sagte ich und machte mich an die Arbeit.
    Ich klopfte an die Tür zum Dienstzimmer von Koivu und Pihko. Glücklicherweise war Pihko da und hatte Zeit, mich zu den Zeugen zu begleiten. Ich warf einen Blick auf meine Stoffschuhe. Sie waren viel zu dünn für das kalte Wetter, aber in Tennisschuhen mochte ich den Hinterbliebenen auch nicht gegenübertreten.
    Elena Grigorieva wohnte in einem der Hochhäuser in Kuitinmäki. Natürlich wäre es vernünftiger gewesen, durch einen Anruf festzustellen, ob sie überhaupt zu Hause war, aber ich wusste nicht, ob sie bereits von Nooras Tod erfahren hatte. Am Telefon wollte ich es ihr nicht mitteilen.
    Ich überließ Pihko das Fahren und rief mir ins Gedächtnis, was ich über Elena Grigorieva wusste. Sie musste mindestens vierzig sein, denn ihre aktive Zeit als Eiskunstläuferin lag mehr als zwanzig Jahre zurück. Elena und ihr Mann Anton hatten der sowjetischen Mannschaft zur gleichen Zeit angehört wie Irina Rodnina und Aleksander Saizew. Die Grigorievs waren technisch perfekte Läufer gewesen, aber ihnen hatte die persönliche Ausstrahlung gefehlt, die das andere, bekanntere Paar auszeichnete.

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